Warnungen und Boykott-Aufrufe
Die Klagen der RIAA gehen in die zweite Runde, der Widerstand wächst
204 US-amerikanische Tauschbörsen-Nutzer bekommen in diesen Tagen einen Brief von der Recording Industry Association of America (RIAA), der ihnen eine anstehende Klage wegen Urheberrechtsverletzungen ankündigt. Der Lobbyverband will damit nach eigenen Aussagen seinen Kritikern entgegenkommen. Die sehen darin jedoch nur einen PR-Trick und rufen zu einem einwöchigen CD-Kauf-Boykott auf.
Die Briefe geben den Betroffenen eine Frist von zehn Tagen, um den Konflikt außergerichtlich beizulegen. Wer sich nicht innerhalb dieses Zeitraums bei der RIAA meldet, werde automatisch verklagt. Außerdem werden die Empfänger der Schreiben angewiesen, keine MP3s auf ihrem Computer zu löschen, die als Beweise in einem Verfahren dienen könnten.
Erst warnen, dann klagen – mit dieser neuen Taktik reagiert die RIAA auf die deutliche Kritik, mit der sie sich nach dem Verklagen von 261 Tauschbörsen-Nutzern Anfang September konfrontiert sah. So hatte etwa der republikanische Senator Norm Coleman die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen angezweifelt, nachdem eine zwölfjährige Schülerin verklagt worden war (siehe auch: Teenies, Opas, Obdachlose).
120 Websites rufen zum Boykott auf
Kritiker sehen in den jetzt versandten Briefen dann auch in erster Linie den Versuch, negative PR schon im Vorfeld einer Klage zu vermeiden. Aus der Perspektive der Betroffenen sei dies nicht besser als die erste Klagewelle, meint etwa Nicholas Reville von der P2P-Aktivisten-Website Downhill Battle. "Sie müssen wie schon zuvor zahlen, oder sie werden verklagt", so Reville gegenüber Telepolis. "Der einzige Unterschied liegt darin, dass die Presse ausgeschlossen wird, weil es keine öffentlich einsehbaren Dokumente geben wird, mit denen sich die Verklagten identifizieren lassen."
Downhill Battle hat gemeinsam mehr als 120 anderen Webseiten eine Aktionsgemeinschaft gegen die RIAA-Klagen gegründet, die für diese Woche zu einem Boykott der großen Plattenfirmen aufruft. Gleichzeitig ermuntert die Gruppe Musikfans, die Zeit des Boykotts zum Entdecken von Musikern und Bands zu verwenden, die auf Indie-Labels veröffentlichen. Musiker Andrew Ross dazu: "Indie-Labels zahlen Musikern einen größeren Anteil der CD-Einnahmen, und sie beschäftigen keine Anwälte, um Familien mit rücksichtslosen und ungerechtfertigten Gerichtsverfahren zu tyrannisieren."