Wie Süßstoffe unbemerkt ins Trinkwasser gelangen und was das für Folgen hat

Diätetischer Zuckerersatz auf dunklem Hintergrund.

(Bild: Tatjana Baibakova / Shutterstock.com )

Süßstoffe reichern sich zunehmend im Trinkwasser an. Was das für Folgen hat, weiß niemand genau. Klar ist: Ausgerechnet Hamburg schlägt Alarm.

Geht von Süßstoffen eine Gefahr aus, wenn sie sich im Trinkwasser oder in Lebensmittel zunehmend anreichern? Und welche Interferenzen können beispielsweise mit Medikamenten, Nanoplastik oder PFAS auftreten.

Untersucht wurde das bislang nicht und so genau will das bis heute auch niemand wissen. Getreu dem Motto, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Über die Folgen kann man sich ja dann noch Gedanken machen, wenn sie unabwendbar sind. Das dürfte in dieser Generation noch nicht der Fall sein und für die Folgegenerationen fühlt sich hier niemand verantwortlich.

In der EU sind elf Süßstoffe zugelassen. Das sind, immer mit der zugehörigen E-Nummer: Acesulfam K (E 950), Advantam (E 969), Aspartam (E 951), Cyclamat (E 952), Sucralose (E 955), Thaumatin (E 957), Neohesperidin (E 959), Steviolglycoside (E960), Neotam (E961), Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962), Saccharin (E 954) und Stevioglykoside (E 960).

In Deutschland gilt Trinkwasser aus der Leitung als bestüberwachtes Lebensmittel und kann anders als beispielsweise in Frankreich bedenkenlos getrunken werden. Problematisch können alte Hausinstallationen sein, bei welchen noch Stoffe benutzt wurden, die heute niemand mehr im Trinkwasser sehen möchte. Das ist jedoch Privatsache der Hauseigentümer und nicht Sache der öffentlichen Hand. Deren Verantwortung endet am Hausanschluss.

Wasser wird auf seinem Weg ins Meer mehrmals genutzt

Wenn sich nicht abbaubare Süßstoffe entlang der Trinkwasserkette Richtung Meer immer mehr anreichern, ist es kein Wunder, wenn Hamburg Wasser als Erster auf diese Entwicklung aufmerksam macht.

Bei den im Grundwasser nachgewiesenen Süßstoffen handelt es sich um Cyclamat, Saccharin, Sucralose und Acesulfam K. Denn die Stoffe sollten gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen. Nur so lassen sich die Grundwasservorräte für die nachfolgenden Generationen schützen.

Diese Idee ist jedoch politisch eher unerwünscht, sollen sich doch folgende Generationen um die Probleme kümmern, für die sie nicht verantwortlich sind. Bei der Nutzung der Kernkraft ist das schon seit Jahrzehnten das Erfolgsrezept.

Was für den aktuellen Kunden bequem ist, wird ihm verkauft und von ihm ohne Bedenken konsumiert, ohne die Folgewirkungen zu berücksichtigen. Diese Schiene fahren auch die Süßstoffhersteller, welche auf den Nutzen der Süßstoffe fokussieren. Der Süßstoff-Verband e. V. vermerkt:

Süßstoffe können damit einen wichtigen Teil zu einem ausgewogeneren Lebensstil beitragen. Sie bieten eine große Auswahl an süß schmeckenden Optionen mit wenig oder gar keinen Kalorien und können daher, wenn sie anstelle von Zucker und als Teil einer ausgewogenen Ernährung verwendet werden, einen nützlichen Beitrag zur Verringerung der Gesamtzucker- und Kalorienaufnahme sowie zur Steuerung des Blutzuckerspiegels leisten. Besonders für Diabetes-Betroffene bedeutet der süße Genuss – ohne Kalorien und ohne Wirkung auf den Blutzuckerspiegel – ein Stück Lebensqualität.

Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die Nachfrage nach mit Zucker oder seit dem Jahr 1887 auch mit Süßstoffen wie Saccharin ″veredelten″ Nahrungsmittel auf einer Gewöhnung an Gesüßtes beruht, das einer Drogenkarriere ähnelt.

Und wer darauf hofft, dass er mit Süßstoffen statt Zucker abnimmt, dürfte sich getäuscht haben, weil Süßstoffe dem Körper kein Sättigungsgefühl vermitteln, da sie nicht in der Lage sind, die Freisetzung von Sättigungshormonen auszulösen und somit den Hunger nicht bremsen.

Und was bei der Propagierung von Süßstoffen auch gerne unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass die meisten Süßstoffe für die Lebensmittelhersteller im Einkauf günstiger sind als gewöhnlicher Haushaltszucker.

Die in die Umwelt getragenen Süßstoffe stammen jedoch mitnichten alle aus Lebensmitteln und Getränken. Denn diese Substanzen werden auch in der Tiermast eingesetzt. So bekommen Ferkel Ersatzmilch mit Süßstoffen, um sie schneller von der Muttermilch zu entwöhnen.

In der Nähe von Schweinezuchtbetrieben konnte man in Grundwassermessstellen erhöhte Konzentrationen von Süßstoffen im Grundwasser feststellen.

Gesundheitsgefahren durch Süßstoffe?

Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Süßstoff Aspartam als "möglicherweise krebserregend" eingestuft.

Im Jahr 2013 war die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA zu dem Schluss gekommen, dass Aspartam und dessen Abbauprodukte für die allgemeine Bevölkerung, einschließlich Säuglinge, Kinder und Schwangere unbedenklich sei.

Bei langfristiger Verwendung von Süßstoffen steige das Risiko einer Gewichtszunahme aufgrund der fehlenden Sättigungshormone und sogar von Adipositas, heißt es in einer neuen Leitlinie der Weltgesundheitsorganisation. Bei Erwachsenen sei der langfristige Konsum unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden.

Zudem stehen Süßstoffe im Verdacht, die Darmflora zu schädigen. Eine Studie aus dem Jahre 2021 zeigte, dass unter anderem Aspartam Darmbakterien negativ beeinflussen können. Einige konnten dadurch die Darmwand überwinden. Wenn sie so in den Blutkreislauf oder andere Organe gelangen, könnten sie dort Infektionen verursachen.

Es dürfte in jedem Fall gesünder sein, auf den Zusatz von Süßungsmitteln jeder Art zu verzichten und sich den originalen Geschmack der Lebensmittel zu konzentrieren. Wenn Süßstoffe jedoch im Wasser nicht mehr vermeidbar sind, entfällt diese Entscheidungsmöglichkeit.