Weibliche Präsenz als taktische Variante
Friedensaktivisten fordern mit einem Menschenrechtsmarsch durch Israel und Palästina "end the occupation"
Am Samstag wollen Friedensaktivisten in Tel Aviv einen dreiwöchigen Menschenrechtsmarsch durch Israel und Palästina beginnen. Die Aachenerin Ursula Finken nimmt daran teil. Telepolis sprach kurz vor ihrer Abreise mit ihr. Die 58-Jährige engagiert sich seit 30 Jahren in der Friedenbewegung und nahm schon an ähnlichen, internationalen Friedensaktionen teil.
Warum wollen rund 250 Friedensaktivisten in der Krisenregion des Nahen Ostens demonstrieren?
Ursula Finken: Wir sind überzeugt davon, dass nur ein breites ziviles Engagement die verhärteten Fronten in Bewegung bringen kann - auf beiden Seiten des Konflikts. Der kürzlich symbolisch unterzeichnete Genfer Friedensplan hat uns ermutigt, weil ihn Zivilpersonen und nicht Regierungen ins Leben gerufen haben. Noch nie wurden in der Region Friedensfragen so intensiv öffentlich diskutiert wie heute.
Wer hat den Menschenrechtsmarsch organisiert und welche Ziele werden verfolgt?
Ursula Finken: Initiiert wurde der internationale Marsch von Frauen aus der norwegischen Hauptstadt Oslo und aus der israelischen Friedensbewegung. Das gemeinsame Ziel und Motto, das ebenso palästinensische Frauenorganisationen unterstützen, lautet: "end the occupation". Auf Deutsch also: Das israelische Militär soll die Besatzung der Palästinensergebiete beenden. Der Marsch richtet sich auch gegen den Bau des Trennzaunes, mit dem Israel die Palästinensergebiete abriegeln will.
Beteiligen sich nur Frauen an der Aktion?
Ursula Finken: Zwar werden wir logistisch auch von Männern unterstützt, indes haben wir diese Menschenrechtsaktion als Frauenmarsch konzipiert. Das liegt daran, dass es bei ähnlichen, spontaner durchgeführten Protestaktionen in den vergangenen Jahren von Seiten der Passanten und Militärs besonders gegenüber Männern zu Übergriffen gekommen ist. Wir hoffen - sozusagen eine Art taktische Variante - durch die weibliche Präsenz von vornherein Aggressionen verhindern oder zumindest mindern zu können.
Sie wollen auch an den Checkpoints zwischen Israel und den Palästinensergebieten demonstrieren. Die diesjährige Trägerin des Aachener Friedenspreises, die Palästinenserin Nabila Espanioly (vgl. "Hoffnungsträger" für den "Frieden zwischen Juden und Palästinensern"), berichtete davon, dass das israelische Militär bei Friedendemonstrationen auch mit Gewalt gegen Protestierende vorgegangen ist. Was glauben Sie, erwartet Sie?
Ursula Finken: Das ist schwer zu sagen, weil die jeweiligen Situationen an den Checkpoints von Tag zu Tag verschieden sind. Das liegt teilweise auch daran, wie erfahren die Soldaten im Umgang mit Demonstrationen sind.
Ist die Aktion überhaupt regulär angemeldet? Kann es nicht schon zu Problemen während der Einreise kommen?
Ursula Finken: Alle wichtigen diplomatischen Stellen wurden informiert. Trotzdem wird es für einige der Friedensaktivistinnen schwierig werden, in Israel einzureisen. Viele haben die israelischen Botschaften in den Heimatländern nicht offiziell konsultiert. Da es in der letzen Zeit öfters zu Verhaftungen und Abschiebungen von Friedenaktivisten gekommen ist, wollten sie dies vermeiden, indem sie etwa als Touristen einreisen.
Die Teilnehmer kommen aus aller Welt. Sind Sie die einzige Deutsche?
Ursula Finken: Es nehmen meines Wissens nach noch drei junge Frauen aus Berlin teil.
Militäraktionen von der einen, Selbstmordattentate von der anderen Seite. Haben Sie Angst?
Ursula Finken: Natürlich. Ich vertraue aber den Organisatorinnen, dass sie uns genügend abgesichert haben. Man sollte aber anmerken, dass von palästinensischer Seite - etwa durch die radikalislamische Organisationen Hamas - bisher kaum Gefahr gegenüber Friedensaktivisten ausging. Durch das Vorgehen des israelischen Militärs kamen aber schon Aktivisten zu Tode, etwa die im März diesen Jahres von einer Bulldozer überrollte, US-amerikanische Friedensaktivistin Rachel Corey ("Dummheit: Sich vor einen Bulldozer setzen, um Terroristen zu schützen").