Was ist los in Kuba?
Seite 2: Wer spricht für Kubas Zivilgesellschaft?
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Diese Oppositionsgruppen geben vor, die Stimme der Zivilgesellschaft zu sein, aber sie repräsentieren kein bestimmtes gesellschaftliches Segment. Vielmehr sind sie Kleinstparteien, die kaum in der Lage sind, Allianzen zu bilden. Das ist eine weitere Facette ihres paradoxen Status als Opposition seit den 1960er-Jahren.
Diese "verwaiste Opposition" wurde von einigen politischen Sponsoren im US-Kongress übernommen, was ihre Legitimität unter den Kubanern weiter geschwächt hat. Sie haben es dabei auch geschafft, das Mitgefühl normaler Bürger in Kuba und im Ausland zu wecken, die aus humanitären Gründen Mitleid mit ihrer Situation haben.
Der Umgang kubanischer Politiker mit dieser politisch heterogenen Opposition ist niemals besonders effektiv gewesen. Es ist ihnen auch nicht gelungen, diejenigen zu gewinnen, die diese Gruppen aus humanitären Gründen unterstützen. Vielmehr war der politische Umgang, wie wir jetzt sehen, kontraproduktiv, weil er diese Opposition größer aussehen lässt, als sie ist, weil er sie eine Opferrolle wahrnehmen lässt, die ihr nicht zukommt.
Wenn diese Gruppen und ihre Verbündeten im Ausland Druck auf die kubanische Regierung fordern, versuchen sie offensichtlich, sie zu zwingen, eine liberale politische und wirtschaftliche Agenda anzunehmen. Aber wir alle wissen, dass die kubanische Regierung nicht vorgibt, liberal zu sein und es auch nicht ist.
Dieser politische Druck ist zu oft gescheitert, um zu glauben, dass diejenigen, die ihn weiterhin ausüben, sich seiner kontraproduktiven Wirkung nicht bewusst sind. Wenn also diese Dissidenten und ihre Verbündeten nicht in der Lage sind, das Regime zu destabilisieren, was ist dann ihr eigentliches Ziel?
Offensichtlich geht es darum, den Weg zur Renormalisierung zu untergraben, sowohl in den USA als auch in Kuba. Denn solcher Druck von außen führt zu verhärteten Positionen bei den Gruppen, die sich auf beiden Seiten gegen den Austausch stellen. Und weil endlose Konflikte ein profitables Geschäft für Hardliner sind, in Washington und Havanna, besonders aber in Miami.
Zwei Monate bevor Joseph Biden sein Amt antrat, machte eine kleine Gruppe dissidenter Künstler Schlagzeilen in den Medien der kubanischen Opposition. Sie behaupteten, die Zensur zu bekämpfen und die Afrokubaner in San Isidro, einem Armenviertel in Alt-Havanna, zu vertreten.
Biden wurde auf Trump-Kurs gebracht
Diese Gruppe von politisch aktivistischen Künstlern, oder "Artivisten", wie sie sich selbst nennen, arbeitete trotz allem weiter, ebenso wie die 19 regierungsfeindlichen digitalen Medien. Natürlich wurden sie von der Staatssicherheit und der Polizei verhört und stunden- oder tagelang festgehalten, weil sie gegen das Dekret 360 verstoßen hatten, das sie für illegal erklärt. Die meisten von ihnen wurden jedoch nicht vor Gericht gestellt und zu Gefängnisstrafen verurteilt, wie es in China und Vietnam der Fall gewesen wäre.
In Bezug auf die Kommunistische Partei und die kubanische Regierung liegt die wahrgenommene Bedrohung durch diese Gruppen und die oppositionellen Medien nicht in ihrer tatsächlichen Fähigkeit, die politische Macht herauszufordern, sondern in ihrem Anspruch, die Rolle von "Bidens kubanischer Zivilgesellschaft in einem freien Kuba" zu spielen.
In der Tat zielen diese Gruppen die Verlängerung des Trumpismus ab. Sie nehmen die bilateralen Beziehungen als Geisel, um die Normalisierung zu untergraben.
Die jüngsten Szenarien einer "humanitären Intervention in Kuba", die von Politikern aus Florida und Mitgliedern des Kongresses in Umlauf gebracht wurden, erweitern den bestehenden politischen Disput um den nationalen Sicherheitsfaktor.
Unter dem akkumulierten Druck von interner Krise und externen Forderungen gestaltet sich die Aufgabe schwierig, eine ausgewogene, maßvolle und moderate Regierungsführung aufrechtzuerhalten.
Im Vergleich zu anderen Ländern in ähnlichen Situationen haben die kubanische Regierung und ihre Unterstützer auf die jüngste Protestwelle und ihre Gewalt mit minimaler Gewalt geantwortet.
Die bewährte Fähigkeit der Opposition, digitale Netzwerke zu nutzen, ermöglichte es ihr jedoch, bei ihrem eigentlichen Ziel zu punkten: Sie erreichten eine Verlängerung der von Trump verhängten Sanktionen unter Biden, einschließlich der privaten Geldüberweisungen auf die Insel, unter Biden zu erwirken. Sie erreichten auch, dass Biden die Proteste als "klaren Ruf nach Freiheit" bezeichnet und neue Personensanktionen verhängt.
Wenn Washington wirklich die Sorge um Freiheit und Menschenrechte antreibt, sollte die Biden-Regierung die kubanische Regierung einbinden. Sich an die Illusion einer trump-ähnlichen Politik zu klammern, die den Wandel von außen erzwingen oder einen handlungsfähigen Akteur unter der zersplitterten und widersprüchlichen Opposition der Insel zu finden, wird wenig produktiv sein, wenn man eine Politik der Reformen in Kuba unterstützen will.
Rafael Hernández ist Chefredakteur der kubanischen soziologischen Fachzeitschrift Temas. Er lebt und arbeitet in Havanna.
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