Wer hat Angst vorm dunklen Muslim?
Bush: Rassistischer Wahlkampfspot?
Es ist Frühling und es sieht überhaupt nicht gut aus für den Kandidaten der Konservativen. George Bushs Chancen auf das Amt des US-Präsidenten werden selbst von Parteifreunden nicht sehr hoch eingeschätzt. Zu langweilig, profillos und arm an Visionen scheint der Mann zu sein und sein Gegner liegt in ersten Umfragen 17 Prozent vor ihm.
Doch der langweilige Mann lässt eine Negativkampagne zur Zerstörung seines Gegners auffahren, die, beispiellos in ihrer Aggressivität, später eine historische Zäsur in der Geschichte des US-Wahlkampfs darstellen wird. Besonders raffiniert: die "two-track"-Vorgehensweise, welche sicher stellte, dass die wirklich perfiden Angriffe auf den Widersacher von Gruppen außerhalb der Partei kamen.
Ob die Wahlen 1988 dann tatsächlich durch einen einzigen Werbefilm entschieden wurden, einen Film, der "die Angst des weißen Amerika vor dem schwarzen Mann" (Michael Moore) ausnützte, das ist natürlich nicht verbürgt. Doch der "Willie Horton-Effekt" war schon gewaltig. Der Wahlspot dramatisierte das Verbrechen eines schwarzen Häftlings, der als Freigänger rückfällig wurde und eine weiße Frau vergewaltigte. Schuld daran: Gouverneur Michael Dukakis und seine schlaffe Politik. Ab mit ihm ins Schwarze Haus.
Rassismus im Wahlkampf wird nun auch dem Sohn des George Bush vorgeworfen. Tatsächlich fährt der eine rechte "Hard-Core-Kampagne", die schon kürzlich wegen der Verwendung von Bildmaterial vom 11.9. in die Kritik geriet (vgl. "Besitzt Bush kein Schamgefühl?"). Die Spots waren in einer Umfrage von 54 Prozent der befragten Zuschauer als "unpassend" und unmoralisch empfunden worden. Zudem stellt sich noch heraus, dass die Filme mit Bildern von gefaketen Feuerwehrmännern angereichert waren. "Sieht ja aus wie Plastikhüte auf einer Geburtstagsfeier", soll sich ein echter Feuerwehrmann mokiert haben.
Jetzt läuft wieder ein Spot, welcher von einigen Seiten sehr übel genommen wird. 100 Days, von Kritikern bereits als "Mohammed Horton"-Spot bezeichnet, zeigt einen düster blickenden arabisch aussehenden Mann, dazu erklärt eine Stimme, dass John Kerry als Präsident den Kampf gegen den Terrorismus schwächen werde. Das Arabisch-Amerikanische Institut forderte letzte Woche dazu auf, den Werbespot zurückzuziehen, da er Arabern ein negatives Stereotyp aufzwänge und lediglich Furcht und Misstrauen schüre.
Nun liegt aber gerade das wohl im Interesse der Macher. Dass dahinter auch der gezielte Schachzug steckt, rassistische Vorurteile in codierte Sprache oder Bilder verpackt an den Mann zu bringen, scheint ungeheuerlich, ist aber nicht ganz von der Hand zu weisen. In Süd Carolina verschaffte sich Bush 2000 beispielsweise einen dringend nötigen Wahlsieg mit einer Rede an der Bob Jones University, nach deren Lehre weiß-schwarze Liebesbeziehungen gegen die Bibel verstoßen. Auch eine harte Linie Verbrechern gegenüber ist traditionell angeraten im US-amerikanischen Wahlkampf. Demokrat Bill Clinton unterzeichnete während des Wahlkampfes 1992 demonstrativ einen Hinrichtungsbefehl.
Niemals hat irgend jemand irgend eine Wahl verloren, weil er zu wenige Menschen umgebracht hat. Wahlen werden verloren, wenn nicht genügend Menschen hingerichtet werden. So simpel ist das. Jeder, der sich zur Wahl stellt, ist für die Todesstrafe.
Alan M. Dershowitz
"John Kerry: Steuern falsch, Verteidigung falsch", sagt die Sprecherin in "100 Days". Kerry, der bei einer Veranstaltung in Chicago vor kurzem über die Republikaner sagte (ohne zu wissen, dass sein Mikro noch an war): "Diese Typen sind die betrügerischste Lügenbande, die ich jemals gesehen habe", geht in seinen Anti-Bush Spots auch nicht gerade feinfühlig zur Sache. Dennoch beschwerte er sich über "100 Days": Die Bushs Kampagne sei ein "Angriffskommando, darauf spezialisiert, Leute zu vernichten und negativ zu sein". Doch wofür gibt es die Sprache der "Political Correctness" - auch passend bei Werbefilmen, die eben nicht "political correct" sind. So verteidigte sich der Leiter der Kampagne: "100 Days" transportiere mitnichten eine "negative" Botschaft, sondern es handele sich hier lediglich um "Kontrastwerbung".