Venetien soll durch ein Referendum unabhängig werden
Gestern ist die Befragung parallel zum Referendum auf der Krim gestartet, die reiche Region in Italien hat auch Vorbehalte gegenüber der EU und der Nato
Ziemlich unbeachtet von den Ereignissen in der Ukraine fand nicht nur das Referendum auf der Krim statt, sondern ist am Sonntag auch im italienischen Veneto eine Volksabstimmung angelaufen, die auch eine Unabhängigkeit von Italien voranbringen soll. Klar ist, dass in Russland diese Unabhängigkeitsbestrebungen gerne aufgegriffen werden, die allerdings mehr mit Geld als mit Nationalismus zusammenhängen. Schon lange gibt es solche Bestrebungen im reichen Norden, der sich vom armen Süden ausgebeutet sieht. Die Lega Nord, deren Bastion im Norden liegt, ist Ausdruck dieser Unzufriedenheit und steht auch hinter der Initiative. Auch in Südtirol wurden die Wünsche nach Unabhängigkeit wieder größer.
Die Abstimmung in Venetien, die bis zum 21. März läuft, ist erst einmal nur ein Testballon, der mit einer Online-Befragung auf www.plebiscito.eu und in Wahllokalen erkunden soll, wie stark der Wunsch nach Unabhängigkeit ist. Man kann mit Ja oder Nein darüber abstimmen, ob das Veneto eine unabhängige und souveräne Republik sein soll. Zudem wird gefragt, ob Venetien den Euro behalten, in der Nato und in der EU bleiben soll. Zudem sollen 10 Delegierte gewählt werden, die die Unabhängigkeit umsetzen sollen. Auf den Wahllisten eingetragene Wahlberechtigte erhalten einen Code, um abstimmen zu können. 90 Prozent der Gemeinden sollen die Daten der Initiative übergeben haben.
Vorbild sind Schottland und vor allem Katalonien. Während in Schottland die britische Regierung dem Referendum zugestimmt hat, stemmt sich die spanische Regierung gegen ein Referendum und droht mit allen möglichen Mitteln, auch wenn eine große Mehrheit der Katalanen die Unabhängigkeit wünscht. Für die EU, die nach der Abspaltung von Slowenien oder von Kroatien auch die Unabhängigkeit des Kosovo vorangetrieben hat, aber sich nun gegen das Referendum auf der Krim sperrt, werden die Unabhängigkeitsbestrebungen zu einem wachsenden politischen und rechtlichen Problem (Heuchelei zu Krim-Unabhängigkeitsbestrebungen). Soll das unabhängige Schottland Mitgliedsland der EU werden? Hat es einen Anspruch darauf? Was machen mit Katalonien und dem Baskenland? Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen hatte 2010 in Bezug auf den Kosovo festgestellt, dass eine einseitige Unabhängigkeitserklärung eines Landesteils "das allgemeine internationale Recht nicht verletzt".
Gianluca Busato, der die Kampagne gestartet hat, erklärte: "Unser Ziel ist es, über einen demokratischen Weg die Unabhängigkeit Venetiens von Italien zu erreichen. Dieser Weg führt über ein Referendum, das auf internationalem Recht fußt. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist im New Yorker Pakt über bürgerliche und politische Rechte des Jahres 1967 verankert. Die Einwohner Venetiens sind ein Volk und haben Recht auf Selbstbestimmung."
Zunächst hatte Luca Zaia, der Regionalgouverneur von der Lega Nord die Kampagne noch unterstützt, aber vor dem Start seine Unterstützung wegen rechtlicher Bedenken noch zurückgezogen. Auch Beppo Grillo hatte das Referendum zuerst befürwortet, aber ist dann wieder zurückgewichen.
Nach vorhergehenden Umfragen könnte eine große Mehrheit der Wahlberechtigten für die Unabhängigkeit. Immerhin leben in Venetien fast 6 Millionen Menschen. Angeblich haben sich schon 300.000 Menschen vor dem Start registriert, 500.000 sollen schon am ersten Tag abgestimmt haben.