Was beweist das Haftminen-Entfernungsvideo - und was nicht?
Die Besatzung der Kokuka Courageous beobachtete ein "fliegendes Objekt", das "auf das Schiff zuflog" und sich dort ohne Explosion "hineinbohrte"
Heute früh veröffentlichte das US-Nahostkommando Centcom ein Video, auf dem zu sehen ist, wie von einem Boot aus ein Gegenstand von einer Schiffsoberfläche entfernt zu werden scheint. Centcom zufolge stammt die Aufnahme von gestern Nachmittag und zeigt, wie von einem iranischen Gashti-Schnellboot aus eine nicht explodierte Haftmine vom Tanker Kokuka Courageous entfernt wird.
Ob der Gegenstand tatsächlich eine Haftmine war - und ob der Schaden an der Kokuka Courageous von einer zweiten Haftmine verursacht wurde, ist allerdings noch unklar. Yutaka Katada, der Sprecher der Schiffseigentümerfirma Kokuka Sangyo, besteht darauf, dass die Besatzung vor dem Brand ein "fliegendes Objekt" beobachtete, das "auf das Schiff zuflog" und sich dort ohne Explosion "hineinbohrte".
Zudem wäre das Anbringen einer Haftmine oberhalb der Wasseroberfläche nicht nur sehr viel auffälliger als das unterirdische Befestigen mittels Robotern oder Tauchern - es richtet auch potenziell weniger Schaden an, da in ein eventuelles Leck kein Wasser eindringt. Aus diesem Grund wäre auch der Einsatz eines Torpedos effektiver als der eines oberirdischen Geschosses, wenn man ein Schiff versenken will. Manche Beobachter glauben deshalb, dass der Zweck des Anschlags vor allem das Setzen eines "Zeichens" gewesen sein könnte. In jedem Fall ist der Schaden an der Kokuka Courageous so gering, dass die Mannschaft mittlerweile wieder an Bord ging und dass Schiff in den Emiratshafen Khor Fakkan geschleppt werden kann.
"Eindeutige Bedrohung der internationalen Freiheit der Seefahrt und des Handels"
In einer zusammen mit dem Video veröffentlichten Centcom-Stellungnahme heißt es, die "Angriffe" auf die Tanker seien eine "eindeutige Bedrohung der internationalen Freiheit der Seefahrt und des Handels" und die USA und ihre "Partner in der Region" würden "alle nötigen Maßnahmen treffen", um sich und ihre Interessen zu verteidigen, auch wenn sie kein Interesse hätten, sich an einem neuen Konflikt im Nahen Osten zu beteiligen. Gleichzeitig schickte das Pentagon den Zerstörer USS Mason in den Golf von Oman.
Wer die nicht sehr scharfe Videoaufnahme konkret gemacht hat, lässt Centcom offen. Andere Angaben in der Meldung legen aber nahe, dass es sich dabei entweder um eines der amerikanischen Flugzeuge handelte, die den Tanker seit der Explosion am Morgen beobachteten, oder um jemanden von der USS Bainbridge, die gegen Mittag die Mannschaft evakuierte. Die Mannschaft des anderen gestern dort evakuierten Tankers, der Front Altair, ging dieser Meldung nach zuerst an Bord der Hyundai Dubai und wechselte später auf ein iranisches Schiff.
Das würde widersprüchliche Meldungen von gestern teilweise erklären, als sowohl der Iran als auch die USA die Rettung von Seeleuten für sich in Anspruch nahmen (vgl. Tankerexplosionen an der Straße von Hormus: Pompeo beschuldigt Iran). Die Mannschaft der Kokuka Courageous ließ sich Centcom zufolge zuerst vom niederländischen Schlepper Coastal Ace aufnehmen. Sie verließ das Schiff angeblich vor allem deshalb, weil Seeleute nach einer Explosion weiter am Bug den später entfernten verdächtigen Gegenstand bemerkten.
Iran: Vorwürfe sollen "Wirtschaftsterrorismus" verschleiern
In einer Stellungnahme Teherans heißt es, die amerikanischen Behauptungen seien "unbegründet" und "haltlos" - und es sei Aufgabe der Islamischen Republik, "für Sicherheit in der Straße [von Hormus] zu sorgen". Die Vereinten Nationen ließ die Vertretung Irans wissen, ihrer Ansicht nach seien "der ökonomische Krieg und Terrorismus der USA gegen das iranische Volk sowie ihre massive Militärpräsenz in der Region die Hauptursachen für Unsicherheit und Instabilität in der erweiterten Persischen Golfregion".
Zuvor hatte der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif getwittert, die amerikanischen Anschuldigungen dienten seiner Ansicht nach dazu, "Wirtschaftsterrorismus gegen Iran" zu verschleiern. Damit meint er die nach dem amerikanischen Ausstieg aus dem Atomabkommen verhängten neuen Sanktionen, die nicht nur Ölexporte verhindern, sondern den Iran auch vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten haben. Deshalb musste der iranische Fußballmeister Persepolis Teheran seinem kroatischen Trainer Branko Ivanković am Mittwoch 600.000 Euro Restgehalt im Bargeldkoffer zum Mitnehmen anbieten. Ob sich Carlos Queiroz, Winfried Schäfer und der neue iranische Nationalmannschaftstrainer Marc Wilmots auf solche Zahlungsmodalitäten einlassen, ist noch unklar.
Darüber hinaus wirft Sarif den USA vor, die Anschuldigungen sollten "diplomatische Bemühungen sabotieren". Dass ein japanisches Schiff beschädigt wurde, hat seinen Mutmaßungen nach auch etwas damit zu tun, dass der japanische Ministerpräsidenten Shinzo Abe gerade einen Staatsbesuch in Teheran absolvierte. Er hatte eine Botschaft von US-Präsident Donald Trump im Gepäck, bekam aber vom Oberayatollah Ali Khamenei eine Abfuhr.