Von der Leyen warnt vor "sehr einfachen Lösungen"

Die Verteidigungsministerin lehnt einen Bundeswehreinsatz in Syrien ab - Waffenhilfe für Nigeria und andere Krisenstaaten geplant

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Am Montag forderte Wolfgang Ischinger, der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, in einem Interview mit dem Münchner Merkur eine "Strategie in der Syrien-Krise", die "mit glaubwürdigen militärischen Handlungsoptionen unterlegt ist". "Wer sich dazu nicht aufrafft", so der Völkerrechtsexperte, dürfe "sich nicht wundern, wenn weitere hunderttausende oder Millionen Flüchtlinge bei uns landen" (vgl. Ischinger fordert deutschen Militäreinsatz in Syrien).

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach sich heute im ZDF gegen Pläne für einen direkten Einsatz der Bundeswehr in Syrien aus: Forderungen danach seien vermeintlich "sehr einfache Lösungen", vor denen sie warne: Mit Bodentruppen gerate man "zwischen die Mühlsteine Hunderter verschiedener Gruppen, die miteinander kämpfen" und richte potenziell mehr Schaden als Nutzen an.

Aufgrund der Vielzahl der Bürgerkriegsakteure seien stattdessen ein "großer diplomatischer Rahmen" und ein "Minimalkonsens" nötig. Dazu müssten nicht nur alle Bürgerkriegsparteien, sondern auch die Regionalmächte "an einen Tisch und gemeinsam eine Lösung miteinander erarbeiten". Solche Gespräche plant der UN-Syrienbeauftragte Staffan de Mistura: Er will dazu vier Arbeitsgruppen und eine internationale Kontaktgruppe einrichten, in der unter anderem Saudi-Arabien, die Türkei, Russland und der Iran miteinander verhandeln sollen.

Ursula von der Leyen. Foto: Laurence Chaperon. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Außerdem verwies von der Leyen auf das von Bundeswehrsoldaten durchgeführte Training der kurdischen Peschmerga-Milizen im Nordirak, die dort unter anderem im Umgang mit deutschen Sturmgewehren und panzerbrechenden Waffen unterrichtet werden. Dieses Training sei "das richtige Vorgehen", weil es geholfen habe, die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zurückzudrängen.

Die deutschen Ausbildungscamps im Nordirak sind relativ weit von den Stellungen der PKK entfernt, die die Türkische Luftwaffe bombardiert. Gefahr droht deutschen Ausbildern eher durch Chemiewaffenangriffe des IS, die inzwischen niemand mehr bestreitet. Noch gefährdeter sind Peschmerga-Kämpfer, die deshalb seit gut zwei Wochen von deutschen Experten in Erbil unterrichtet werden, wie man sich bei chemischen, biologischen oder atomaren Angriffen am effektivsten schützt.

Die Hilfe für die Peschmerga war vor allem in der SPD umstritten, weil sie von der Doktrin abwich, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern. In einem heute bekannt gewordenen Schreiben werben das Außen- und das Verteidigungsministerium bei den Bundestagsabgeordneten für weitere Waffenhilfen nach dem Vorbild dieser indirekten IS-Bekämpfung im Nordirak. Dafür sollen im nächsten Bundeshaushalt unter dem Titel "Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung" 100 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Neben Mali und Tunesien, wo die Bundeswehr bereits Anti-Terror-Kämpfer ausbildet, nennt das Schreiben das von der IS-Division Boko Haram geplagte Nigeria als Ziel einer "Ausrüstung mit Rüstungsgütern", um die dort schon länger gebeten wird. Aufgrund der Ausbreitung des Dschihadismus sei es aber wahrscheinlich, dass weitere Länder "in der südlichen Nachbarschaft der Europäischen Union" dazukommen.

Als sinnvollen Bundeswehreinsatz sieht von der Leyen auch den heute vom Kabinett beschlossenen Ausbau der Anti-Schlepper-Mission, an dem nun bis zu 950 Soldaten teilnehmen sollen. Sie sollen im Rahmen der EU-Operation EUNAVFOR MED Schlepperboote künftig nicht nur aufbringen, sondern auch zerstören. Der Bundestag muss dem Kabinettsbeschluss noch zustimmen. Aktuell kreuzen zwei Schiffe der Bundesmarine im südlichen und zentralen Mittelmeer: Die Fregatte Schleswig-Holstein und der Tender Werra. Gemeinsam retteten sie der Bundesregierung zufolge bislang mindestens 7.200 Geschleuste vor dem Ertrinken.

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