Weitere Wahlerfolge für Grüne

Unklar ist, wie viele Wähler erst im letzten Moment gemerkt haben, dass Winfried Kretschmann gar kein CDU-Mitglied ist. Foto: Olaf Kosinsky / CC BY-SA 3.0

Auch bei den hessischen Kommunal-, Kreis- und Gemeindewahlen fährt die ehemalige Friedens- und Ökopartei gute Ergebnisse ein. CDU verliert "desaströs" in Baden-Württemberg

Während die Grünen bei den Landtagswahlen am Sonntag in Baden-Württemberg klar gewonnen und in Rheinland-Pfalz deutlich zugelegt haben, sind sie bei den hessischen Kommunal- und Gemeindewahlen wohl auch in einigen Großstädten stärkste Kraft geworden. Ein Trendergebnis für das gesamte Bundesland kann zwar nach Angaben des Hessischen Statistischen Landesamts frühestens um die Mittagszeit veröffentlicht werden, da in einzelnen Wahlbezirken in der Nacht die Auszählung gestoppt und keine vollständigen Ergebnisse übermittelt wurden.

Allerdings lagen die Grünen in Hessens größter Stadt Frankfurt am Main zuletzt mit 25,6 Prozent deutlich vor der CDU, die 23,5 Prozent erreichte, und der SPD mit 16,6 Prozent, wie die Frankfurter Neue Presse in den frühen Morgenstunden online berichtete. Gegenüber 2016 hätten die Grünen somit gut zehn Prozentpunkte zugelegt, die CDU allerdings nur 0,6 Prozentpunkte verloren. Die SPD musste mit einem Minus von 7,2 Prozentpunkten in Frankfurt mehr Federn lassen. Die FDP konnte sich mit 8,1 Prozent um 0,6 Prozentpunkte verbessern, die AfD verlor drei Prozentpunkte und lag bei 5,9 Prozent. Die Linke verlor dagegen nur 0,4 Prozentpunkte leicht und kam auf 7,6 Prozent.

Kassel: Grüne vorn, SPD rutscht deutlich ab

Für die Stadt Kassel liegt bereits ein Trendergebnis vor: Demnach konnten sich die Grünen im Vergleich zu 2016 um mehr als zehn Prozentpunkte verbessern, wurden mit 28,2 Prozent stärkste Kraft und überholten damit deutlich die SPD, die von 29,5 auf 24,8 Prozent abrutschte. Die CDU verschlechterte sich dagegen in Kassel nur um 0,1 Prozentpunkte und landete bei 20,6 Prozent. Die Linke erreichte hier 10,6 Prozent, die AfD 6,8 und die FDP 5,3 Prozent. Die Freien Wähler kamen auf 2,1 Prozent.

Wiesbaden: CDU behauptet sich knapp als stärkste Kraft

Laut dem Trendergebnis für die Landeshauptstadt Wiesbaden liegt die CDU dort mit 23,2 Prozent knapp vor den Grünen mit 21,7 Prozent, gefolgt von der SPD mit 19,7 Prozent, der FDP mit 10,8 Prozent und der AfD mit 8,0 Prozent. Die Linke erreicht demnach in Wiesbaden 5,9 Prozent, die Partei Volt 3,6 Prozent, die Partei Pro Auto 1,5 Prozent und die Bürgerliste Wiesbaden 1,1 Prozent. Auch die zuletzt genannten Kleinparteien hätten damit Mandate gewonnen, da es bei den Gemeindewahlen keine Fünf-Prozent-Hürde gibt.

In absoluten Zahlen muss demnach die SPD die größten Verluste in Wiesbaden die SPD hinnehmen, da sie 2016 noch 25,9 Prozent erreicht hatte und somit 6,2 Prozentpunkte verlor. Die AfD allerdings rutschte von einem zweistelligen 12,8-Prozent-Ergebnis auf ein einstelliges ab. Bei den Trendergebnissen sind allerdings nur die Stimmzettel berücksichtigt, bei denen ein Wahlvorschlag unverändert angenommen und die Liste angekreuzt wurde. Mit der Auszählung von kumulierten und panaschierten Stimmen wurde erst an diesem Montag begonnen.

Das "Wunder" von Baden-Württemberg

Als Ausdruck einer echten "Wechselstimmung" sind die aktuellen Wahlsiege der Grünen aber kaum zu werten. In Hessen regiert auf Landesebene ein "schwarz-grünes" Bündnis, das sich mit dem Weiterbau der Autobahn A49 und der Abholzung im Dannenröder Wald zumindest in der aktiven Umweltbewegung keine Freunde gemacht hat.

Baden-Württembergs grüner Landesvater Winfried Kretschmann regiert das südwestdeutsche Bundesland seit zehn Jahren und hat sich nicht anders verhalten als Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU, als es im vergangenen Jahr darum ging, der Autoindustrie mit Kaufprämien auch für "Verbrenner" aus der Krise zu helfen. 3.000 Euro sollte es für moderne "Benziner" und Dieselfahrzeuge ab Schadstoffklasse 6d-Temp geben, sogar 4.000 Euro zusätzlich für Plug-in-Hybride, Elektro- und Wasserstoffautos - auf diese Forderung hatten sich Kretschmann, Söder und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im April 2020 geeinigt. Allerdings gab es dann doch nur eine Kaufprämie für Elektroautos.

Verstärkter Trend zum Nichtwählen

Trotz dieser Abkehr von ursprünglichen Idealen fuhren die Grünen als ehemalige Friedens- und Ökopartei bei der Landtagswahl am Sonntag in Baden-Württemberg mit 32,6 Prozent ein Rekordergebnis ein. Nach Analysen von Infratest dimap haben sich auch einige frühere CDU- und AfD-Wähler für sie entschieden. Eine Abwanderung von den Grünen fand dagegen ins Lager der Nichtwähler und der "Sonstigen" sowie zur FDP hin statt. Von der Protestwahlmöglichkeit "Klimaliste Baden-Württemberg" machten nur 0,9 Prozent der Wählerinnen und Wähler Gebrauch. Die Linke konnte sich im "Ländle" zwar verbessern, verpasste aber mit 3,6 Prozent den Einzug.

Die Wahlbeteiligung sank in Baden-Württemberg sank von 70,4 bei der Landtagswahl im Jahr 2016 auf 63,8 Prozent in diesem Jahr. Tatsächlich konnten sich demnach nur knapp 20,8 Prozent der Wahlberechtigten so für Kretschmann & Co. begeistern, dass sie den Grünen ihre Stimme gaben.

Die CDU als bisheriger Koalitionspartner der Grünen kam nur noch auf 24,1 Prozent der abgegebenen Stimmen (knapp 15,4 Prozent der Wahlberechtigten) und verlor damit 2,9 Prozentpunkte im Vergleich zu 2016. Ihre Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann sagte am Wahlabend dem Nachrichtensender Phoenix: "Natürlich übernehme ich die Verantwortung, das ist für mich selbstverständlich. Das ist ein enttäuschendes und desaströses Wahlergebnis".

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.