Vorsicht vor den asozialen Medien!

Seite 2: Gefahr des Verlustes der Meinungsvielfalt

"Unser Ziel ist es, mit dem Newsfeed die perfekte personalisierte Zeitung für jede Person auf der Welt zu schaffen", sagte Facebook-Gründer Zuckerberg, wohl ohne zu begreifen, welches Problem für den Erhalt von Meinungsvielfalt er damit beschrieb.

Die konsequente Personalisierung der Informationen zerstört die Grundfunktion der Öffentlichkeit, nämlich den offenen Austausch der vielfältigen gesellschaftlichen Meinungen.

Das Bundesverfassungsgericht hat schon in seinem Urteil vom 18. Juli 2018 zum Rundfunkbeitrag auf die Gefahr hingewiesen, "dass auch mithilfe von Algorithmen Inhalte gezielt auf Interessen und Neigungen der Nutzerinnen und Nutzer zugeschnitten werden, was wiederum zur Verstärkung gleichgerichteter Meinungen führt".1

Die Auswahltechnik, die den Internet-"Surfern" das anzeigt, was sie ohnehin suchen oder meinen - egal was tatsächlich in der Welt vor sich geht, wird häufig als "Filterblasen"- oder "Echokammer"-Effekt bezeichnet.

Obwohl diese Effekte plausibel erscheinen, sind die empirischen Nachweise dafür bislang allerdings dünn gesät. Als einigermaßen gesichert gilt jedoch, dass bei zahlenmäßig durchaus beachtlich großen gesellschaftlichen Gruppen, die sich in Opposition zu der in den klassischen Medien veröffentlichten Meinung verstehen, durch die personalisierten Nachrichtenströme Verfestigungen von Vorurteilen oder Ideologien beobachtbar sind.

Auch Menschen, die vom öffentlichen Diskurs abweichende, oftmals stark ideologisch begründete Überzeugungen haben, können durch die selektive Auswahl der Angebote im Internet zur Anschauung gelangen, dass ihre randständigen Auffassungen mit der "Volks"-Meinung übereinstimmen, sodass sich polarisierende "Gegen- oder Teilöffentlichkeiten" mit unterschiedlichen Wahrheitsansprüchen bilden.

An die Stelle einer einzigen Öffentlichkeit, die die Gesellschaft zusammenhält, ist eine Vielzahl von Öffentlichkeiten getreten.2

Homogene Diskursräume und Radikalisierung

Ideologisch homogene Diskursräume führen zur Radikalisierung von Meinungen und Positionen. So kann eine Wir-gegen-die-Haltung entstehen, die Hass sähen und einen Nährboden für politische Radikalisierung bilden kann.

Solche sektenartige Phänomene lassen sich etwa bei den Corona-"Querdenker"-Demonstrationen beobachten.

Unbestritten ist: Im Netz ist eine Verrohung, ja teilweise sogar eine Vergiftung der Sprache beobachtbar. Das sehen auch 83 Prozent der Bundesbürger so.

Die Verwilderung in der zwischenmenschlichen Kommunikation im Netz ist oft eng verbunden mit einem pauschalen Antielitismus, einer allgemeinen Skepsis, mit Homophobie oder Fremdenhass, mit Rassismus bis hin zu Aufrufen zur Gewalt. Das Internet wurde geradezu zu einem Sammelpunkt für fremdenfeindliche und antisemitischer Hetze.

Es kursieren sogar Handbücher mit Anleitungen für "trollen, shitposten oder einfach nur verarschen".

Mehr als drei Viertel der Deutschen erleben Hass im Netz. Das zeigen die neuesten Zahlen einer Forsa-Studie im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW.

69 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren waren schon einmal von Beleidigungen und Beschimpfungen im Netz betroffen. Vor allem Jugendliche werden mit "Cyber-Mobbing", "Bullying", also Mobbing im Umfeld der Schule, "Cybergrooming", also einem Heranmachen an Kinder, oder "Sexting", Missbrauch erotischer Fotos, konfrontiert.

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