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Die Berliner Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" mobilisiert die Mieter und solche, die es werden wollen
Mit der erfolgreichen Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren ist die erste Hürde auf dem Weg zum Volksentscheid locker genommen. Ziel ist die Enteignung von privaten Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen im Portfolio haben. Allein die "Deutsche Wohnen" hält mehr als 100.000 Wohnungen in Berlin und weitere vornehmlich in Ballungszentren. Eine Grundlage der Enteignung bietet § 15 des Grundgesetzes. Aber es gibt auch ideologische Fallstricke. Ein Interview mit Michael Prütz von der Initiative.
Sie haben 77001 Stimmen für einen Volksentscheid gesammelt. Wie viele sind gültig?
Michael Prütz: Wir haben 58.000 und ein paar hundert gültige Unterschriften und haben damit die erste Stufe absolviert.
Also die Mindestzahl von 20.000 übersprungen. Wie geht es jetzt weiter?
Michael Prütz: Der Senat prüft nun unseren Antrag auf Volksbegehren. Dazu gibt es unterschiedliche Haltungen und Thesen. Grüne und Linkspartei unterstützen uns, bei der SPD ist es noch nicht klar. Wenn der Antrag für zulässig befunden wird, was in schätzungsweise drei bis fünf Monaten passiert, kommt die zweite Stufe des Volksbegehrens. Dafür müssen 170.000 Unterschriften gesammelt werden. Allerdings liegen dann schon Listen in den Bürgerämtern aus.
Wenn diese gewaltige Aufgabe absolviert ist, für die wir vier Monate Zeit haben, kommt wieder eine Prüfung unter Einschluss des Abgeordnetenhauses. Als letzte Stufe dann der Volksentscheid, der einer ordentlichen Wahl gleichkommt, mit Wahlberechtigungskarten. Bei Erfolg ist schließlich ein Gesetz zur Enteignung dieser zwölf, dreizehn Wohnungsbaukonzerne auszuarbeiten.
In den letzten Wochen war die Ankündigung eines "Mietendeckels" seitens des Senates aktuell. Das hört sich von der Idee her recht stringent an. Tritt diese Mietendeckel-Idee in Konkurrenz zur Initiative "Deutsche Wohnen enteignen"? Enteignung ist sozusagen das Maximalprogramm, und jetzt kommt der Senat mit so einem reformistischen Werkzeug, das im Prinzip an der Wohnungssituation nichts ändert.
Michael Prütz: In der Tat sieht die SPD den Mietendeckel als ein Instrument an, die Enteignungskampagne ein bisschen zurückzudrängen. Aber wir sehen das nicht so. Das ist eine vernünftige Maßnahme, die allerdings befristet ist. Es ist eine ergänzende Maßnahme zu unserem Volksbegehren. Aber natürlich sind bei der SPD solche Hintergedanken vorhanden. Die SPD-Führung versucht alles, um uns den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber das wird keinen Erfolg haben.
An bisherigen Instrumenten, mit denen die Politik auf die Mietenexplosion reagierte, gab es die Mietpreisbremse von 2015 und jetzt oder in Zukunft den Mietendeckel. Können Sie einmal aus Ihrer Sicht einen Rückblick auf die Mietpreisbremse geben: Ist sie effizient oder ist die Wirkung weitgehend verpufft?
Michael Prütz: Wir sind uns völlig einig mit den beiden großen Mieterorganisationen der Stadt, dass die Mietpreisbremse in den Ballungszentren überhaupt nichts gebracht hat. Sie wird an allen Ecken und Enden von den Hausbesitzern umgangen. So werden zum Beispiel die Wohnungen für 1000 € mit IKEA-Inventar möbliert, und schon ist die Mietpreisbremse nicht mehr gültig.
Der "Mietendeckel" arbeitet mit etwas rigideren Mitteln, zielt auf Einfrieren der Mieten. Es werden sogar die Etats für Modernisierungen beschnitten. Ist das sinnvoll? An diesem Punkt werden wahrscheinlich die Vermieter am lautesten aufschreien.
Michael Prütz: Das tun sie auch. Die malen ja schon den Untergang des Abendlandes an die Wand: Es werde nichts mehr investiert werden. Aber es wird Ausnahmen geben bei der Erhebung der Modernisierungsumlage. Im Augenblick ist vorgesehen, dass sie bei 50 Cent pro qm und Jahr gedeckelt wird. Die Ausnahmen könnten für Genossenschaften und kommunale Wohnungsbaugesellschaften gelten. Die Modernisierungsumlage ist das treibende Instrument für die Wohnungsbaukonzerne, die Mieten zu erhöhen. Deswegen sind sie mit dieser Regelung keinesfalls einverstanden.
Wurde auch auf der Vermieterseite - um das Wort von vorhin aufzugreifen - "reformistisch" gehandelt, indem die "Deutsche Wohnen" das Angebot machte, die Mieten zu kappen, wenn 30% des Netto-Einkommens erreicht sind?
Michael Prütz: Der "Deutsche Wohnen" geht es darum, die Aktionäre über die fallenden Aktienkurse zu beruhigen, indem sie versuchen, uns den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das "Angebot" gilt nicht bei Bestandsmietern, das gilt nur bei Neuvermietungen. Die Leute müssen ihre Einkommen offenlegen. Keiner weiß, was passiert, falls die Einkommen steigen sollten. Gilt in diesen Fällen noch die vereinbarte Deckelung? Das ist ein halbherziger propagandistischer Versuch der "Deutsche Wohnen", ein bisschen Nebel zu verbreiten.
Man wird sowieso abwarten müssen, wie in dem ganzen Komplex die juristischen Auseinandersetzungen verlaufen. Da gibt es ja hundert Möglichkeiten.
Michael Prütz: Ja klar, das ist hochinteressant. Wenn der Mietendeckel kommt, dann werden die Wohnungsbaukonzerne und die Verbände dagegen klagen. Diese Klagen haben keine aufschiebende Wirkung, sondern sie werden irgendwann entschieden, in zwei, drei, vier Jahren. Das wird für die ein Problem. Sie können das nicht mit aufschiebender Wirkung verhindern.
Katrin Schmidtberger, die wohnungspolitischen Sprecherin der Grünen sagte: "Eine leere Wohnung bringt dreimal so viel ein wie eine Wohnung mit Mieter." Das spielt auf den Leerstands-Skandal an.
Michael Prütz: Aus meiner Sicht sollte es sowohl eine Baupflicht geben als auch eine Vermietungspflicht. In Berlin gibt es 60.000 erteilte Baugenehmigungen für Wohnungen, die nicht gebaut werden, weil die Eigentümer der Baugrundstücke darauf spekulieren, dass die Preise steigen.
Wenn man durch bestimmte Neubauviertel fährt, sieht man gerade im hochpreisigen Segment abends viele Wohnungen immer dunkel, weil sie nur als Kapitalanlage-Objekt genutzt werden und einfach nicht vermietet werden. Wir sind erst am Beginn dieser globalen Auseinandersetzung, sodass dies im Fortgang der Auseinandersetzung mit den Wohnungsbau-Konzernen ein weiterer wichtiger Schritt sein wird.