Wahlwiederholung in Berlin: Aufatmen bei den Linken
Insgesamt 455 von 2.256 Wahlbezirken müssen wählen. Kleinste Oppositionspartei kann Direktmandate rechnerisch nicht verlieren. Hintergrund und Reaktionen.
Gesine Lötzsch war nach eigenen Worten "auf alles vorbereitet", als das Bundesverfassungsgericht an diesem Dienstag bekannt gab, in welchen Berliner Wahlbezirken die Bundestagswahl von 2021 wiederholt werden muss. Nun steht fest: Ihr Wahlkreis Berlin-Lichtenberg ist nicht dabei.
Lötzsch hatte damals eines von drei Direktmandaten geholt, denen die Partei Die Linke ihren Wiedereinzug mit eigener Fraktion in den Bundestag verdankt, da sie knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben war. Zwei dieser drei Mandate wurden in der Hauptstadt gewonnen – das zweite von Gregor Gysi, in dessen Wahlkreis Treptow-Köpenick nur sechs Bezirke neu wählen müssen.
"Damit bleibt 'Die Linke' im Bundestag"
"Damit bleibt 'Die Linke' im Deutschen Bundestag", erklärte am Dienstag deren ehemaliger Fraktionschef Dietmar Bartsch. Die Teilwiederholung könne den Ausgang in den beiden Wahlkreisen nicht verändern. Seine Partei werde jetzt ihre Aufgabe als "DIE" soziale Opposition im Bundestag wahrnehmen.
Die Linksfraktion ist inzwischen bereits durch die Abspaltung des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" Geschichte – ihm gehören zehn Abgeordnete inklusive der Namensgeberin an, die sich inzwischen als Gruppe formiert haben und im Januar eine eigene Partei gründen wollen. Aber auch ihre Mandate hängen an den 2021 gewonnenen Direktmandaten der Linken, die im Bundestag ebenfalls als Gruppe firmiert.
"Kleine Volksabstimmung über die Ampel-Koalition"
Ein Mandat könnte 'Die Linke' im Bundestag rechnerisch aber verlieren – das von Pascal Meiser, wenn sie bei der Wiederholung im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg ein deutlich schlechteres Ergebnis einfährt als 2021. Meiser gibt sich aber optimistisch und hält sogar für möglich, dass die Linke bei der Wahl gestärkt wird.
Die Wahl wird nun zur "kleinen Volksabstimmung über die Ampel-Koalition" und darüber, ob die Linke als "einzige soziale Opposition gestärkt wird", schreibt er auf der Plattform X. "Let’s get ready to rumble!"
Insgesamt muss die Bundestagswahl in 455 von 2.256 Wahlbezirken des Landes Berlin wiederholt werden. Betroffen sind Erst- und Zweitstimme.
Wahlprüfungsbeschwerden weitgehend gescheitert
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich aufgrund von Wahlprüfungsbeschwerden der Unionsparteien und der AfD mit dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 10. November 2022 befasst. Demzufolge müsste die Bundestagswahl nur in 431 Wahlbezirken und 1.507 Briefwahlbezirke zu wiederholt werden.
Die Unionsfraktion hatte eine Neuwahl in rund 1.200 Berliner Wahlbezirken gefordert. Hintergrund waren zahlreiche Pannen bei der Bundestagswahl in Berlin am 26. September 2021 – darunter Stimmabgaben nach 18 Uhr, lange Schlangen vor Wahllokalen, zeitweise Schließungen und falsche Stimmzettel.
Bundeswahlleiter Georg Thiel hatte von einem "kompletten systematischen Versagen der Wahlorganisation" in Berlin gesprochen.