Welches Ziel könnte eine russische Beeinflussung der Midterm-Wahlen anstreben?
Das Thema wird zwar hochgekocht, aber bleibt vage, derweilen konnte wieder demonstriert werden, dass auch 11-Jährige Wahlwebsites manipulieren können
Immer wieder wird die Gefahr beschworen, dass Russland versuchen könnte, sich in die Midterm-Wahlen einzumischen und diese zu beeinflussen, beispielsweise über Bots, Websites, Online-Medien und Soziale Netzwerken. Mitunter wird auch beschworen, dass russische Hacker in die Computer eindringen könnten, um womöglich die Daten zur Wahlregistrierung zu verändern. Allerdings gibt es Bestrebungen, wie die New York Times berichtet, den Zugang zur Wahl durch Erschwerung der Registrierung zu erhöhen, um die Chancen der republikanischen Kandidaten zu erhöhen. Manipulationen, die jenseits möglicher russischer Interventionen stattfinden.
Kaum mehr wird behauptet, das Ziel der suggerierten Möglichkeit einer russischen Beeinflussungskampagne sei die Stärkung von Donald Trump oder republikanischen Kandidaten, man rekurriert darauf, dass Moskau das Vertrauen in das demokratische System untergraben wolle. So behaupteten US-Geheimdienstchefs kürzlich in einer Anhörung, dass Russland weiter "bösartige Beeinflussungsoperationen" betreibt (Wie mit angeblichen russischen Hacks und Beeinflussungsoperationen Wahlkampf gemacht wird). Was das genauer sei, dazu äußerten sie sich aber nicht.
Welchen Zweck diese russische Verschwörung haben könnte, ist allerdings kaum Thema. Es würde auch schwerfallen, hier Motive zu finden, die schon 2016 während des Wahlkampfs nicht zu überzeugend waren, wenn es hieß, dass die "russische Beeinflussungskampagne" gegen Hillary Cliton und zugunsten von Donald Trump ausgerichtet gewesen seien, wobei gerne vergessen wird, dass Clinton so unbeliebt wie Trump war und gerade das üble Absägen ihres Konkurrenten Bernie Sanders nicht zu ihren Gunsten beigetragen hat.
Der oberste Geheimdienstchef Dan Coats hatte erklärt, dass die Russen nicht die Wahlinfrastruktur angreifen würden. Blieben also Kampagnen im Internet und den Sozialen Netzwerken. Wie National Interest schreibt, ist aber kaum denkbar, dass damit tatsächlich das Wahlverhalten verändert werden könnte: "Jetzige Wahlen werden durch Micro-Targeting von ähnlich gesinnten Wählern gewonnen, um die Teilnahme an der Wahl zu stimulieren. Jede ernsthafte russische Bemühung, die Wahl zu beeinflussen, würde genaue Kenntnis der Wählerdemografie oder den Zugang zu den Maschinen erfordern, die eine Fälschung ermöglichen." Das aber würden die Russen nach Coats gerade nicht machen.
Unterstellt werde, dass Moskau ideologisch die Demokratie hasst, aber Russland unterhalte durchaus freundliche Beziehungen zu Demokratien wie Israel, Japan oder Indien. Die russischen Trolls seien in Reaktion auf die bunten Revolutionen und dem Arabischen Frühling entstanden, die Moskau auf jeden Fall nicht falsch als Regime-Change-Kampagnen verstanden habe, die sich auch nach Russland ausweiten könnten: "Wenn Moskau seine Kampagne in den Sozialen Medien als defensive Reaktion auf die amerikanische Einmischung in die russische Politik betrachtet, dann sieht Russland, wenig zu gewinnen und viel zu verlieren, wenn es diese Aktivitäten ohne reziproke Konzessionen seitens der USA aufgibt."
Moskau habe aber übersehen, welchen Schaden die eigenen Aktivitäten für die amerikanisch-russischen Beziehungen angerichtet hätten. Washington habe hingegen nur strafend eingewirkt und die Aufhebung der Sanktionen durch russisches Einlenken praktisch unmöglich gemacht, weswegen Russlands Widerstand gefördert worden sei. Jetzt sei kaum noch aus der Spirale herauszukommen, die jeweils die Hardliner auf beiden Seiten begünstige.
Unbeantwortet bleibt auch hier die Frage, welches politische Ziel die mutmaßliche russische Beeinflussungskampagne verfolgen könnte. Gestreift wird nur, dass eigentlich die unterstellte russische Strategie nicht zur größeren Spaltung in den USA führt, sondern zu einer größeren Einheit und einer verstärkten antirussischen Politik. Sollte das tatsächlich das Ziel Moskaus sein?
Trump mag zwar im Widerstand zu transatlantischen Kreisen im Kongress in den Geheimdiensten und Ministerien eine Annäherung an Russland suchen. Aber er rüstet auf, lässt Sanktionen zu und sucht auch Gespräche mit Nordkorea oder Iran. Offensichtiche Beeeinflussungskampagnen für republikanische Kandidaten könnten gerade demokratische fördern. Und welche der vielen Kandidaten sollten gefördert werden, um beispielsweise ein Ziel Moskaus wie die Beendigung der Sanktionen durchzusetzen?
Russische Hacker und 11-jährige Kids
Wie auch immer, so wurde gerade demonstriert, dass die Schwäche des Wahlverfahrens nicht durch russische Akteure steht, sondern dem System immanent ist. Schon lange haben viele Amerikaner Misstrauen in die Wahlverfahren, auch in die Wahlcomputer, die eigentlich die anfälligen früheren Wahlmaschinen ersetzen und mehr Vertrauen erzielen sollten. Nach dem Streit, ob George W. Bush tatsächlich die Wahl gegen Al Gore gewonnen hatte, der nur dank den 9/11-Anschlägen beigelegt wurde, führte Bush in großem Maßstab Wahlcomputer ein. Das hatte zahlreiche Aufdeckungen von Manipulationsmöglichkeiten und Ängsten zur Folge, dass die Wahlergebnisse gefälscht werden könnten.
Wenn nun die Geheimdienstchefs beteuern, dass nicht die Wahlcomputer, sondern nur die Computer mit den Daten zur Wahlregistrierung ein mögliches Ziel seien, so dürfte dahinter auch ein Ablenkungsmanöver stehen. Denn es sind weiterhin die auch die Wahlcomputer selbst, die manipuliert werden können. Das hat gerade wieder die Hackerkonferenz DefCon gezeigt, auf der auch Kinder in der Veranstaltung "Voting Machine Hacking Village" versuchen durften, Wahlergebnisse, Partei- oder Kandidatennamen auf Wahlwebsites zu manipulieren.
Der 11-jährige Emmett Brewer demonstrierte, dass er innerhalb von 10 Minuten auf einer nachgemachten Wahlwebsite von Florida die Wahlergebnisse manipulieren konnte. Das ist auch deswegen interessant, weil Florida ein Swing State ist und Senatoren behaupten, Russen seien bereits in die Wahlregistrierungscomputer eingedrungen, was allerdings von der Regierung bestritten wird. Die Websites seien zwar nur Replika, aber die Kinder hätten die Sicherheitslücken benutzt, die vorhanden sind, sagte der Organisator der Veranstaltung Nico Sell.
Die Innenminister erklärten hingegen eilig, dass die Replika nicht für die aktuell verwendeten Systeme realistisch gewesen seien: "Obgleich Websites unbestreitbar für Hacker verletzlich sind, werden Websites für Berichte über die Wahlergebnisse am Wahlabend nur benutzt, um vorläufige, inoffizielle Ergebnisse für die Öffentlichkeit und die Medien zu veröffentlichen. Diese Websites sind nicht mit den Wahlzählungsgeräten verbunden und könnten niemals die wirklichen Wahlergebnisse verändern."
Das sei zwar zutreffend, wird argumentiert, aber wenn schon ein 11-Jähriger diese Websites manipulieren könne, könne er auch das Wahlverhalten und die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen. Es handelt sich nicht um die einzigen Sicherheitslücken. Erwachsene konnten hingegen direkt in Wahlmaschinen von Diebold oder WinVote eindringen. Diebold musste einräumen, auf Wahlcomputern ein ein Remote-Access-Programm installiert zu haben..
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