Warum "Klimachaoten" das Bundesverdienstkreuz bekommen sollten

Protestaktion von "Letzte Generation" in Berlin, Juli 2022. Bild: Letzte Generation

Die "Letzte Generation" hat neue Straßenblockaden angekündigt. Teile der Medien diffamieren die Bewegung als "extremistisch", RAF-affin und anti-demokratisch. Warum das geschichtsvergessen und falsch ist. Ein Kommentar.

Die Aktivist:innen der Klimagruppe "Letzte Generation" haben für diese Woche neue Blockaden auf Berliner Zu- und Ausfahrten von Autobahnen angekündigt. Sie fordern u.a. ein Tempolimit und bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr. In der Berliner Tageszeitung B.Z. heißt es: "Die Klima-Chaoten sind zurück!".

Von Anbeginn an lösten die Gruppe der "Letzten Generation" und ihre Aktionen zum Teil heftige Kritik aus. Die Protestbewegung ist aus dem Hungerstreik der "Letzten Generation" vor der Bundestagswahl 2021 hervorgegangen. Die Hungerstreikenden verlangten damals ein öffentliches Gespräch mit den Kandidatinnen und einen Bürger:innenrat, um die Bevölkerung beim Klimaschutz mitbestimmen zu lassen.

Der Journalist Hajo Schumacher verglich den Hungerstreik mit RAF-Terror und Geiselnahmen in den 1970er Jahren und forderte, dem Protestcamp in der Nähe des Kanzleramts jegliche Öffentlichkeit zu verweigern, indem man ihm "die Internetzelle direkt übern den Zelten abdrehen" solle.

Seitdem gilt die Klimagruppe "Letzte Generation" in Teilen der Medien als extrem, abgehoben, irrational und demokratiefeindlich. Vor allem, seit ab 2022 die Aktivist:innen begannen, sich auf Zufahrten zu Autobahnen erst in Berlin, dann in ganz Deutschland zu kleben.

Der Co-Vorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen Omid Nouripour nannte Blockaden wie die von den Aktivist:innen ausgesprochenen Ultimaten als nicht vereinbar mit Demokratie. Die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach sich für eine strafrechtliche Verfolgung aus, was die Berliner Staatsanwaltschaft ablehnte. Juristen verweisen darauf, dass rechtswidrige Nötigung nur bei aggressiver Gewaltanwendung und nicht bei friedlichen Straßenblockaden vorliege.

Der Journalist Christoph von Marschall vom Tagesspiegel sieht eine "elitäre Arroganz" und ein "Recht auf Selbstjustiz" am Werk. Selbst der Soziologe Harald Welzer kritisiert die Bewegung als radikal, selbstermächtigend ohne Legitimität und "zutiefst antidemokratisch" und "infantil". Die Deutsche Polizeigewerkschaft stellte in einer Pressemitteilung Ende Februar 2022 fest, dass es sich um "staatsfeindliches Handeln" halte und daher der Verfassungsschutz auf die Aktivist:innen angesetzt werden sollte.

Immer wieder werden in den Medien seitdem Extremismusforscher zitiert und interviewt, die der Klimabewegung "Züge einer Sekte" mit ihrem "absoluten Wahrheitsanspruch" attestieren. Sie sehen "Parallelen zwischen der Entstehungsgeschichte der Terrororganisation RAF und der Radikalisierung einiger Klimaaktivisten".

In seiner Kolumne auf Spiegel Online befand Nikolaus Blome vor kurzem die Aktionen der "Letzten Generation" als "lächerlich". Es gäbe in der Klimakrise kein "Widerstands- oder Notwehrrecht, denn die Klimapolitik der Bundesregierung ist kein absichtsvoll gezielter Angriff auf Demokratie, Rechtsstaat oder das Leben eines Einzelnen".

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