Wer verdient in der Ukraine den Friedensnobelpreis?
Seite 2: Die Heuchelei von USA, Europa gegenüber Kriegsdienstverweigerern
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Auch Weißrussen haben sich dem Exodus angeschlossen. Nach Schätzungen von Connection e.V., einer europäischen Organisation, die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure unterstützt, sind seit Kriegsbeginn schätzungsweise 22.000 von einer Einberufung betroffene Weißrussen aus ihrem Land geflohen.
Die russische Organisation Kovcheg bzw. The Ark (Die Arche) hilft Russen, die wegen ihrer Antikriegsposition, der Verurteilung der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine und/oder der Verfolgung, der sie in Russland ausgesetzt sind, fliehen. In Weißrussland führt die Organisation Nash Dom eine "NO means NO"-Kampagne durch, um einberufungsfähige Weißrussen zu ermutigen, nicht zu kämpfen.
Obwohl die Verweigerung des Kriegsdienstes ein edler und mutiger Akt für den Frieden ist – die Strafe für die Verweigerung des Wehrdienstes beträgt in Russland bis zu zehn Jahre Gefängnis und in der Ukraine mindestens drei Jahre, wahrscheinlich viel mehr, wobei die Anhörungen und Urteile nicht öffentlich sind –, wurden weder Kovcheg, Nash Dom noch die Ukrainische Pazifistische Bewegung als Friedensnobelpreisträger erwogen und ausgewählt.
Die US-Regierung unterstützt nominell die russischen Kriegsverweigerer. Am 27. September erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, dass Russen, die vor Putins Wehrpflicht fliehen, in den USA "willkommen" seien, und ermutigte sie, Asyl zu beantragen.
Doch bereits im Oktober letzten Jahres, bevor Russland in die Ukraine einmarschierte, kündigte Washington inmitten der Spannungen zwischen den USA und Russland an, dass es fortan nur noch über die US-Botschaft in Warschau, 1.200 Kilometer von Moskau entfernt, Visa für Russen ausstellen würde.
Um den russischen Hoffnungen auf Zuflucht in den USA einen weiteren Dämpfer zu versetzen, gab die Biden-Regierung am selben Tag, an dem das Weiße Haus seine Pressekonferenz abhielt, auf der es wehrfähige Russen ermutigte, in den USA Asyl zu beantragen, bekannt, dass sie die für das Steuerjahr 2022 festgelegte Obergrenze von 125.000 Flüchtlingen auch im Haushaltsjahr 2023 beibehalten würde.
Man sollte meinen, dass diejenigen, die sich diesem Krieg widersetzen, in europäischen Ländern Zuflucht finden können, so wie Amerikaner, die vor dem Vietnamkrieg nach Kanada geflohen sind. Als der Krieg in der Ukraine noch in den Anfängen steckte, rief der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, die russischen Soldaten zur Desertion auf und versprach ihnen Schutz nach dem EU-Flüchtlingsrecht. Doch im August forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine westlichen Verbündeten auf, alle russischen Emigranten abzuweisen. Derzeit sind jegliche visumfreien Reisen aus Russland in EU-Länder ausgesetzt.
Als russische Männer nach Putins Teilmobilisierung flohen, schloss Lettland seine Grenze zu Russland, und Finnland erklärte, dass es wahrscheinlich seine Visapolitik für Russen verschärfen werde.
Wären die russischen, ukrainischen und weißrussischen Organisationen, die Kriegsverweigerer und Friedensstifter unterstützen, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden, so hätte das die weltweite Aufmerksamkeit auf die mutigen jungen Männer gelenkt, die für ihr Gewissen eintreten, und ihnen vielleicht mehr Möglichkeiten eröffnet, im Ausland Asyl zu erhalten.
Es hätte auch eine dringend benötigte Diskussion darüber angestoßen, dass die USA die Ukraine mit einem endlosen Strom von Waffen beliefern, aber nicht auf Verhandlungen zur Beendigung eines Krieges drängen, der so gefährlich ist, dass Präsident Biden vor einem "nuklearen Armageddon" warnt.
Es hätte sicherlich mehr dem Wunsch Alfred Nobels entsprochen, denjenigen weltweite Anerkennung zukommen zu lassen, die "am meisten oder am besten zur Förderung der Völkergemeinschaft und zur Abschaffung oder Verringerung stehender Armeen beigetragen haben."
Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Medium Common Dreams. Übersetzung: David Goeßmann.
Medea Benjamin ist eine führende US-Friedensaktivistin. Sie ist Mitbegründerin von Global Exchange und Codepink: Women for Peace, Autorin des 2018 erschienenen Buches "Inside Iran: The Real History and Politics of the Islamic Republic of Iran". Zu ihren früheren Büchern gehören: "Kingdom of the Unjust: Behind the U.S.-Saudi Connection" (2016); "Drone Warfare: Killing by Remote Control" (2013); "Don't Be Afraid Gringo: A Honduran Woman Speaks from the Heart" (1989) und (mit Jodie Evans) "Stop the Next War Now (Inner Ocean Action Guide)" (2005).
Ariel Gold ist Geschäftsführerin des Versöhnungsbundes in den USA, der ältesten Organisation für Frieden und Gerechtigkeit in den USA. Zuvor war sie nationale Co-Direktorin von Codepink, wo sie die Koalition für Frieden in der Ukraine mitverwaltete.
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