Wenn "Antifa" staatstragend wird
- Wenn "Antifa" staatstragend wird
- Linke in Thüringen in der Defensive
- Auf einer Seite lesen
Kommentar: In Österreich zeigt sich, was passiert, wenn Grüne und Linke rechte Politik machen
Der 200te Pegida-Aufmarsch in Dresden brachte am vergangenen Montag nicht nur AfD-Rechtsaußen Höcke in die Elbestadt, der sich aber wohl auch auf Druck der eigenen Parteiführung in seiner rechten Rhetorik zurückhielt, was auch den Applaus mäßigte. Doch auch auf der Gegenseite hatte sich eine merkwürdige nationale Front unter dem Banner der Antifa versammelt.
CDU und FDP mobilisierten zu einer eigenen Anti-Pegidademonstration. "Berührungsängste, lasst sie sein", titelte die Taz und der Dresden-Korrespondent Michael Bartsch war entzückt: "Bürgerliche Mitte und fröhliche Linke vereinten sich bei dieser Pegida-Selbstfeier zumindest mit den Kilowatts ihrer Verstärkeranlagen." Im Kampf um die Dezibel klar unterlegen stand sogar der dreiste Pegida-Anführer Lutz Bachmann mehrmals vor der Kapitulation: Hilferufe ergingen an die Polizei, "den Bass leiser zu stellen".
Man kann es nüchtern so formulieren. Hier hat ein Teil der Antifa gemeinsam mit CDU, FDP und anderen staatstragenden Parteien in die Demonstrationsfreiheit eingegriffen. Es ist völlig klar, dass die Rechten auch Gegenproteste in Hör- und Sichtweise ertragen müssen. Aber jubeln muss nun eine linksliberale Presse wahrlich nicht, wenn da sehr freihändig mit Grundrechten umgegangen wird.
Wie wurde von den Linksliberalen das zu Tode strapazierte Rosa-Luxemburg-Zitat von der Freiheit der Andersdenken heruntergebetet - und es wird gerade in dem Augenblick vergessen, wenn man gemeinsam mit Staatsparteien und Staatsorganen festlegt, wie viel Freiheit man den Andersdenkenden zu geben bereit ist.
Erinnerungen an den Antifa-Sommer 2000
Da wünschte man sich doch, dass sich manche noch 20 Jahre zurückerinnern können an den sogenannten "Antifasommer 2000" unter dem SPD-Kanzler Schröder. Damals versuchten SPD und Grüne die Antifabewegung zu domestizieren und stießen auf Widerstand. Viele Antifagruppen machten klar, dass sie nicht mit denen, die Flüchtlingsgesetze verschärfen, die im staatlichen Auftrag den Menschen Rechte zuweisen oder verweigern, gemeinsam Sache machen wollen.
Zeitschriften mit theoretischem Niveau wie Phase 2 wollten auch die eigene Antifaszene von der Kritik nicht ausnehmen. Nur hört man 20 Jahre später bisher wenig Widerspruch, wenn die sächsische CDU plötzlich "auf Antifa macht". Scheinbar hat man vergessen, dass es genügend Gründe gab, gegen die sächsische Staatspartei CDU und ihre Politik in den vergangenen 20 Jahren zu protestieren, ohne dass es die AfD gab.
Hier zeigt sich wieder einmal, dass eine Politik, die den Kampf gegen die AfD zum kleinsten gemeinsamen Nenner macht, dazu verdammt ist, selbst rechte Politik zu machen oder zu unterstützen.
Wenn die Grünen Partner bei der Heimatverteidigung sind
Das kann man aktuell in Österreich gut beobachten. Dort sind die Grünen jetzt Juniorpartner im Kabinett des nationalkonservativen Kurz und nicken alle die Grausamkeiten ab, die sie in der Opposition gegen eine schwarzblaue Regierung noch heftig bekämpft haben. Die ÖVP ist nicht einmal auf der rhetorischen Ebene bereit, dem kleinen Koalitionspartner entgegenzukommen. "Uns war es wichtig, den repressiven Migrationskurs fortzusetzen", stellte die österreichische Integrationsministerin Susanne Raab in der FAZ fest.
Ein FPÖ-Politiker wäre da vielleicht nur an einem Punkt ehrlicher gewesen und hätte das Amt zum Abschiebeministerium umbenannt. Raabs Parteifreund, der ÖVP-Politiker im Europaparlament Lukas Mendel, sorgt sich, dass eine EU-Mission beim Überwachen des Waffenembargos in Libyen zu viele Migranten retten könnte. In einem Deutschlandfunk-Interview erklärte Mandl:
Ich bin gegen die Mission Sophia und ich nutze auch alle parlamentarischen Möglichkeiten, um zu verhindern, dass alte Bewältigungsstrategien für die bekannten Herausforderungen, die nicht funktioniert haben, jetzt auch noch wiederholt werden sollen. Sophia hat nicht funktioniert, hat zu einer Unterstützung von Schleuserbanden statt zu deren Bekämpfung geführt. Es wird eine solche Mission aus meiner Sicht nicht mehr geben dürfen. Was es geben muss, auch zur Kontrolle des UNO-Waffenembargos über Libyen, ist eine militärische EU-Mission mit der Betonung auf militärisch, eben auch auf dem Landweg und auch an den Flughäfen, nicht nur im Wasser und gar nicht primär im Wasser, und ich kann mir gut vorstellen, dass Österreich in seinem Rahmen auch seinen Beitrag dazu leisten würde.
ÖVP-Politiker Lukas Mandel im Deutschlandfunk
Was hat also der Kampf gegen die FPÖ gebracht? Die Partei ist nicht mehr in Regierungsverantwortung, aber ihre Politik wird zumindest im Bereich der Migration ohne Abstriche fortgesetzt, wie ja die zuständige Ministerin offen bekundete. Die Basis der Grünen, die gegen eine solche Politik auf die Straße ging, als FPÖ-Minister mitregierten, hält jetzt still, teils aus Überzeugung, teils resigniert, weil man sich ja nicht nachsagen lassen will, mit dazu beigetragen haben, dass die FPÖ wieder ans Ruder kommt.
Da macht man selber rechte Politik und die sowieso schon schwache staatskritische Opposition wird noch mehr marginalisiert. Wenn sich die Ultrarechten wieder von ihren eigenen Skandalen regeneriert haben, und die Grünen und Linken wieder die Menschenrechte entdecken, wird ihnen dann mit Recht entgegengehalten, was habt ihr denn anders gemacht, als ihr mitregiert habt.