Was wir vom Rätsel Bewusstsein lernen können
Seite 3: Zusammenfassung und Ausblick
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Wir stehen am Ende einer philosophischen Reise, die doch nur einen Anfang markiert: den Anfang unseres zukünftigen Lebens.
Wir sprachen über Materialismus, Dualismus, Reduktionismus, Physikalismus und Naturalismus. Wir haben etwas über den wichtigen Unterschied von Ontologie und Epistemologie (Seins- und Erkenntnislehre) gelernt. Wir haben uns kritisch mit (natur-) wissenschaftlichen Erklärungen auseinandergesetzt. Wir haben gelernt, dass selbst dann, wenn es eine naturwissenschaftliche Erklärung des Bewusstseins gäbe, diese uns keine Orientierung bieten würde.
Die philosophische Frage nach dem tiefsten Wesen der Welt ist wahrscheinlich unentscheidbar; darum wird sie seit über 2.000 Jahren immer wieder neu gestellt. Wer die Welt mit dem identifizieren will, was sich (natur-) wissenschaftlich erklären lässt, der darf das tun, sollte andere Standpunkte - und damit den größten Teil der Menschheit - aber nicht aus der Diskussion ausschließen.
Immerhin sind angesichts der Herausforderungen von Bevölkerungswachstum, Erderwärmung und sozialer Ungleichheit, um nur ein paar Beispiele herauszupicken, konstruktive Lösungen für ein friedliches Miteinander dringender dann je. Zudem hört derjenige auf, zu lernen, der meint, schon alles zu wissen.
Wir haben im Westen eine hochentwickelte Technologie - doch haben wir wirklich gelernt, sie überwiegend zum Wohl von Mensch und Natur einzusetzen? Und hat die Technologie nicht an vielen, viel zu vielen Stellen neue, noch größere Probleme geschaffen? Haben wir nicht einen hohen, viel zu hohen Preis dafür bezahlt, alles Subjektive aus der Wissenschaft auszuschließen?
Bescheidenheit
Ein Blick auf die Welt sollte uns eher bescheidener werden lassen. In der seit über einem Jahr andauernden Corona-Pandemie wird schon das Loblied auf die Wissenschaft gesungen: Immerhin habe man noch nie so schnell einen Impfstoff entwickelt. Diese Meisterleistung - übrigens überwiegend von privatwirtschaftlichen Firmen - stelle ich nicht in Abrede.
Noch ist die Krise aber nicht überwunden. Und wir laufen der Natur immer nur hinterher. Wenn es ungünstige neue Mutationen gibt, stehen wir vielleicht wieder am Anfang. Und die wissenschaftlich-technisch beschleunigte Welt begünstigt die Entstehung und Verbreitung solcher Krankheiten enorm.
Natürlich ist auch die Kritik an Religionen wichtig und muss sie immer wieder erneuert werden. Hierzu gibt es aber seit Feuerbach, Marx, Nietzsche und Freud - also bereits seit dem 19. Jahrhundert - gewichtige Beiträge. Um die Tatsache, dass viele Menschen dennoch spirituelle oder religiöse Orientierung suchen, kommen wir aber nicht herum.
Das lässt sich nicht bloß damit ändern, wie immer noch viel zu viele Materialisten und Naturalisten zu glauben scheinen, diesen Menschen genügend "Fakten" zu vermitteln. Diese Haltung zeugt selbst von einem Mangel an psychologischem Wissen. Und die auch von Richard Dawkins und anderen Naturalisten vorangetriebene Spaltung in "Supers" (damit sind Aber- bzw. Gottgläubige gemeint) und "Brights" (wörtlich: die Schlauen) polarisiert die Gesellschaft immer weiter. Lassen wir diese Spaltung hinter uns und werden wir alle zusammen "Super-Bright", superschlau.
Wir haben im Westen insbesondere auch Philosophie, Soziologie und Psychologie von Spiritualität und Religion getrennt, was so in vielen asiatischen Kulturen nicht der Fall ist. In vielen asiatischen Ländern erwartet man von Philosophie und Psychologie Antworten für das Leben - wofür hat man sie sonst? Das dürfte einen Teil des heutigen Reizes für so viele Westler erklären.
Für die Trennung dieser Bereiche im Westen gibt es natürlich historische wie fachliche Gründe - aber wenn Philosophen nur noch Begriffe analysieren, Psychologen nur noch das am einfachsten Messbare erforschen oder, um es mit dem Universitätsaussteiger Hans Harbers zu sagen, hochspezialisierte Wissenschaftler nur noch die Fragen beantworten, die sie einander stellen, dann ist uns etwas Wertvolles verlorengegangen.
Die gute Nachricht ist, dass wir von anderen Kulturen sowie unserer eigenen Geschichte lernen können, dass es auch anders geht. Es wäre nicht das erste Mal. Die Zukunft der Menschheit und der Welt sollte es uns wert sein.