Verbrauchernahe und flexible Stromerzeugung unerwünscht?
Seite 2: Warum nicht wieder verstärkt auf die kleine Wasserkraft setzen?
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Kleine Wasserkraftwerke waren in vielen Gemeinden der Ausgangspunkt der lokalen Stromversorgung. In der Folge des steigenden Strombedarfs und dem Trend zu Großkraftwerken wurden viele Standorte aufgegeben. Erst mit der dem Trend zu den Erneuerbaren entfalteten auch die kleinen Wasserkraftwerke wieder eine neue Blüte. Für Planer und Betreiber der kleinen Wasserkraftanlagen sind diese jedoch meist mit einer Unzahl von Widerständen und Einsprüchen verbunden. Diese sorgen dann häufig dazu, dass die Anlagen ihre Vorteile nicht ausspielen können.
So ist die Bereitstellung von Flexibilitäten im Strommarkt einerseits ausdrücklich erwünscht und für eine erfolgreiche Energiewende auch notwendig, wird aber in der konkreten Umsetzung mannigfach be- und meist sogar verhindert. Zwar verfügen zahlreiche Laufwasserkraftwerke über genügend Freibord, um einen sogenannten Schwallbetrieb fahren zu können, der auch bei den Unterliegern die Stromerzeugung in kurzem zeitlichen Versatz kurzfristig erhöhen und danach wieder absenken könnte. Gegen eine solche flexible Betriebsweise steht jedoch meist das Wasserrecht, das jegliches Speicherpotential vermeiden möchte und jede sich bietende Gelegenheit nutzt, vorhandene Speicherbecken wieder zurückbauen zu lassen.
Werden beispielsweise bestehende Wasserkraftanlagen modernisiert, so drängt die Fischereiaufsicht nicht selten darauf, dass die vorhandenen Staubecken aufgegeben werden. Die gilt auch dann, wenn die Durchgängigkeit für Gewässerlebewesen auch nach der Beseitigung der Hindernisse nicht gegeben ist, weil die topografischen Verhältnisse dies in unmittelbarer Nähe verhindern. Die von Seiten der Energiepolitik erwünschte erhöhte Flexibilität bei der Stromerzeugung kommt bei kleinen Wasserkraftanlagen somit immer häufiger unter die Räder der Bürokratie.
Geradezu ein Todesurteil für eine Wasserkraftanlage ist inzwischen das Auftreten von einhemischen Flusskrebsen, deren Bestände seit vielen Jahren aus Gründen, die nicht mit einer Wasserkraftnutzung zusammenhängen, zurück gegangen sind und die daher inzwischen besonderen Schutz genießen. Dass einheimische Flusskrebse besonders gerne dort leben, wo Wasserkraftanlagen geplant sind, mag verblüffen. Sollten ihre eingewanderten aggressiven Verwandten jedoch das gleiche Biotop entdecken und ihnen den Standort streitig machen, sieht es für die Wasserkraft wieder besser aus.
Was können Wasserkraftwerksbetreiber künftig mit ihrem Strom machen?
Im Wettbewerb mit den an der Leipziger Strombörse gehandelten Strommengen ist die Erzeugung aus der kleinen Wasserkraft deutlich im Nachteil. Anders als beispielsweise bei den Offshore-Windkraftanlagen, deren Netzanbindung von den privaten Endverbrauchern als Sonderabgabe auf ihren Stromverbrauch finanziert wird, müssen die Erbauer von Wasserkraftanlagen den benötigten Netzanschluss selbst bezahlen.
Für kleine Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von weniger als 100 kW hat der Gesetzgeber auch künftig eine feste Einspeisevergütung vorgesehen. Die Differenz zwischen dem Börsenstrompreis und der Einspeisevergütung bezahlen somit auch weiterhin die private Endverbraucher und die nicht befreiten Industrie- und Gewerbekunden mit der EEG-Umlage. Der Geburtsfehler der EEG-Umlage, dass eine Senkung der Börsenpreise zu einer Erhöhung der Umlage führt, hat man beibehalten.
Das BMWi weist auf Nachfrage von Telepolis ausdrücklich darauf hin, dass für Wasserkraftanlagen die Vergütungshöhe gesetzlich im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG2017) festgelegt wurde und nicht wie im Bereich Windenergie, Photovoltaik und Biomasse im Rahmen von Ausschreibungen ermittelt wird. Das schaffe für Wasserkraftanlagenbetreiber eine klare Perspektive.
Kleine Wasserkraftanlagen ab einer Leistung von 100 kW, die ab dem Jahr 2016 neu gebaut oder modernisiert wurden sind jedoch verpflichtet, ihren Strom direkt zu vermarkten. Dabei sollte es aus Sicht eines Direktvermarkters nicht relevant sein, auf welcher Spannungsebene diese Anlagen einspeisen. Auf freiwilliger Basis könnten auch Betreiber von neuen Wasserkraftanlagen unterhalb einer Leistung von 100 kW ihren Strom direkt vermarkten.
Ein Beispiel wie eine solche Direktvermarktung aussehen kann, bietet das Projekt RemsStrom+ des Remstalwerks, einem kommunalen Stromversorger mehrerer Gemeinden an der Rems im Speckgürtel der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Für Kunden im Netz des Remstalwerks die den Strom aus einer zu 100 Prozent regenerativen und CO2-neutralen Stromquelle wünschen, wird der Strom aus dem lokalen Wasserkraftwerk Geradstetten bezogen. Dort können sich die Verbraucher auch von der ordnungsgemäßen Erzeugung überzeugen.