Wenn "Antifa" staatstragend wird
Seite 2: Linke in Thüringen in der Defensive
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Auch in Thüringen zeigt sich, dass es einen Preis hat, wenn man den Kampf gegen rechts alles andere unterordnet.
Da ist Ramelow bereit, die ehemalige Ministerpräsidentin Lieberknecht, die immer die Linke bekämpft hat, als Übergangsministerpräsidentin zu akzeptieren und die CDU in Thüringen lehnt ab. Denn mit den Linken will man nicht einmal kooperieren, wenn sie ihnen anbietet, ihre eigenen Leute zu wählen. Wenn schon, dann soll Lieberknecht eine Regierung bilden, ohne dass von Neuwahlen die Rede ist.
So wäre doch noch das Ziel erreicht, das den Bürgerblock in Thüringen einte, eine neue Kandidatur des Sozialdemokraten Ramelow zu verhindern. Das war ja auch der Zweck der gesamten Manöver, die zur Wahl von Kemmerich führten.
Die Glückwünsche von CDU- und FDP-Politikern aus allen Teilen der Republik enthielten immer die Freude, dass die Sozialisten von der Regierung verdrängt sind und jetzt wieder ein bürgerlicher Kandidat regiere.
Die Reaktion nicht nur der parlamentarischen Linken bestand darin zu skandalisieren, dass die Verdrängung Ramelows mit Stimmen der AfD bewerkstelligt wurde. Nun versucht man eben zu erreichen, dass die Linke selbst die Zustimmung zur ihrer Entmachtung gibt. Dann bräuchte man auch nicht mehr auf AfD-Stimmen zurückgreifen.
Alternative für Ungarn
Nicht nur die parlamentarische Linke, auch die Zivilgesellschaft klammert die Widersprüche aus, wenn es um den Kampf gegen die AfD geht. Da schreibt der Professor für Jüdische Geschichte an der Universität München, Michael Brenner, in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung einen sehr engagierten Beitrag gegen die Einbeziehung der Ultrarechten in die Wahl zum Ministerpräsidenten. Auch weitere engagierte Beiträge gegen die AfD finden sich in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung.
Gar nicht angesprochen werden aber die nicht nur erfolglosen Versuche ultrarechter Parteien vieler Länder Europas, auch der AfD, sich zu den Fürsprechern von Jüdinnen und Juden gegen den islamischen Antisemitismus zu machen. Dabei wird diese Tendenz in der gleichen Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen am Beispiel der ungarischen Rechtspartei Jobbik gezeigt, die sich von einer offenen Neonazitruppe zu einer nationalkonservativen Partei hin bewegt.
Man könnte also sagen, Jobbik macht eine Entwicklung weg von der NPD in Richtung AfD durch, zu einer "Alternative für Ungarn" wie der Artikel betitelt ist. Da wäre es doch interessant, gerade diese neuen Tendenzen bei den europäischen Rechtsparteien zu diskutieren, statt nur zu beschwören, dass eine Widerkehr des alten Faschismus bevorsteht.