Warum das Gendern ein dankbares Thema für Söder und die CSU ist

33. Medientage München

Markus Söder (Archivbild) mog net dschendern. (Bild: dpa)

In Bayern wurden lange Zeit sogar Familiennamen gegendert. Kein Konservativer regte sich darüber auf, solange es nicht so genannt wurde – und nicht als feministisch galt.

Ausgerechnet in Bayern wurden lange Zeit sogar Familiennamen gegendert, ohne dass dies mit Feminismus in Verbindung gebracht worden wäre. Davon zeugt unter anderem die Heimatfilmserie "Die Gruberin". Der Autorin dieser Zeilen wurde in Bayern schon der Name "Wanger" zugeschrieben, weil hier die letzte Silbe als weibliche Endung durchging.

Ein bisschen genervt hat das schon. Ich hätte ohne diese Endung leben können, aber so hieß ich einfach nicht – und ohne dieses volkstümlich-unfeministische Gendern, das natürlich nicht so genannt wurde, wäre auch niemand auf die Idee gekommen.

Nur hätte ein CSU-Politiker wie Markus Söder dergleichen niemals problematisiert, solange es nur als volkstümlich und nicht als feministisch galt. Auch die Kabarettistin Monika Gruber nennt sich gerne "die Gruberin" – und macht sich über "woke" Sprache lustig.

Der CSU-Chef und Landesvater Söder konnte sich dagegen am politischen Aschermittwoch nicht entscheiden, ob sein Auftritt witzig sein sollte, oder doch eine bluternste Abrechnung mit allem, was aus seiner Sicht irgendwie linksgrün ist, einschließlich der "schlechtesten Bundesregierung, die Deutschland je hatte", sowie Berlins als "Hauptstadt der Chaoten" und – Überraschung – des Genderns.

Die Suche nach dem eigenen Profil

Das ist einfach ein extrem dankbares Thema in Zeiten wie diesen, da es die Grünen und Sozen den Konservativen und Rechten so schwer machen, in Sachen Militarismus die härteren Hunde zu sein, wo doch alle etablierten Parteien den Zusammenhalt gegen einen äußeren Feind beschwören und der Rüstungsindustrie volle Auftragsbücher bescheren. Wenn der grünen Außenministerin schon mal aus Versehen der Satz "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland" herausrutscht, hat die CSU ja keine realistische Chance, dies zu übertrumpfen.

Eine Steigerung wäre noch die versehentliche Androhung eines Präventivschlags mit Atomwaffen, die Bayern allerdings gar nicht besitzt. So wird der Kulturkampf um die Sprache zur großen Frage unserer Zeit aufgeblasen. So können die Grünen ihr "feministisches" Profil schärfen – und die CSU kann metaphorisch zeigen, dass sie Eier hat.

Warnungen vor einer "Gender-Pflicht" funktionieren bei Söders Parteibasis immer – und je mehr Bier man dort trinkt, desto weniger fällt es auf, wenn dann immer noch "die Huberin" oder "die Meierin" statt "Frau Huber" oder "Frau Meier" gesagt wird.

Schon im Vorfeld des politischen Aschermittwochs in Passau hatte Söder angekündigt, sich bezüglich des Genderns nicht "irgendwelchen Umerziehungsfantasien" zu unterwerfen. Jeder will eben heutzutage irgendwie ein Rebell sein – aber die meisten wollen gleichzeitig alle Vorteile des Mainstreams genießen.