Versagen der amerikanischen und saudischen Luftabwehr
USA und Saudi-Arabien bezichtigen weiter den Iran und versuchen zu erklären, warum die Abwehr nicht funktioniert hat
Nach dem zielgenauen Angriffen mit Drohnen und/oder Raketen auf saudische Ölanlagen in Biqaiq und Khurais wird deutlich, dass das im Wesentlichen mit US-Waffensystemen hochgerüstete Land schutzlos gewesen war. Die Flugkörper wurden nicht entdeckt, geschweige denn ein einziger von den zahlreichen aus den USA eingekauften Patriot-Raketenabwehrsystemen abgeschossen.
Schon 2017 gab es erheblich Zweifel, ob Patriot-Systeme eine aus dem Jemen über eine Strecke von 1000 km kommende und in Richtung des Internationalen King-Khalid-Flughafens in Riad fliegenden Scud-Rakete abschießen konnten, wie das Saudi-Arabien und Trump behauptet haben. Nach Experten waren die Patriot-Abfangraketen auf den bereits abgestoßenen Teil der Rakete gerichtet gewesen, während der Sprengkopf weiter oben über sie hinweggeflogen war. Fünfmal hätten die Patriot-Raketenbatterien geschossen - und ihr Ziel verfehlt (US-Raketenabwehrsystem konnte vermutlich Huthi-Rakete nicht abschießen). Auch damals versuchte die US-Regierung, Iran zu beschuldigen.
Wladimir Putin wiederholte daher sein Angebot, doch das angeblich bessere russische Raketenabwehrsystem S-400 zu kaufen, das sich auch die Türkei besorgt hat. Allerdings hat Russland das System noch nicht im realen Einsatz getestet und entwickelt bereits das Folgesystem S-500.
Vermutet wird, dass die Drohnen und oder Raketen - die Huthis sprechen von 10 Drohnen - so tief geflogen sind, dass sie von den Radar- und Raketenabwehrsystemen nicht bemerkt wurden. Das würde schon mal einen große Sicherheitslücke darstellen, die sich weiter ausbeuten ließe. Auffällig ist auch, dass es offensichtlich keine Satellitenaufnahmen gibt, von wo sie abgefeuert wurden.
Angeblich habe man in die falsche Richtung geschaut
Aus dem US-Verteidigungsministerium wird, wie das Wall Street Journal berichtet, durch die üblichen anonym bleibenden Informanten behauptet, man habe vor allem den Luftraum im Süden beobachtet und nicht damit gerechnet, dass, wie auch hier behauptet wird, ein Angriff direkt aus dem Iran und damit aus dem Norden erfolgen könnte. Das vom Pentagon an der Prince Sultan Air Base aufgestellte Patriot-System sei nicht in der Reichweite gewesen. Man habe "ungewöhnliche Aktivitäten" auf einem iranischen Luftwaffenstützpunkt beobachtet, heißt es. Dazu hätte der Iran neuere, sehr gut manövrierbare Raketen mit einer geringen Signatur eingesetzt.
Auch US-Soldaten waren auf den angegriffenen Ölanlagen und hätten Raketenteile gefunden, die iranischer Herkunft sein sollen. Bislang wurden aber keine Beweise vorgelegt, die den Verdacht über Mutmaßungen hinaus bestätigen würden. Militär und Geheimdienste sollen diskutiert haben, angeblich vorliegende Beweise zu veröffentlichen. Die Vorlage von Beweisen könne noch Tage dauern.
Nach saudischen Mutmaßungen seien die Drohnen irgendwo von der iranisch-irakischen Grenze gestartet, was dann sowohl den Iran als auch schiitische Milizen im Irak zu Verantwortlichen machen würde. Die saudischen Luftabwehrsysteme wären hingegen vor allem auf die Straße von Hormus gerichtet gewesen. Während die Huthis nach dem Schlag auf die saudische Geldmaschine damit drohen, auch künftig Ziele mitten in Saudi-Arabien anzugreifen, wenn die Saudis ihre Bombardierungen nicht beenden, versucht das saudische Verteidigungsministerium das Versagen zu bemänteln und gleichzeitig den Iran direkt als Angreifer darzustellen.
"Keinen Zweifel an der iranischen Rolle"
Leutnant Turki Al-Malki, der Sprecher des saudischen Verteidigungsministeriums, versuchte nach den offensichtlichen Verteidigungsmängeln dennoch zu versichern, dass das Militär die Infrastruktur verteidigen könne. Man sei in Verhandlungen mit Partnern und Alliierten, um die Sicherheit der Region zu verbessern. Er machte den Iran dafür verantwortlich, "den wichtigsten Ort in der Welt angegriffen zu haben, da er die wichtigste Quelle der Ölproduktion ist". Der Iran sei im Laufe der Geschichte seit dem Umsturz immer aggressiver geworden. Es habe sich nicht nur um einen Angriff auf Saudi-Arabien, sondern gegen die internationale Gemeinschaft gehandelt. Es sei ein Versuch gewesen, die globale Wirtschaft zu treffen.
Al-Malki behauptete, der Angriff sei nicht vom Jemen, sondern aus dem Norden erfolgt. Er sei "unzweifelhaft vom Iran unterstützt worden". Es sprach allerdings nicht von einem kriegerischen Akt, sondern von Sabotage. Alle Beweise, die auf der Pressekonferenz vorgeführt wurden, "lassen keinen Zweifel an der iranischen Rolle" entstehen. Gezeigt wurden Teile von mutmaßlichen neuen iranischen Raketen, die in Khurais gefunden wurden und von den Revolutionären Garden stammen sollen, und von Drohnen in Biqaiq, die ebenfalls iranischer Herkunft seien. Drei der Raketen wären nicht an ihr Ziel gelangt. Insgesamt sei der Angriff mit 25 Drohnen und Raketen erfolgt. Bilder von Überwachungskameras würden zeigen, um welche Drohnen es sich handelt und dass sie vom Norden in den Süden flogen.
US-Außenminister: "Es war ein iranischer Angriff"
US-Außenminister Mike Pompeo sagte gestern auf einer Pressekonferenz in Saudi-Arabien, dass der Angriff nicht von Huthis kam: "Es war ein iranischer Angriff." Sie seien auch nicht vom Irak gekommen und über Kuwait geflogen. Die Waffen habe man noch nie im Arsenal der Huthis gesehen. Die Geheimdienste seien sicher, dass die Huthis sie nicht besitzen würden.
Auch er wies auf die Schäden hin, die nicht von Angriffen aus dem Süden rühren könnten (was aber hieße, dass die Drohnen und Raketen nicht manövrierbar seien, was Pentagon-Mitarbeiter aber gegenüber dem WSJ betonten). Die Huthis würden lügen, man sollte von diesen sowieso nur als von "den bekannten, oft lügenden Huthis" sprechen. Zur ausgefallenen Verteidigung sagte er nur: "Wir haben auf der ganzen Welt gesehen, dass Luftabwehrsysteme unterschiedlich erfolgreich sind. Einige der besten auf der Welt schießen nicht immer alles ab."
Pompeo nannte den Angriff eine "Kriegshandlung". Donald Trump scheint sich vorerst mit neuen Sanktionen zufriedenzugeben und nicht an einen Militärschlag zu denken. Das sei nur die letzte Option.
Der Iran weist weiter die Anschuldigungen von sich. Außenminister Mohammad Javad Zarif drohte aber in einem Interview mit CNN, man werde keinen Augenblick zögern, sich zu verteidigen. Dann bestünde die Gefahr, dass ein voller Krieg ausbricht: "Ich mache eine sehr ernsthafte Festellung, dass wir keine militärische Konfrontation wünschen." Eine militärische Antwort auf eine Täuschung über die Angriffe, würde viele Opfer verursachen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.