"Was bist Du bereit, für Geld zu tun?"

"Big Brother"-Show setzt im deutschen TV neue stinkende Maßstäbe

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Jetzt ist im deutschen Fernsehen eine weitere Grenze feucht-nass überschritten wurden. Und wieder einmal von der RTL2-Sendung "Big Brother". Vor laufender Kamera urinierte am späten Montagabend ein Insasse dieser Container-Show in die Hose, um sich dadurch den Gewinn, einen PKW im Werte von 25.000 Euro, zu sichern. Anlass war das Spiel "Touch the Car", das um 20.15 Uhr gestartet und erst am Dienstagmorgen kurz nach sieben Uhr beendet wurde.

Die Versuchsanleitung dieses so genannten Spiels liest sich auf bigbrother.de wie folgt:

Die Bewohner müssen mit mindestens einer Hand (die gesamte Handfläche und alle Finger) das Auto berühren. Die Hände können aber auch gewechselt werden. Bei einem Handwechsel zum Beispiel dürfen die Spieler das Auto auch mit zwei Händen berühren. Außerdem müssen die Spieler stehen. Das heißt, sie dürfen weder in die Hocke gehen, noch liegen. Zusätzlich darf der Geländewagen mit Allradantrieb nur mit den Händen oder einer Hand berührt werden und mit keinem anderen Körperteil. Wer auf die Toilette muss oder irgendeinen anderen Grund hat, die Hände vom Auto zu nehmen, ist ausgeschieden! (...)

Die Beschreibung klingt zwar harmlos, aber offenbar wollten die Verantwortlichen mit dem ausdrücklich erlassenen Toilettenverbot austesten, wie weit ihre Kandidaten bereit sind zu gehen. Wer die Container-Insassen bisher hat agieren sehen, dem hätte allerdings klar sein müssen, dass zumindest einige auch nicht davor zurückschrecken würden, vor der Kamera in die Hose zu machen. Genau das geschah dann auch in einem Fall, was dem männlichen Kandidaten umgehend den von Fans dieser Show verliehenen Titel "Pisser der Nation" einbrachte. Eine mehr als anrüchige Bezeichnung, mit dem der Gute nun erst einmal eine Zeitlang leben muss.

Dass RTL 2 als Veranstalter und die Sender Premiere sowie Tele 5, die das fragwürdige Spektakel live und in Nahaufnahme übertrugen, diese öffentliche schamlose Zurschaustellung eines Menschen nicht rechtzeitig abbrachen, setzt im deutschen TV neue Maßstäbe. Zwar hat jedermann das Recht seine Würde und seinen Ruf für ein Auto aufs Spiel zu setzen, aber gleichzeitig fühlten sich die TV-Sender bisher jedenfalls verpflichtet, ihre Kandidaten notfalls vor sich selber zu schützen. Ein ungeschriebenes Gesetz, das hier offenbar bewusst gebrochen wurde - aus Gründen der Einschaltquote und um wohl einfach mal zu testen, wie weit man zukünftig in einer Unterhaltungssendung gehen darf.

Falls die gestrigen Big-Brother-Wasserspiele keine ernsthaften Sanktionen durch die Landesmedienanstalten zur Folge habe sollten, werden gewiss bald weitere Shows folgen, in denen Kandidaten ihre Würde gegen Bares verkaufen werden ­ Motto: "Was bist Du bereit, für Geld zu tun?" Und dann wird auch bald das erlaubt sein, was am gestrigen Montagabend einem Kandidaten ausdrücklich noch verboten wurde: in die Hose zu scheißen. Angesichts dieser mächtig zum Himmel stinkenden Shows kann man eigentlich nur froh sein, dass es noch kein Geruchsfernsehen gibt.