Wasserkraft ist nur im Kleinen ökologisch
Mächtige Staudämme zerstören mehr, als sie einbringen
Staudämme können selten den dafür getriebenen Aufwand und die anfallen Kosten rechtfertigen, weil ihr Nutzen gering ist. Dafür kommt es zur zunehmenden Ablagerung von Sedimenten in den großen Flüssen.
James Syvitski und Mitarbeiter von der Universität Bolder in Colorado haben nach einem Bericht in Science die Flüsse der Welt untersucht und dabei festgestellt, dass das Wasser nicht mehr wie vor 50 Jahren 2,3 Milliarden Tonnen Feststoffe jährlich ins Meer trägt, sondern gerade noch 1,4 Milliarden Tonnen. Sedimente von 100 Milliarden Tonnen und 1-3 Milliarden Tonnen Kohlenstoff wurden deshalb durch die zahlreichen Staudämme zurückgehalten. Allen voran sind die großen Flüsse in Afrika und Asien betroffen.
Zur Zeit gibt es mehr als 45000 Staudämme mit einer Staumauer über 15 Meter Länge wie Christer Nilsson und Mitarbeiter von der Landscape Ecology Group in Umea (Schweden) in Science berichten. Über 300 Staudämme werden als "Großstaudämme" bezeichnet, weil sie entweder eine Mauer von über 150 Metern aufweisen, oder mehr als 15 Millionen Kubikmeter Wasser fassen können.
Tatsächlich drainieren 292 Flüsse mit Staudämmen 54 Prozent der Erde. Die größte Flussregulation wurde am Volta-System Afrikas gefunden, und sie beträgt 428 Prozent. Das bedeutet, dass die Speicherkapazität mehr als das dreifache des jährlichen Durchflusses ausmacht. In Nordamerika sind der kanadische Manicougan-Fluß und in den USA der Colorado mit mehr als 250 Prozent die großen Speicher, in Südamerika der Rio Negro in Argentinien (140 Prozent). In Asien werden der Euphrat-Tigris (124 Prozent) und der Mekong (130 Prozent) als Speicher benutzt.
Die weltweite Planung sieht noch 46 große Staudämme vor: in China am Jangtsekiang, in Südamerika am Rio de la Plata, im Mittleren Osten am Euphrat-Tigris und in Indien am Gangessystem.
Ob die Staudämme von Nutzen sind?
Zumindest in China sind Unruhen bekannt, die mit der Bildung von Staudämmen am Jangtsekiang verbunden waren: Anwohner, die in großer Zahl "einfach so" ihre angestammte Heimat verlassen mussten, protestierten. Auch in Indien sind die Menschen nicht gefragt worden, ob sie einen Staudamm haben wollen. Die politischen Entscheidungen werden in den Köpfen einiger weniger geboren und dienen nur den wenigen, die an der wirtschaftlichen Ausbeute beteiligt sind.
Die kritischen Stimmen sind nicht zu überhören. Das Beispiel sind die vielfältigen Vorschläge zum Pick-Sloan-Plan. Trotz des alles umfassenden Ansatzes, der seit 1944 bis heute im Fluss ist, sind immer mehr Fragen offen geblieben als gelöst wurden.
Die Bemühungen, den Mississippi zu kultivieren, haben vieles in Frage gestellt. So erfüllen Staudämme, die für die Landbewässerung konzipiert werden, nur selten ihr Ziel, weil sie ihre Kosten selten einbringen und auch wirtschaftlich weniger überzeugend sind, als ursprünglich erwartet.
Staudämme für die Stromerzeugung können ihrem Leistungsziel zwar in aller Regel nachkommen und sind auch finanziell attraktiv. Gleichwohl müssen diejenigen, die umgesiedelt werden, gerecht entschädigt werden. Was in China und Indien, den Ländern mit den meisten Staudämmen, wohl kaum geschieht.
Staudämme, die dem Hochwasserschutz dienen, haben ihre Funktion generell erfüllt. Allerdings setzen sie viele Menschen dennoch weiteren Flutgefahren aus, weil diese nämlich glauben, dass sie sich in den früheren hochwassergefährdeten Gebieten ansiedeln können. Im Laufe der Zeit kann sich der Stausee unerwartet öffnen, oder er wird gar von kriegerischen Auseinandersetzungen heimgesucht.
Dass mit Großstaudämmen ein Verlust der Lebensräume für Tiere und Pflanzenarten einhergeht, ist nur zu gut bekannt. Ferner sind auch Fischbestände oberhalb und unterhalb des Staudamms sowie die Nutzung von Überschwemmungsgebieten und Feuchtgebieten betroffen. Die Ökosysteme am Unterlauf des Flusses, im Mündungsgebiet und im nahegelegenen Küstenbereich leiden beträchtlich. Und schließlich sind die kumulativen Auswirkungen auf die Wasserqualität besonders in Flüssen mit mehreren Staudämmen zu berücksichtigen.
Unter dem Strich werden die Auswirkungen auf die Ökosysteme eher negativ als positiv bewertet und haben in vielen Fällen zu einem erheblichen und nicht umkehrbaren Verlust an Tier- und Pflanzenarten sowie Ökosystemen geführt. Ferner gehen jahrhunderte alte Traditionen verloren. Ein erschreckendes Beispiel ist der Nil: Er hat mit seiner Regulierung die unbändige Kraft verloren - wie man heute weiß, zum Schaden aller.