Washingtons Regime-Change-Spiel mit Venezuela
Senat beschließt Anti-Maduro-Gesetz, das Südkommando legt den Boden zur Legitimation einer Intervention: Terrorismus in Venezuela
In der Auseinandersetzung um Venezuela ist eine neue Stufe erreicht worden. Präsident Nicholas Maduro, von seinen Gegnern Diktator und Usurpator genannt, hat angeboten, mit der Opposition in einen Dialog einzutreten, was der von den USA gestützte Gegenpräsident Juan Guaidó zurückweist. Teile der Opposition haben sich allerdings mit Vertretern der Regierung in Oslo getroffen, was Brüche in der Opposition zeigt.
Maduro hat zudem nach den Forderungen nach Neuwahlen schlitzohrig angeboten, nicht neue Präsidentschaftswahlen anzusetzen, sondern vorzeitig das Parlament statt 2021 schon 2020 erneut zu wählen. Der hat das Nationalparlament (ANC), in dem die Opposition die Mehrheit erlangt hat, entmachtet und durch die verfassungsgebende Versammlung ersetzt. Guaidó weist auch diese vorgezogenen Parlamentswahlen als "Farce" zurück und wird dabei von der US-Regierung unterstützt. Gefordert wird von Guaidó und der US-Regierung der Rücktritt von Maduro. Dann soll Guaidó als Interimspräsident installiert werden, der dann Neuwahlen vorbereiten soll. Unklar ist, ob nur für den Präsidenten oder auch für das Parlament.
US-Sicherheitsberater John Bolton, der auch einen Umsturzplan im Iran verfolgt, während der Präsident mit den Demokraten und Medien in den USA kämpft und den Handelskrieg mit China pflegt und das Außenministerium sicherheitshalber mal wieder von einem möglichen Giftgasangriff in Syrien schwadroniert, schießt denn auch regelmäßig auf Trump-Manier über Twitter Pfeile nach Venezuela, um Guaidó zu unterstützen. Maduro würde weiterhin "die Stimme des Volkes" fürchten und habe wochenlang den Zugang zum Internet blockiert: "Maduro kämpft verzweifelt darum, von der einzig wirklichen Lösung in Venezuela abzulenken: seinen Abgang."
In den auswärtigen Senatsausschuss wurde der vom demokratischen Senator Menendez und 17 Co-Sponsoren im April eingebrachte exemplarische Gesetzesvorschlag "Verdad" (Wahrheit", eigentlich: "Venezuela Emergency Relief, Democracy Assistance, and Development") einstimmig gebilligt. Das heißt auch, die Demokraten sind ganz d'daccord mit der Regimes-Change-Politik des Weißen Hauses.
Hier wird vom "Maduro-Regime" und von Gesprächen gesprochen, die der Interimspräsident zur Durchführung von freien Präsidentenwahlen nach internationalen Standards durchführen soll. Apodiktisch wird erklärt, dass der Dialog zwischen der Maduro-Regierung und der Opposition zu keinem Ergebnis geführt habe. Beschlossen wurde, dass wieder die angebliche humanitäre Hilfe, auch für Venezolaner in den Nachbarländern, zum politischen Instrument werden soll. Dazu soll eine Strategie ausgearbeitet werden, die auch Ausnahmen für die amerikanischen Hilfslieferungen von den verhängten Sanktionen vorsieht, und das Außenministerium 200 Millionen US-Dollar zur Verfügung stellen.
Wenn Maduro die Lieferung nicht zulässt - dass andere Hilfslieferungen beispielsweise vom Roten Kreuz durchaus ins Land kommen, wird hier nicht erwähnt - , soll der UN-Sicherheitsrat eine entsprechende Resolution beschließen. Zudem sollen die Geheimdienste die Möglichkeiten ausarbeiten, wie sich das "Maduro-Regime" aufbrechen lässt, also das Militär und die Sicherheitskräfte zur Abkehr und zur Anerkennung von Guaidó gebracht werden können. Überdies geht es um die Ausarbeitung einer Strategie, wie die USA mit der Hilfe einer Task Force on Venezuela den Fall von Maduro mit Partnern koordinieren und weiteren Sanktionen fördern können.
In Washington hat der Secret Service die Besetzer der venezolanischen Botschaft nach Stürmung des Gebäudes festgenommen, um den von Guaidó ernannten Botschafter, Carlos Vecchio, zu inthronieren. Das gewaltsame Eindringen in eine Botschaft eines immer noch souveränen Landes ist ziemlich einmalig und eine Verletzung von völkerrechtlichen Abkommen. Guaidó, der weiterhin auf eine militärischen Intervention setzt, um an die Macht zu kommen, nachdem die bislang versuchten Umsturzversuche nicht geklappt haben, trug Vecchio auf, sich mit dem Südkommando des Pentagon zu treffen, um die Lage zu besprechen. Das Südkommando wäre zuständig, wenn die USA auch militärisch intervenieren wollen.
Was auch immer bei den Gesprächen herausgekommen sein mag, so hat der Kommandeur des Südkommandos, Admiral Craig Faller, schon einmal die Weichen zur Legitimation einer Intervention während einer Veranstaltung über Sicherheit in Lateienmarika der Florida International University gelegt. Faller versicherte, dass die Politik der US-Regierung, Druck auf Caracas auszuüben, Erfolge zeige. Er sprach von Hinweisen auf eine "Invasion", durch die von Ärzten bis Spionen Kubaner Posten in Venezuela besetzt hätten. Es handele sich um eine "signifikante Zahl". Dazu kämen russische Soldaten und chinesische Hilfe.
Und weil das nicht reicht, behauptete er, dass mehr Drogen aus Kolumbien über Venezuela in die USA kommen und das Regime sich immer stärker auf den Drogenhandel stütze. Vom Südkommando wird hervorgehoben, dass Venezuela zu einem "Hafen" geworden sei, in dem "die Terroristen der FARC-Dissidenten, die Terroristen der ELN und die Drogenhändler frei operieren" können: "Jedes Sicherheitsproblem der Region wird durch die Krise in Venezuela verstärkt und kompliziert." Und dazu gehe es auch noch um einen Machtkampf der Großmächte in Lateinamerika: "Wir sehen, dass Russland Tag für Tag Desinformation verbreitet." Das sagen ausgerechnet diejenigen, die dies in großem Stil mit dem direkten Ziel eines Regierungssturzes im eigenen Interesse auch machen. Korruption sei in der Region ein Problem der nationalen Sicherheit, Großmächte würden sie als Mittel für ihre autokratischen Ziele einsetzen.
Natürlich sagte Faller, die USA würden sich um einen friedlichen Übergang bemühen, aber er versicherte auch, dass man sich auf jedes Szenario vorbereite. Derzeit sei das die Unterstützung für eine künftige "legitime Regierung". Dabei arbeite man vor allem mit Kolumbien und Brasilien zusammen. Das US-Militär würde aber niemals sagen, was es machen werde.