Warum Ägypten die Schleusentore nach Gaza nicht öffnen kann und will

Seite 2: Tritt das Worst-Case-Szenario ein?

Katzman fügte hinzu: "Die USA ermutigen Israel, sich so weit wie möglich mit Ägypten abzustimmen, was meiner Meinung nach auch geschieht. Aber darüber hinaus glaube ich nicht, dass die Regierung in Kairo irgendwelche Planungen angestellt hat, weil sie nicht davon ausgeht, dass dieses Worst-Case-Szenario eintritt".

Charles Dunne erklärt zudem:

Kairo befürchtet, dass schon die Erwägung einer Notfallplanung als grünes Licht für die IDF [israelische Armee] gewertet werden könnte. Das scheint im Moment der Fall zu sein, und Kairo konzentriert sich auf den Bau einer befestigten Pufferzone entlang der Grenze zu Gaza, um eine Flüchtlingskrise zu verhindern.

Krise am Roten Meer

Ein weiterer wichtiger Aspekt der US-amerikanisch-ägyptischen Beziehungen im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg und seiner Regionalisierung ist die Sicherheitskrise am Roten Meer.

Seit November feuern die Huthi Raketen und Drohnen auf Schiffe vor der jemenitischen Küste ab und erklären, sie würden den Gazastreifen unterstützen, indem sie Schiffe mit Verbindungen zu Israel, den USA und Großbritannien ins Visier nehmen. Seit letztem Monat sind die Einnahmen Ägyptens aus dem Suezkanal nach Angaben von Sisi während der Krise um 40 bis 50 Prozent zurückgegangen.

Gordon Gray, der ehemalige US-Botschafter in Tunesien, erklärte gegenüber Responsible Statecraft, dass es für Ägypten einen "starken Anreiz gibt, die Bemühungen der USA um die Freiheit der Meere zu unterstützen", wenn man bedenkt, was für Ägypten in Bezug auf die Kosten für den Suezkanal im Zuge der Angriffe der Huthi auf dem Spiel steht.

Doch trotz der wirtschaftlichen Rückschläge durch die Sicherheitskrise im Roten Meer hat sich Ägypten nicht an der Operation Prosperity Guardian (OPG) beteiligt, und Kairo hat keine offizielle Rolle in der von Washington geführten Bombardierungsoffensive gegen die Huthi gespielt, die vor fast zwei Monaten begann.

Kairo abhängig von Transport durch Suezkanal

Das liegt nicht daran, dass Kairo die Besorgnis des Westens über die Angriffe der Huthi auf Schiffe nicht teilt. Im Gegenteil: Ägypten und die USA sind sich einig, dass keine jemenitische Gruppe den Seeverkehr in der Region stören sollte.

Als Saudi-Arabien im März 2015 die Operation "Decisive Storm" startete, stellte Ägypten seine Seestreitkräfte zur Verfügung, um die Sicherheit im Roten Meer und im Golf von Aden zu gewährleisten. Damals bezeichnete Sisi das Rote Meer als "arabisches Meer" und nannte die Meerenge Bab al-Mandab als wichtig für die "ägyptische und arabische nationale Sicherheit".

Die öffentliche Meinung im eigenen Land erklärt größtenteils, warum Kairo weder der [Rote-Meer-Koalition OPG] beitritt noch die amerikanisch-britischen Angriffe formell unterstützt. Viele Ägypter würden in dem Schritt ihrer Regierung, sich offen an die Seite Washingtons und Londons gegen die Huthi zu stellen, eine Unterstützung Kairos für Israels Krieg gegen Gaza sehen. Dunne ergänzt:

Ägypten hat sich geweigert, der [OPG] beizutreten, und obwohl es möglich ist, dass Ägypten einen Beitrag hinter den Kulissen leistet, ist ein solcher Schritt im Moment mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Wenn überhaupt, dann ist das das Mindeste, was sie tun können.

Kooperiert Kairo insgeheim mit Westen?

DesRoches glaubt, dass die Ägypter London wahrscheinlich erlaubt haben, den ägyptischen Luftraum für die Bombardierung von Huthi-Zielen im Jemen zu nutzen. "Ich gehe davon, dass US-amerikanische Unterstützungs-, Geheimdienst- und Nachschubflüge wahrscheinlich den ägyptischen Luftraum durchqueren", sagte er.

Ich bin etwas weniger zuversichtlich, dass die Ägypter nachrichtendienstliche Erkenntnisse und operatives Wissen, über das sie dank ihrer verschiedenen Einrichtungen verfügen, austauschen, um Raketen und Abschussorte zu lokalisieren. Das liegt wahrscheinlich eher an den fehlenden ägyptischen Kapazitäten als an einer politischen Entscheidung, nicht zu kooperieren.

Letztendlich bleibt die Allianz zwischen den USA und Ägypten stark. Angesichts der Rolle Washingtons bei der Zerstörung des Gazastreifens und seiner zunehmenden Isolation in der arabisch-islamischen Welt muss Kairo diese Beziehung jedoch mit mehr Vorsicht angehen.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit Responsible Statecraft. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.

Giorgio Cafiero ist CEO und Gründer von Gulf State Analytics, einem Beratungsunternehmen für geopolitische Risiken mit Sitz in Washington D.C. Außerdem ist er Professor an der Georgetown University und Fellow beim American Security Project.