Währungs-Rebellion: Was kommt nach dem Dollar?

Seite 2: Vom Petrodollar zur Entdollarisierung

Als die UdSSR zusammenbrach, riefen die Vereinigten Staaten eine neue Weltordnung aus und begannen eine Reihe neuer Kriege, unter anderem gegen den Irak. Die Währung der neuen Weltordnung war der Öl-Waffen-Dollar.

Auf die anfängliche Bombardierung und teilweise Besetzung des Irak im Jahr 1990 folgte mehr als ein Jahrzehnt, in dem eine sadistische Wirtschaftswaffe eingesetzt wurde, mit weitaus verheerenderer Wirkung im Vergleich zu der in der UdSSR (oder anderen Zielen wie Kuba): umfassende Sanktionen.

Es ging nicht um Preismanipulationen. Der Irak durfte sein Öl überhaupt nicht verkaufen und auch keine benötigten Medikamente oder Technologien erwerben. Hunderttausende Kinder starben infolgedessen.

Mehrere Autoren, darunter die indische "Research Unit for Political Economy" in ihrem Buch "Behind the Invasion of Iraq" aus dem Jahr 2003 und der US-Autor William Clark in seinem Buch "Petrodollar Warfare" aus dem Jahr 2005, haben argumentiert, dass der endgültige Sturz Saddam Husseins durch die USA ausgelöst wurde durch die Drohung, den Ölhandel in Euro statt in Dollar zu betreiben. Seitdem steht der Irak unter US-amerikanischer Besatzung.

Es scheint jedoch, dass die Öl-Waffen-Dollar-Ära nun zu Ende geht, und zwar in einem "atemberaubenden" Tempo. Nach dem Gipfeltreffen zwischen Putin und Xi im März 2023 sorgte sich Fareed Zakaria von CNN öffentlich um den Status des Dollars angesichts der Bemühungen Chinas und Russlands um eine Entdollarisierung.

Die Probleme des Dollars sind seitdem nur gewachsen. Alle Säulen, die den Öl-Waffen-Dollar stützen, sind instabil:

  • Die militärische Macht der USA wird nicht mehr als überragend angesehen, nachdem es ihr nicht gelungen ist, einen Regimewechsel in Syrien herbeizuführen, und sie sich aus Afghanistan zurückgezogen haben.
  • Während es den USA gelungen sein mag, die russischen Gasverkäufe nach Europa drastisch zu reduzieren, indem sie – sollte sich der weitverbreitete Bericht von Seymour Hersh vom Februar bestätigen – Nord Stream in die Luft gejagt haben, ist es ihnen nicht gelungen, Indien oder China davon zu überzeugen, sich ihren Plänen in dieser Hinsicht anzuschließen. Beide Länder kaufen russische Energie und verkaufen sie auch weiter.

Doch was wird den Dollar ersetzen?

"Eine globalisierte Wirtschaft braucht eine einheitliche Währung", sagte Zakaria auf CNN nach dem Xi-Putin-Gipfel.

Der Dollar ist stabil. Man kann ihn jederzeit kaufen und verkaufen, und er wird weitgehend vom Markt bestimmt und nicht von den Launen einer Regierung. Deshalb haben Chinas Bemühungen, die Rolle des Yuan auf internationaler Ebene auszuweiten, nicht funktioniert.

Aber die Steuerung des US-Dollars durch die "Launen einer Regierung" – namentlich der Vereinigten Staaten – ist genau der Grund, warum die Länder nach Alternativen suchen.

Zakaria tröstete sich damit, dass der Ersatz für den Dollar nicht der Yuan sein wird.

Ironischerweise würde Xi Jinping, wenn er den USA den größten Schmerz zufügen wollte, seinen Finanzsektor liberalisieren und den Yuan zu einem echten Konkurrenten für den Dollar machen müssen. Aber das würde ihn in die Richtung von Märkten und Offenheit führen, die das Gegenteil seiner derzeitigen innenpolitischen Ziele ist.

Zakaria irrt sich. China muss nicht liberalisieren, um den Yuan zu internationalisieren. Als der Dollar die Vormachtstellung innehatte, haben die USA ausländische Dollarbesitzer einfach vom Kauf US-amerikanischer Unternehmen oder Vermögenswerte ausgeschlossen und sie stattdessen auf den Besitz von US-Anleihen beschränkt.

Doch wie der chinesische Wirtschaftswissenschaftler Yuanzheng Cao, ehemaliger Chefökonom der Bank of China, in seinem 2018 erschienenen Buch "Strategies for Internationalizing the Renminbi" (der offizielle Name der Währung, deren Einheit der Yuan ist) argumentiert, kann Beijing den Yuan internationalisieren, ohne zu versuchen, den Dollar zu ersetzen und sich den damit verbundenen weitverbreiteten Unmut zuzuziehen.

Das Land muss lediglich dafür sorgen, dass der Yuan strategisch als eine von mehreren Währungen und in einer größeren Vielfalt von Transaktionen, wie z. B. Währungsswaps, verwendet wird.

Andernorts wird Keynes' Nachkriegsidee einer globalen Reservewährung auf einer begrenzteren Grundlage wiederbelebt. Eine regionale Version des Bancor, der Sur, wurde von Brasiliens Präsident Luis Inácio ("Lula") da Silva vorgeschlagen.

Der ecuadorianische Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Präsidentschaftskandidat Andrés Arauz beschrieb den Sur in einem Interview im Februar wie folgt:

Die Idee ist nicht, die nationale, souveräne Währung eines jeden Landes zu ersetzen, sondern eine zusätzliche Währung zu haben, eine Komplementärwährung, eine supranationale Währung für den Handel zwischen den Ländern in der Region, angefangen mit Brasilien und Argentinien, die sozusagen die beiden Kraftpakete im Südzipfel sind, und die sich dann auf den Rest der Region ausweiten könnte.

Lula schloss an die Sur-Idee mit dem Konzept einer BRICS-Währung an. Der russische Wirtschaftswissenschaftler Sergey Glazyev schlägt eine Art Bancor vor, der durch einen Korb von Rohstoffen gestützt wird.

Währungssysteme spiegeln die Machtverhältnisse in der Welt wider: Sie verändern sie nicht. Der englische Goldstandard und der US-amerikanische Dollarstandard spiegelten jahrhundertelang die imperiale Monopolmacht wider. In einer multipolaren Welt sollten wir jedoch vielfältigere Regelungen erwarten.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit Globetrotter. Hier geht es zur englischen Version des Artikels. Übersetzung: David Goeßmann.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.