Warum Polen Atomreaktoren aus den USA bestellt

Seite 2: Agiert Polen beim Nuklear-Deal geostrategisch?

Polens unglückliche Geschichte von Invasionen, Besetzungen und der Verschiebung von Grenzen hat dem Land seine besonders verletzliche Lage immer wieder vor Auge geführt. Einst hinter dem Eisernen Vorhang und Mitglied des Warschauer Paktes, ist Polen heute ein begeistertes Mitglied der Nato und steht Russlands Einmarsch in die Ukraine besonders kritisch gegenüber. Das Land hat viele Außengrenzen, einschließlich der mit der Ukraine und dem russischen Verbündeten Belarus.

Bei der Ankündigung des Westinghouse-Vertrages mit Polen sprach das US-Außenministerium von einem "Wendepunkt in der Entwicklung der europäischen Energiesicherheit". Der Sprecher der polnischen Regierung, Piotr Müller, schloss sich dem an, als er sagte: "Die Kernenergie wird ein wichtiges Element der polnischen Energiesicherheit sein".

Die Internationale Energieagentur definiert Energiesicherheit als "die ununterbrochene Verfügbarkeit von Energiequellen zu einem erschwinglichen Preis". Aufschlussreicher ist jedoch, dass sie die Sicherheit der Stromversorgung so beschreibt:

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat in den letzten zehn Jahren aufgrund von Kostensenkungen und günstigen politischen Rahmenbedingungen bereits stark zugenommen – ein Trend, der sich fortsetzen und im Einklang mit den Klimaschutzzielen sogar noch beschleunigen dürfte. In der Zwischenzeit stagnieren konventionelle Kraftwerke, insbesondere solche, die Kohle, Kernenergie und Wasserkraft nutzen, oder sind rückläufig.

Polen wird keine Energiesicherheit durch drei Westinghouse-Reaktoren erhalten. Wahrscheinlich wird es nicht einmal die Reaktoren bekommen. Was es jedoch bekommen wird, ist eine Partnerschaft als Juniormitglied im Nuklearclub.

Sollte Polen über nukleares Material, Technologie, geeignetes Personal und Know-how verfügen, kann es sich damit anderen aufstrebenden Nationen anschließen, die ebenfalls auf Kernkraft setzen – nicht weil sie sie brauchen oder sie sich überhaupt leisten können, sondern weil Atomenergie eine Art absurdes Prestige einbringt. Auch wenn Polen nicht ganz zu den "Großen Neun" – den eigentlichen Kernwaffenstaaten – gehören wird, so klopft Polen jedoch bei ihnen an.

Anfang Oktober erklärte Präsident Andrzej Duda sogar, er habe um die Stationierung von US-Atomwaffen auf polnischem Territorium gebeten, obwohl die US-Regierung bestritt, eine solche Anfrage erhalten zu haben. All das ist kein Zufall oder geschieht voneinander isoliert.

Der UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen, der inzwischen von der Mehrheit der Länder der Welt unterstützt wird, arbeitet hart daran, Atomwaffen zu stigmatisieren. Wir müssen dasselbe für die Kernkraft tun. Andernfalls dient sie als nukleare Zugbrücke, die nie hochgezogen wird.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Nachrichtenportal Common Dreams. Übersetzung: David Goeßmann.

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