Was lange wirbt, wird endlich gut?
Seite 4: Besteuerung von Werbung
Mittlerweile wird jede noch so nebensächliche Dienstleistung besteuert - aber nicht das Milliardengeschäft der Werbung. Wenn wir Werbung mit 20 Prozent versteuerten, würde erstens mehr Geld für soziale Belange zur Verfügung stehen. Und zweitens würde sich die bloße Masse der Werbung verringern. Damit der kleine Tante-Emma-Laden oder der Kleinverlag weiterhin kostengünstig werben kann, sollte es einen Freibetrag von vielleicht 5.000 Euro pro Werbung geben. Darüber hinaus sollte der Staat keine Werbung mehr subventionieren, sprich, es sollte Großkonzernen nicht mehr möglich sein, ihre Werbekosten steuerlich abzuschreiben.
Einen anderen Weg geht die brasilianische Metropople São Paulo, in der 2006 das "Clean City Law" erlassen wurde. Über 15.000 Werbetafeln ließ die Stadt entfernen. Viele Bewohner sagten, es fühle sich an, als lebten sie in einer neuen Stadt. Ähnliches berichten die Bewohner des französischen Grenoble, wo Bürgermeister Eric Piolle seit 2014 unter dem selbsterklärenden Slogan "Bäume statt Werbetafeln" die Werbeflut im öffentlichen Raum eindämmt. Hierzulande verfolgt die Aktion "Berlin werbefrei" vergleichbare Ziele, 2019 soll es einen Volksentscheid geben.
Einer der ersten Facebook-Mitarbeiter, Jeff Hammerbacher, sagte über die Bullshitjobs bei seinem ehemaligen Arbeitgeber: "Die klügsten Köpfe meiner Generation denken darüber nach, wie sie Menschen dazu bewegen können, auf Werbeanzeigen zu klicken. Das ist scheiße."
Tja, "life is bitter", würden manche dazu sagen. Es wäre aber auch schön, wenn die klügsten Köpfe endlich über wichtigere Dinge nachdenken würden.
Patrick Spät lebt als freier Journalist und Buchautor in Berlin.