Was ist, wenn China nicht aufsteigt und dadurch gefährlicher wird?

Die Wächterlöwen in China stehen für Kraft und Macht. Bild: Maysam Yabandeh / CCO

In ihrem neuen Buch "Danger Zone" stellen Brands und Beckley Vergleiche zu Deutschland und Japan her, um zu argumentieren, warum Peking möglicherweise einen Konflikt sucht. Doch man sollte vorsichtig mit Schlussfolgerungen sein.

Viele, vielleicht sogar die meisten westlichen China-Beobachter glauben, dass Peking und Washington in einen langfristigen historischen Kampf um die künftige Gestaltung der internationalen Ordnung verwickelt sind.

Ob als "hundertjähriger Marathon", als "langes Spiel" oder als globaler Wettkampf bezeichnet – die Befürworter der These vom langen Marsch neigen zu der Annahme, dass ein aufstrebendes China sich auf die Suche nach der geopolitischen Vorherrschaft gemacht hat und diesen Weg so lange fortsetzen wird, bis es entweder sein Ziel erreicht hat oder endgültig daran gehindert wird.

Eine notwendige Folge dieser Überzeugung ist, dass dieser Kampf um die globale Vorherrschaft die sehr reale Aussicht auf einen Krieg zwischen dem derzeitigen Hegemon und dem aufstrebenden Herausforderer mit sich bringt, wahrscheinlich um die Mitte des Jahrhunderts, wenn die Dynamik des Machtwechsels ihren unvermeidlichen Höhepunkt erreicht.

Andrew Latham ist Professor für Internationale Beziehungen und Politische Theorie am US-College in St. Paul

In ihrem kürzlich erschienenen Buch "Danger Zone: The Coming Conflict with China" stellen Hal Brands und Michael Beckley wichtige Aspekte dieser weit verbreiteten Ansicht infrage. Auf die Gefahr hin, zu sehr zu vereinfachen, argumentieren sie, dass China keine aufstrebende Macht ist, zumindest nicht in dem Sinne, dass es sich auf einem linearen Weg befindet, immer wohlhabender und mächtiger zu werden und vielleicht eines Tages die Vorherrschaft zu übernehmen.

Vielmehr ist es eine schwankende Macht, die zunächst straucheln und dann an Kraft abnehmen wird, zumindest relativ gesehen. Diese sich abzeichnende Trendwende sei weder eine entfernte Möglichkeit noch eine, die von einem politischen Fehler der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) abhängt. Sie sei in Chinas Demografie und Wirtschaft fest verankert und werde durch die Logik des geopolitischen Gegengewichts verstärkt.

Nach Ansicht der Autoren kann die chinesische Führung derzeit einfach nichts tun, um die sogenannte "Falle des mittleren Einkommens" zu vermeiden, also der drohenden Entwicklung zu entkommen, "alt zu werden, bevor man reich wird". Auch ist die kommunistische Partei machtlos gegenüber den Bemühungen schwächerer Nachbarn, sich zusammenzuschließen, um das ihrer Ansicht nach zunehmend bedrohliche China in Schach zu halten. Einfach ausgedrückt: Auch wenn Chinas Stern noch aufzusteigen scheint, hat er seinen Höhepunkt erreicht. Und das lange bevor es die Vereinigten Staaten als globalen oder sogar regionalen Hegemon abgelöst hat.

Auch wenn dies wie ein Segen erscheinen mag, so argumentieren Brands und Beckley, ist ein schwächelndes China, wenn man sich an der Geschichte orientiert, wahrscheinlich alles andere als ein Segen. Man denke an die beiden historischen Fälle Deutschland 1914 und Japan 1941. In beiden Fällen begann eine aufstrebende Macht – eine Macht, die zunehmend wohlhabend wurde und ihren rechtmäßigen Platz an der Sonne beanspruchen wollte – an Boden zu verlieren, im deutschen Fall demografisch, im japanischen Fall strategisch.

Da beide Mächte erkannten, dass sich ihre relative Machtposition im Laufe der Zeit verschlechtern würde, beschlossen sie, Kriege zu beginnen, von denen sie wussten, dass sie nur geringe Chancen hatten, sie zu gewinnen. Denn sie ahnten, dass ihre Aussichten mit jedem Jahr schlechter werden würden. In beiden Fällen unternahm der globale Herausforderer einen verzweifelten Versuch, seine relative Machtposition zu festigen, indem er einen Krieg startete, um das internationale System zu seinen Gunsten neu zu ordnen.

In keinem der beiden Fälle wurde der Krieg dadurch ausgelöst, dass aufstrebende Mächte eine günstige Gelegenheit für sich nutzen konnten, die durch einen tatsächlichen militärischen Vorteil entstanden war. Vielmehr wurde der Krieg durch einen festgefahrenen aufstrebenden Staat verursacht, der sich in einem aktuellen oder drohenden militärischen Nachteil befand und trotz dieses Nachteils angriff, weil es die am wenigsten schlechte von mehreren sehr schlechten Optionen war.