Weniger Herkunftsschutz durch TTIP
Bundeslandwirtschaftsminister erwartet Änderungen für Hersteller von Spezialitäten
In der EU regelt eine Ratsverordnung zum "Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel", dass nicht jeder Anbieter seine Lebkuchen "Nürnberger Lebkuchen" nennen darf, weil dies eine "geschützte geografische Angabe" (g.g.A.) ist. Dieser auch für andere Spezialitäten geltende Herkunftsschutz könnte nach Ansicht von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bald gelockert werden. Grund dafür ist das geplante Freihandelsabkommen TTIP.
Dem Spiegel sagte der CSU-Politiker, wenn man "die Chancen eines freien Handels mit dem riesigen amerikanischen Markt nutzen" wolle, dann könne man "nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen". Deshalb müssten die EU-Regeln zum Herkunftsschutz geändert werden.
Das wäre seiner Ansicht nach sinnvoll, weil diese Regeln "sehr bürokratisch" seien und auch für Spezialitäten gälten, bei denen die Rohstoffe nicht aus der namensgebenden Region kommen. Das ist beispielsweise bei Schwarzwälder Schinken der Fall: Weil der Schwarzwald heute eine stark touristisch geprägte Region ist, in der die Schweinezucht (aufgrund ihrer Unverträglichkeit damit) nur mehr eine sehr geringe Rolle spielt, stammt das Fleisch für dort gesalzene, geräucherte und gereifte Schinken häufig aus Niedersachsen. Nur bei der strengeren "geschützten Ursprungsbezeichnung" (g.U.) ist die komplette Produktion einer Spezialität in der namensgebenden Region vorgeschrieben.
Der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch kritisiert seit langem, dass es bei g.g.A.-geschützten Fleischprodukten "keinerlei Vorgaben […] für den Ort der Tierhaltung und Schlachtung" gibt, obwohl die Bezeichnung nach Ansicht der NGO dem Verbraucher etwas anderes "suggeriert". Der Verein fordert deshalb eine "verbindliche Herkunftskennzeichnung für die Hauptzutaten aller Lebensmittel". Bei essbaren Waren, die mit "regionalen Aspekten" wie "Bollenhüten oder Schwarzwald-Trachten" als regionale Produkte beworben werden, sollen darüber hinaus "mindestens bundeslandgenau auch die Herkunftsregion genannt werden".
Schmidts Ansicht nach wäre es "unseren amerikanischen Handelspartnern schwer vermittelbar, dass sie keinen Tiroler Speck oder Holländischen Gouda zu uns exportieren dürften, wenn wir in Europa selbst den Schutz nicht konsequent durchsetzen". Als Zugeständnis auf amerikanischer Seite habe ihm der US-Handelsbeauftragte Michael Froman eine Kennzeichnung von gentechnisch veränderten US-Agrarprodukten und den Verzicht auf den Export von mit Chlor desinfiziertem Hähnchenfleisch nach Europa signalisiert.
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