Warum das Hochwasser in Italien die Preise treibt
Energie und Klima – kompakt: Nach der Dürre kamen die Fluten. Milliardenschäden vor allem in der Landwirtschaft. Wie der Klimawandel unser Leben teurer macht.
In Italien wird eine erste Bilanz der dortigen Hochwasserschäden gezogen. Wie berichtet war in der Region Emilia-Romagna um Bologna und Ravenna am Dienstag und Mittwoch vergangener Wochen mit 500 Litern pro Quadratmeter stellenweise die Hälfte des sonst üblichen Jahresniederschlags gefallen.
Flüsse und Bäche waren über die Ufer getreten, Straßen, Äcker und Dörfer überschwemmt und zahlreiche Hänge abgerutscht. 14 Todesopfer waren zu beklagen, 36.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Hier Bilder, die einen Eindruck von den Folgen des Unwetters vermitteln.
Der Österreichische Rundfunk berichtet, dass der Obstbau in der Region schweren Schaden genommen hat. Zehn Millionen Bäume seien vermutlich irreparabel geschädigt und die Ernte zu einem erheblichen Teil vernichtet.
Das betroffene Gebiet werde aufgrund großer "Marillen-, Pfirsich-, Nektarinen-, Zwetschgen-, Apfel-, Birnen-, Kiwi- und Erdbeerplantagen" Italiens "Obsttal" genannt. Nun drohe ein "Obstnotstand" und ein weiterer Anstieg der ohnehin hohen Preise.
Die Schäden allein in der Landwirtschaft werden auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt, da Wiederanpflanzungen sehr teuer sind. Außerdem werden in den zerstörten Plantagen mehrere Jahre vergehen, bis wieder geerntet werden kann.
Mindestens 50.000 Arbeitsplätze in Landwirtschaft, der Industrie und in Verarbeitungs- sowie Verarbeitungsgenossenschaften seien gefährdet, zitiert der Sender den Landwirtschaftsverband Confagricoltura.
Der Präsident des Verbandes, Massimiliano Giansanti, sprach am gestrigen Dienstag davon, dass allein in der Region um die Adriastadt Ravenna noch 60.000 bis 80.000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche unter Wasser stünden. Geschädigt seien vor allem Obst- und Gemüseanbau, aber auch Viehzucht, Weinbau und Baumschulen seien betroffen.
Etwas weiter nördlich der Emilia-Romagna ist der zwischenzeitlich zu einem Rinnsal zusammengeschrumpfte Po, Norditaliens großer Strom, inzwischen wieder gut gefüllt. Medien zeigen Bilder rund um Turin, die ihn dort am Sonntag über die Ufer tretend zeigen.
Inzwischen sind die Pegel etwas gefallen, aber in seinem nördlichen Einzugsgebiet, das noch vor Kurzem von schwerer Dürre geplagt war, werden in den nächsten Tagen weitere ergiebige Niederschläge erwartet. (So sah der Po in Turin noch im Februar aus.)
Inwiefern ist der Klimawandel verantwortlich?
Und was hat das alles mit dem Klimawandel zu tun? Zum einen wurden die Auswirkungen der extrem heftigen Niederschläge durch die vorangegangene Dürre verschlimmert, weil die Böden ausgetrocknet und entsprechend steinhart waren. Das Wasser floss daher zunächst meist oberirdisch ab, da es nicht versickern konnte.
Außerdem steigt die Aufnahmefähigkeit der Luft mit der Temperatur exponentiell, wie hier auf Telepolis bereits mehrfach beschrieben. Für jedes Grad Celsius etwa um sieben Prozent. In einem wärmeren Klima ist also dort, wo genügend Wasser für die Verdunstung zur Verfügung steht – das heißt, bevorzugt in den Küstenregionen –, mit mehr Niederschlag zu rechnen.
Vor allem wird der Niederschlag auch heftiger ausfallen und tendenziell mit stärkeren Winden einhergehen. Denn der in der Luft aufsteigende Wasserdampf setzt, wenn er kondensiert, Wärmenergie frei. Diese verstärkt ihrerseits den Auftrieb, da wärmere Luft eine geringere Dichte hat und deshalb nach oben steigt.
Das wiederum liefert für das Tiefdruckgebiet, die Gewitterfront oder den Wirbelsturm, in dem die feuchte Luft aufsteigt, zusätzlichen Antrieb, zumal verstärkter Auftrieb auch bedeutet, dass am Boden mehr feuchte Luft angezogen wird. Der Wasserdampf und dessen Kondensation sind also einer der Motoren, der diese Wettersysteme antreibt, und dies umso stärker, je höher die Lufttemperatur.
Derweil sehen zumindest einige italienische Hydrologen die Ursache eher im schlechten Zustand der Flussufer und in fehlender Aufforstung an den Berghängen und auf deren Kuppen, wie Euronews berichtet. Das könne im Einzelnen an der Unterbesetzung der Behörden, Streitigkeiten in den Gemeinden oder auch an bürokratischen Hindernissen liegen.
Wie dem auch sei, genaueren Aufschluss über den möglichen Zusammenhang dieses speziellen Unwetters mit dem Klimawandel – wir sind derzeit bei 1,1 Grad Celsius globaler Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau und könnten schon bis 2028 erstmals die 1,5-Grad-Grenze überschreiten – wird in den nächsten Monaten die sogenannte Attributions-Forschung bringen.
Bei dieser werden die realen Wetterdaten mit diversen Simulationen verglichen. Das Ergebnis ist dann eine Angabe, wie wahrscheinlich ein derartiges Ereignis in einem Klima ist, das nicht durch von Menschen verursachte zusätzliche Treibhausgase verändert wurde.
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