Von einer kleinen Siedlung in einer Höhle zu einem besiedelten Himmelskörper
- Von einer kleinen Siedlung in einer Höhle zu einem besiedelten Himmelskörper
- "Letztendlich kann man auf dem Mond nicht viel kaputtmachen"
- "Durch eine Mondbesiedlung wird der Zusammenschluss der irdischen Menschen beschleunigt"
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Wege zur Besiedlung des Mondes
Florian M. Nebel veröffentlichte 2017 im LV Verlag aus Münster eine Machbarkeitsstudie zur Besiedlung des Mondes. Darin legt er ausführlich dar, weshalb eine Kolonie auf dem Erdtrabanten in der Raumfahrt der nächste Schritt sein sollte. Wer weiter in das Weltall vorstoßen möchte, kann auf dem Mond eine Basis errichten und aufgrund der geringeren Schwerkraft kostengünstiger ins All starten.
Eine Kolonie auf dem Mond hätte nicht nur technologische und luftfahrttechnische Auswirkungen. Vor allem könnte der Mond Wissen über das Leben auf einem fremden Planeten fördern. Durch seine Nähe zur Erde wäre im Notfall eine Versorgung gewährleistet. Es interessiert hierbei nicht, ob die Besiedlung als solche fragwürdig sei. Wie es um die Pläne für eine Mondreise und Besiedlung derzeit stehen, ist Inhalt des folgenden Gesprächs.
Wie ist denn der aktuelle Stand der Besiedlungsprojekte in Bezug auf den Mond?
Florian Nebel: Man sieht deutlich die Anstrengungen von China und den USA, auf dem Mond Fuß zu fassen. Mittlerweile gibt es erfreulicherweise auch einen breiten internationalen Konsens, dass man zunächst auf dem Mond eine menschengemachte Siedlung errichten möchte und von da aus weiter zum Mars fliegt. Um diesen Konsens hat man hart gestritten.
Was man sich vorstellt, ist eine Zweigstelle der Menschheit - Siedlung ist übertrieben -, ähnlich wie die Neumayer-Station in der Antarktis. Also eine temporär bemannte Forschungsstation mit wechselndem Personal.
Sie fordern in Ihrem Buch ja mehr: Der Mond als eine Art Weltraumbahnhof. Sie reden gerade aber von einer Forschungsstation. Das wäre noch ein Schritt davor?
Florian Nebel: Genau. Man macht sich jetzt Gedanken, diese Station zu bauen. Das habe ich in meinem Buch auch vorgeschlagen. Man kann dort Forschung betreiben, wie sie auf der Erde oder im Erdorbit nicht möglich ist. Ob konkrete Projekte wirklich eine Finanzierung finden, wird die Zeit zeigen, aber ich sage mal: Die westliche Welt ist da schon relativ stark an einer Zusammenarbeit interessiert. Ähnlich, wie man es bei der Internationalen Raumstation getan hat.
Gibt es auch Konkurrenz?
Florian Nebel: Die Chinesen kochen noch ihr eigenes Süppchen. Auf diese Art entsteht vielleicht ein Wettbewerbsgedanke, der vielleicht auch hilft, das Thema zu beschleunigen. Wie es auch in den sechziger Jahren schon sehr gut geholfen hat. Man muss dann schauen, was die Zeit bringt. Bei den Amerikanern läuft es derzeit sehr gut. Mit dem SpaceLaunch-System haben sie eine neue Rakete, die große Traglasten bringen kann, um Leute zum Mond zu bringen. SpaceX arbeitet an der Big Falcon Rocket, die eine große Zuladung hat. Dann gibt es noch die Falcon Heavy, die auch Schwerlast transportieren kann.
Weltraumbahnhof in Deutschland?
Sie haben gerade die Finanzierung angesprochen, an der häufig ein Projekt scheitern kann. Interessant nun, dass der Bund Deutscher Industrie (BDI) für einen irdischen Weltraumbahnhof in Deutschland plädiert. Was halten Sie davon?
Florian Nebel: Ja, das ist sehr erfreulich, dass sich der Bundesverband in diese Richtung erklärt hat. Deutschland als Einzelnation kann da natürlich nicht so viel reißen. Aber Europa im Verbund könnte schon viel mehr erwirken. Man sieht ja, dass Deutschland etwas mehr machen will. Der bayerische Ministerpräsident hat nun mehrere Mittel freigegeben, um für die Raumfahrt mehr Know-how nach Bayern zu holen. Wenn sich dieser Gedanke deutschlandweit durchsetzt, könnte man sicher eine größere Rolle in der Raumfahrt übernehmen und die technologischen Entwicklungen voranschieben.
Der BDI macht sich, wie gesagt, für einen Weltraumbahnhof in Deutschland stark. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man nicht lieber die bestehenden Kapazitäten verstärkt auf die Forschung im Weltall selbst richten sollte?
Florian Nebel: Prinzipiell haben die europäischen Länder beschlossen, dass sie diesen Weltraumzugang durch die Ariane gemeinsam erhalten. Da gibt es europäische Rahmenverträge, die gewährleisten, dass Europa immer eigenständig in den Weltraum fliegen kann. Bislang nur unbemannt. Bemannt hat man das nie ernsthaft verfolgt. Da kann man sicherlich etwas verbessern.
Was wäre da an Nachbesserungen notwendig?
Florian Nebel: Man versucht, durch die Ariane VI es kostentechnisch vergleichbar zu machen, so wie es kommerzielle Anbieter wie SpaceX schaffen. Insgesamt zeigt sich aber, dass sich die Privatisierung, wie es die Amerikaner verfolgt haben, durchaus auszahlt. Wenn der BDI da Mitglieder motivieren möchte, selbst tätig zu werden, dass sich in Deutschland auch ein privater Anbieter etabliert, dann wäre das hinsichtlich der Raumfahrt sicher sinnvoll.
Auf einem deutschen Weltraumbahnhof würden dann sicher auch andere europäische Staaten starten, um die Kosten im überschaubaren Rahmen zu halten.
Florian Nebel: Die Frage ist, wie sinnvoll das ist, einen solchen Weltraumbahnhof auf deutschem Boden zu haben? Von der geographischen Lage sind wir nicht gerade begünstigt. Da sind andere Startpunkte einfach besser geeignet. Der europäische Startpunkt in Südamerika geht von Französisch-Guyana aus. Die Ariane hat damit einen sehr guten Startpunkt. Dass man sie immer erst umständlich von Europa nach Südamerika transportieren muss, ist so ein kleiner Wermutstropfen, aber den nimmt man bisher gerne in Kauf. Einen Weltraumbahnhof auf europäischem Boden zu errichten, ist erstmal nicht so naheliegend.
Bei einem Vortrag eines BDI-Referenten habe ich gehört, es gehe vor allem um Satelliten.
Florian Nebel: Ja, bei Satelliten kann es durchaus von Vorteil sein, eher von einem nördlichen Standpunkt aus ins Weltall zu schießen. Der Trend geht gerade zu Mikrosatelliten, die besonders klein und billig sind. Sie können also in großer Stückzahl ins Weltall gebracht werden. Da laufen relativ viele Projekte, wo man zu eher kleinen Raketen geht, die wenige Kilo Zuladung haben. Bei einer so kleinen Rakete fällt es nicht mehr so ins Gewicht, von welchem Ort aus sie startet. Da kann man sich schon vorstellen, dass für solche kleine Nutzlasten auch in Deutschland Standorte errichtet werden.
Apollo-Programm ohne Perspektive auf Mondsiedlung
Vielleicht hat sich das Augenmerk vom Mond zum Mars verlagert? Sie kritisieren in Ihrem Buch ja auch, wie sich das Apollo-Programm zu wenig für die Besiedlung des Mondes interessiert hat und das dann unterging.
Florian Nebel: Man hat schon vergessen, während des Apollo-Programms den Grundstein für eine echte Besiedlung des Mondes zu legen. Wenn sie damals Ernst gemacht hätten, besäßen wir vielleicht schon eine Mondsiedlung mit tausenden von Bewohnern. Das hat man letztlich versäumt, obwohl das die Vision von Wernher von Braun war. Er hätte da gerne noch weiter gemacht.
Warum ging es damals nicht weiter?
Florian Nebel: Alles in allem waren die Amerikaner wohl satt, nachdem man das Weltraumrennen zum Mond gewonnen hat. Man hat sich dann anderen Themen - zum einen den Space Shuttles als auch erdnahen Erkundungen - zugewandt. Es sind dabei tolle Sachen herausgekommen, wie das Hubble Space Telescope und die ISS. Man hat einfach einen anderen Schwerpunkt gesetzt. Damals ist es eben so gelaufen und heute kennt man es nicht anders. Wir haben aber jetzt die Chance, mit der nächsten Generation an Raumfahrern das nochmals in Angriff zu nehmen. Und vielleicht anders zu lösen.
Es ist natürlich auch spekulativ, zu fragen, warum der Drang zur Expansion, der bei den Amerikanern aufgrund ihrer Geschichte vorhanden sein könnte, nicht weiter ging, nachdem sie den Mond betreten hatten?
Florian Nebel: Es gab sicher politische Gründe damals, warum man das nicht weiterverfolgt hat. Es ist schon verwunderlich, dass eine Nation, die von Entdeckern oder Eroberern abstammt, die Besiedlung eines betretenen Himmelskörpers aufgeben wird. Letztendlich war es auch wahnsinnig teuer damals. Der Rückhalt in der US-Bevölkerung war zu der Zeit nicht so groß, wie man es in der Retrospektive gerne sieht. Politiker möchten immer gerne Wahlen gewinnen. Die Nachfolger haben dann gemerkt, mit anderen Themen geht es besser. So dass es schließlich eingeschlafen ist.
Man könnte jetzt die Initiative wieder befeuern, indem man den Ausblick auf Ressourcen auf dem Mond verspricht. Der Tourismus wird erstmal nur für sehr vermögende Menschen möglich sein. Aber wie sieht es mit dem Rohstoffabbau aus?
Florian Nebel: Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Start-Ups sich gründen, die den Ressourcenabbau im Weltraum zu ihrem Geschäftszweck machen. Bei Meteoriten oder Asteroiden kann man sich das noch ein bisschen eher vorstellen, weil es leichter sein könnte. Beim Mond muss ich da erst hochstarten, es dann zur Erde bringen und auf der Erde vor allem sicher landen. Das ist schon ein gehöriger logistischer Aufwand. Das rechnet sich meiner Meinung nach nur für Materialien, die tatsächlich einen extremen Wert haben. Ich habe es ausgerechnet - mit Gold und anderen Edelmetallen würde es sich lohnen. Darunter ist es unattraktiv.
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