Wenn ein Terroranschlag nicht aufgeklärt werden soll
Amri-Ben Ammar-Komplex: Im Untersuchungsausschuss des Bundestages präsentieren sich ranghohe Staatsanwälte als Bremser und Strafvereiteler
Der Verdacht beginnt sich zur Gewissheit zu verdichten: Die Hintergründe des Anschlages auf den Weihnachtsmarkt in Berlin am 19. Dezember 2016, der zwölf Menschen das Leben kostete und Dutzende verletzte, sollen nicht aufgeklärt werden. Anders sind die jüngsten Auftritte zweier hochrangiger Zeugen vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Bundestages nicht zu interpretieren: ein Oberstaatsanwalt der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe und der stellvertretende Generalstaatsanwalt von Berlin.
Klar wird außerdem: Die Abschiebung des Amri-Freundes Ben Ammar geschah auf Geheiß von zwei Bundesministerien. Es ist wie ein Anschlag nach dem Anschlag. Und die Frage ist, seit wann die Politik im Terrorkomplex Amri-Ben Ammar die Finger im Spiel hatte. Schon vor dem Anschlag?
Die Abschiebung des Tatverdächtigen Tunesiers Bilel Ben Ammar sechs Wochen nach der Tat ist ein Schlüsselereignis. Und zwar deshalb, weil diese mutwillige politisch motivierte Aktion nicht mit den entschuldigend vorgebrachten Erklärungen der Sicherheitsbehörden kompatibel ist, man habe die Gefährlichkeit des späteren - mutmaßlichen - Attentäters Anis Amri falsch eingeschätzt. Wenn das so war, warum lässt man dann nach dem Anschlag wieder einen Verdächtigen gehen? Im Fall Ben Ammar wurde nicht etwa geirrt, sondern absichtsvoll gehandelt. Also auch im Fall Amri?
Am 29. Dezember 2016, zehn Tage nach dem Verbrechen auf dem Breitscheidplatz, erweiterte die Bundesanwaltschaft das Mordverfahren neben Amri auch auf Bilel Ben Ammar. Am 13. Januar 2017 vertrat die oberste Strafverfolgungsbehörde der Bundesrepublik gegenüber dem Bundesjustizministerium die Auffassung, es lägen "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, dass Ben Ammar in die Anschlagspläne eingeweiht und zumindest hilfeleistend beteiligt" gewesen sei. Eine Einschätzung, die ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH), der über einen weiteren Haftbefehl zu entscheiden hatte, noch am 16. Februar 2017 teilte: "Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand besteht der Verdacht, dass der Beschuldigte Ben Ammar und weitere Personen an der Planung der Tat beteiligt waren."
Zu diesem Zeitpunkt war Ben Ammar nicht mehr in Deutschland. Am 1. Februar 2017 wurde er aus der Untersuchungshaft heraus nach Tunesien abgeschoben. Diese Entscheidung war bereits Ende Dezember 2016 auf höchster politischer Ebene getroffen worden - im Bundesinnenministerium (CDU-geführt) und im Bundesjustizministerium (SPD-geführt). In der Folge wurden die untergeordneten Behörden veranlasst, einer Abschiebung des Mordverdächtigen zuzustimmen.
Die Befehlsketten, die im Verlaufe der Ausschusssitzung im Bundestag deutlich wurden, verliefen hierarchisch von oben nach unten. Im Bundesinnenministerium (BMI) war dafür verantwortlich die Staatssekretärin Emily Haber, heute Botschafterin Deutschlands in den USA. Ihr teilte am 16. Januar 2017 ein BMI-Mitarbeiter per Mail die "frohe Kunde" mit, dass das Bundesland Sachsen, in dem Ben Ammar registriert war, einen "Abschiebehaftantrag" gestellt habe. Damit würde, so der Mailschreiber an die Staatssekretärin, "Ihre Entscheidung" umgesetzt, Ben Ammar abzuschieben.
Das Bundesjustizministerium gab direkt am 13. Januar 2017 in Person eines Ministerialrates, der heute auf der Regierungsbank im Amri-Ausschuss sitzt (Michael Greßmann), entsprechende Rückmeldung an die ihm unterstellte Bundesanwaltschaft (BAW). Bundesanwalt Horst Salzmann, der dort für das Breitscheidplatz-Verfahren verantwortlich ist, fertigte noch am selben Tag die Abschiebungsverfügung und trug dem ihm unterstellten Oberstaatsanwalt Helmut Grauer auf, sie zu unterzeichnen. Grauer fungiert in der Karlsruher Behörde als Hauptsachbearbeiter des Tatkomplexes Breitscheidplatz, sprich der BAO City. Aufgrund der Dimension des Verfahrens arbeitet ein ganzes Team von Staatsanwälten an dem Verfahren.
Warum wollte die Bundesregierung Ben Ammar unbedingt loswerden?
Parallel gab es eine Kommunikation zwischen der Bundesanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft in Berlin. Die Bundesbehörde brachte die Landesbehörde auf Linie. Daraufhin mischte sich dort die Amtsspitze in Gestalt des Chefs (damals Ralf Rother) und des Vize-Chefs (Dirk Feuerberg) in das Verfahren, das eine Oberstaatsanwältin führte, und gab der Abschiebung Ben Ammars ebenfalls den Segen. Wenige Tage zuvor hatte die Berliner Behörde noch einen Haftbefehl gegen Ben Ammar beantragt und bekommen.
Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages sagte BAW-Vertreter Grauer jetzt, es gebe keine konkreten Hinweise, dass Ben Ammar an der Tat oder an ihrer Vorbereitung oder Planung beteiligt gewesen sei.
Wo der Amri-Freund zehn Tage lang nach dem Anschlag war, können die Ermittler allerdings nicht sagen. War er abgetaucht, weil er etwas mit der Tat zu tun hatte? Hatte er Amri bei der Flucht geholfen? Die Bundesanwaltschaft hat nichts unternommen, um das herauszufinden. "Wir wissen, wo Amri war", so Grauer, "es gibt keine Anhaltspunkte, dass Ben Ammar in seiner Nähe war."
Das stimmt so nicht: Wie Amri nach der Tat nach Emmerich in Nordrhein-Westfalen kam, wo er einmal untergebracht war, warum er sich dort hinbegab und wen er möglicherweise traf, weiß die BAW beispielsweise nicht. Ebenso, warum Amri nach Mailand fuhr, wo er am 23. Dezember 2016 von der Polizei erschossen wurde. Wahrscheinlich, so Grauer, habe er sich schlicht "verirrt" und sei irgendwann mal "falsch abgebogen".
Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten Ben Ammar lief auch nach dessen Abschiebung noch bis zum Oktober 2017 weiter, ehe es eingestellt wurde. So sicher, dass er nichts mit dem Anschlag zu tun hatte, war sich die Bundesanwaltschaft wohl doch nicht gewesen. Derzeit sieht sie aber keinen Anlass, die Ermittlungen gegen Ben Ammar wieder aufzunehmen. Die Ermittlungen gegen mögliche weitere Täter liefen zwar weiter, es gebe aber keine Anhaltspunkte, dass Amri Mittäter oder Helfer gehabt habe, so der Karlsruher Oberstaatsanwalt.
Ben Ammar wurde in Tunesien nach seiner Rückkehr wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation Ansar al-Sharia zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Frage ist: Warum wollte die Bundesregierung Ben Ammar unbedingt loswerden? Weil er Mitglied einer Terrororganisation war? Weil man sich einen zweiten "NSU-Prozess" ersparen wollte? Oder weil der Mann vielleicht doch im Dienst einer fremden Macht stand? Nach unbestätigten Medienberichten soll er für einen marokkanischen Geheimdienst gearbeitet haben.
Den Haftbefehl-Antrag gegen Anis Amri vom 21. Dezember 2016 begründete die Bundesanwaltschaft, wie der Ausschuss herausgefunden hat, auch mit Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Welche das waren und woher sie kamen, wissen die Abgeordneten nicht. BAW-Vertreter Grauer konnte zu der Frage nichts beitragen, er hatte an einen solchen Sachverhalt keine Erinnerung.
Durch den politisch verfügten Abschiebungsbeschluss der Bundesregierung wurden die gerade begonnen Mordermittlungen nach dem Anschlag ignoriert bzw. torpediert. Die Auswertung des Handys von Ben Ammar, auf dem sich Indizien für eine Tatvorbereitung fanden (Fotos vom späteren Tatort), wurde nicht abgewartet. Die zweite Vernehmung des Beschuldigten fand nach dem Abschiebungsbeschluss vom 13. Januar am 19. Januar 2017 statt, entsprechend uninspiriert wurde sie geführt. Sie war witzlos geworden.
Bei den Vernehmungen wurde Ben Ammar auch der Lügen überführt. Das war aber weder für das BKA noch die Bundesanwaltschaft ein Verdachtsgrund mehr gegen ihn, sondern ein geradezu willkommen erscheinender Anlass, von dem Verdächtigen abzulassen.
Oberstaatsanwalt: Ben Ammar hatte "das gute Recht zu lügen"
Der Auftritt von Oberstaatsanwalt Helmut Grauer vor dem Untersuchungsausschuss geriet an diesem Punkt zu einer grotesken Farce. Als ein Ausschussmitglied (Volker Ullrich, CSU) die Frage nach möglicher "psychischer Beihilfe" aufwarf, die Ben Ammar Amri geleistet haben könnte und auf die, sei ergänzt, die Bundesanwaltschaft in so manchen Verfahren (NSU: Zschäpe, Hamburg: G 20-Beschuldigte) gerne zurückgreift, wies der Terroristenjäger in diesem Falle kategorisch zurück: Ben Ammar habe doch bei seiner Vernehmung verneint, Kenntnisse von Tatplanungen gehabt zu haben, also könne er gar keine psychische Beihilfe oder Unterstützung geleistet haben. Ben Ammar habe zwar "offenkundig" gelogen, so Grauer, es gehe aber nicht darum, ihm nachzuweisen, dass er gelogen hat, denn als Beschuldigtem "stehe ihm das zu". Er habe, erklärte der BAW-Vertreter gar, "das gute Recht zu lügen".
So argumentiert ein Verteidiger, aber nicht ein Strafverfolger, für den eine Lüge eines Beschuldigten ein Indiz für Schuld darstellt und zu weiteren Ermittlungen veranlassen müsste. Tatsächlich tritt so ein Beamter auf, der sich dem Staatsschutz verpflichtet fühlt und nicht dem Recht. Was man hier live vorgeführt bekam, war eine Missachtung des Rechtsstaates - ein Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft praktiziert Strafvereitelung.
Der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser, von Beruf Rechtsanwalt, reagierte bestürzt. Er halte viel von "unserem Rechtsstaat" erklärte er, aber dass bei einem solchen Anschlag eine derartige "Gleichgültigkeit" an den Tag gelegt werde, mache ihn "fassungslos". Andere Abgeordnete äußerten sich nach der Sitzung ähnlich.
Zwei Personen im LKW?
Ein anwesendes Opfer des Anschlages erfuhr den Zeugenauftritt des Vertreters des Staates noch dramatischer. Der Mann entging dem LKW nur ganz knapp, wurde verletzt, leistete noch Erste Hilfe und musste erleben, wie Menschen starben. Er hatte für den Bruchteil einer Sekunde im Führerhaus des auf ihn zufahrenden Lastwagens zwei Männer wahrgenommen. Der Beifahrer griff dem Fahrer ins Lenkrad und sorgte so dafür, dass das Fahrzeug nach links aus dem Markt hinausfuhr.
Er ist nicht der einzige, der zwei Personen im LKW wahrgenommen hat. Als ein Ausschussmitglied (Klaus-Dieter Gröhler, CDU) die Frage nach diesen Beobachtungen stellte, qualifizierte der Vertreter der Bundesanwaltschaft die Zeugen und ihre Wahrnehmungen ab. Die Ermittler hätten nichts gefunden, wer diese zweite Person gewesen sein könnte. Er gehe davon aus, dass sich die Zeugen "geirrt" oder "die Leiche des Speditionsfahrers" gesehen haben. Zeugen seien das schlechteste Beweismittel, sie seien in einer emotionalen Ausnahmesituation und schmissen Dinge durcheinander.
Das war für den Betroffenen so unerträglich, dass er für einige Zeit den Saal verließ. Hintergrund der Differenz ist die Version der Bundesanwaltschaft vom Tathergang. Für sie wurde der Speditionsfahrer beim Kapern des LKW getötet. Die Beobachtungen der Zeugen, die einen zweiten Mann sahen, möglicherweise den Speditionsfahrer, der folglich erst nach dem Anschlag erschossen wurde, stellen die offizielle Version in Frage. Und das darf offensichtlich nicht sein.
Die Causa Ben Ammar ist ein Schlüsselfall schließlich auch deshalb, weil daran die Theorie vom "Einzeltäter Amri" hängt. Ein Mittäter, Helfer oder Mitwisser würde sie widerlegen.
Kein Haftbefehl
Zu den Schlüsselereignissen der Anschlagsvorgeschichte gehört jener gewalttätige Angriff von vier arabischen und islamistischen Drogenhändlern, darunter Amri, auf drei andere Dealer am 11. Juli 2016 in einer Nachtbar in Berlin-Neukölln. Dabei kamen Waffen wie Messer und Gummihammer zum Einsatz. Die Tat war mindestens als "gemeinschaftliche schwere Körperverletzung" zu werten, wenn nicht sogar als "versuchtes Tötungsdelikt". Sie musste zwingend Haftbefehle nach sich ziehen.
In der Folge der Tat kam es am 18. August 2016 zu einer Besprechung von fünf Staatsschutzbeamten des Landeskriminalamtes (LKA) Berlin mit dem stellvertretenden Leiter der Generalstaatsanwaltschaft in Berlin, Dirk Feuerberg. Dabei ging es um die Person Anis Amri. Das LKA beobachtete ihn, weil er a) als islamistischer Gefährder galt, b) Mitglied einer professionellen Drogenbande war und c) nun Mittäter bei einer Messerstecherei. Mehrere LKA-Beamte hatten bereits vor dem Amri-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin zu diesem Vorgang ausgesagt, Tenor: Sie wollten einen Haftbefehl gegen den Tunesier, doch der Leitende Oberstaatsanwalt Feuerberg habe das abgelehnt.
Der war jetzt erstmals als Zeuge vor einem der insgesamt drei parlamentarischen Amri-Untersuchungsausschüsse geladen - und bestätigte die Auskünfte der LKA-Zeugen: Ja, er habe entschieden, keinen Haftbefehl zu beantragen. Amri sei kein eigener Tatbeitrag nachzuweisen gewesen. Es sei unklar, wer welche Waffe geführt habe.
Bei der späteren Verurteilung eines der Mittäter im Sommer 2017 spielte das freilich keine Rolle, denn die Tat war ja "gemeinschaftlich" begangen worden. Außerdem hatte sich Amri selbst belastet. In einem abgehörten Telefonat mit seiner Mutter in Tunesien sagte er einige Tage später, er müsse Deutschland verlassen, weil er zusammen mit einem Freund einen anderen fast erschlagen habe.
Der Auftritt des Leitenden Oberstaatsanwaltes Dirk Feuerberg offenbarte ebenfalls weniger einen korrekten Strafverfolger als einen politischen Beamten, der offensichtlich bestimmten staatlichen Interessen folgt.
Verweis auf Flüchtlingskrise
Das hatte Feuerberg schon vor Jahren im NSU-Komplex bewiesen, als er 2012 als Sonderermittler des Innensenators dessen Rolle in der lange geheim gehaltenen Affäre um den V-Mann Thomas St., der zum NSU-Umfeld zu zählen war, entlastete. Und das machte der Vize-Generalstaatsanwalt jetzt im Amri-Komplex in seinem etwa einstündigen Eingangsstatement direkt wieder deutlich.
Zunächst drückte er sein Bedauern aus, dass der Anschlag nicht verhindert werden konnte. Dann stellte er das Ereignis in einen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise jener Jahre. Es habe unter den Flüchtlingen ein "großes Reservoir perspektivloser, unterbeschäftigter Menschen" gegeben mit einer bestimmten Anzahl, die einen Anschlag begehen wollten.
Eine solche Darstellung diente auch seiner Selbstentlastung. Der Anschlag hatte mit der Flüchtlingsbewegung nichts zu tun. Die Gewaltbereiten, in deren Kreisen sich Amri bewegte, waren nicht etwa als hilfesuchende Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, sondern waren Überzeugungstäter, darunter auch deutsche Staatsbürger. Dass Amri nicht festgenommen und aus dem Verkehr gezogen wurde, hatte unter anderem ganz wesentlich Herr Feuerberg selber zu verantworten.
Er griff im Verlauf seiner Vernehmung auch auf die bekannten, aber längst widerlegten Entschuldigungsargumente zurück, Amri sei, weil als Drogenhändler unterwegs, als möglicher Terror-Gefährder unterschätzt worden. Und er verwendete für seine Rechtfertigung gar die von LKA-Beamten nach dem Anschlag konstruierten Aktenfälschungen, Amri sei nur ein "kleiner Dealer" gewesen, den man schon mal übersehen konnte. Tatsächlich hatte die Polizei festgestellt gehabt, dass Amri "gewerblich und bandenmäßig" dealte. Feuerberg sprach nun erneut von "Btm-Handel mit kleinen Mengen", so als sei das nicht längst als Manipulation entlarvt.
Dabei hantierte er selber mit einer weiteren Manipulation: Amri und seine Komplizen hätten "untereinander" mit Drogen gehandelt, damit sei das Tun "nicht bandenmäßig" gewesen, so Feuerberg.
Ähnlich seinem Staatsanwaltskollegen Grauer im Falle Ben Ammar erklärte Feuerberg im Falle Amri, es sei relativ schnell klar gewesen, dass sich "die Verdachtslage nicht erhärtete".
Als weiterer Schlüsselfall des Komplexes kristallisiert sich immer mehr die versuchte und verhinderte Ausreise Amris Ende Juli 2016 heraus. Die Aktion ist bis heute nicht aufgeklärt.
Amris Asylantrag war abgelehnt, er war ausreisepflichtig. Er hatte erfahren, dass er wegen der Messerstecherei gesucht werde, wodurch ist unklar. In dem Telefonat mit seiner Mutter erklärte er, Deutschland zu verlassen. Seine Fahrt im Fernbus Richtung Süden verfolgten die Fahnder in Berlin live per Telefonüberwachung mit. Ein Zeichen, wie eng sie an dem Gesuchten dran waren und wie ernst sie ihn nahmen. In Friedrichhafen wurde Amri aus dem Bus geholt. Die Polizei fand gefälschte Papiere und nahm ihn fest. Doch dann wurde er wieder entlassen und kehrte nach Berlin zurück.
Welche Stellen alles in die Aktion involviert waren und wer welche Entscheidung getroffen hat, ist bislang undurchsichtig. Auch Oberstaatsanwalt Feuerberg konnte nicht erklären, warum man Amri nicht ausreisen ließ. Er wisse es nicht, nehme aber an, dass er nicht unkontrolliert ausreisen sollte. Für die Haftentlassung schob er den schwarzen Peter der entsprechenden Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg zu. Die habe keine Grundlage für einen Haftbefehl gegen den Ausreisewilligen gesehen.
In Berlin fand dann wieder einige Tage später Mitte August 2016 eben jene spezielle Besprechung von LKA und dem Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, Dirk Feuerberg, über den Kandidaten Amri statt, die rätselhafter Weise zu keinerlei Konsequenzen führte. Oder solchen, die bis heute nicht bekannt sind.
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