Wie blutige Ölpolitik und Klimakriege die Zukunft verbrennen

Seite 3: Kohlenstoffmärkte und hohle Versprechen der reichen Länder werden uns nicht retten

Sie sind dagegen, die Krise mit Kohlenstoffmärkten zu lösen. Es gibt Leute, auch unter Umweltschützern, die glauben, dass die Bepreisung von Kohle, Öl und Gas deren Nutzung reduzieren könnte. Warum glauben Sie, dass das der falsche Weg ist, um das Problem anzugehen, und zu einem falschen Ergebnis führt? Was sind die Alternativen?

Nnimmo Bassey: Es gibt die Überzeugung, dass Menschen erst in einer Sache aktiv werden, wenn man einen Preis dafür festlegt. Und so versucht man, den Preis für Kohlenstoff so festzulegen, dass es attraktiv und profitabel ist, weniger Kohlenstoff auszustoßen. Das wird dann von denen bezahlt, die weiter emittieren wollen.

Das Klima basiert aber nicht auf Mathematik, die Natur funktioniert nicht nach Berechnung. Man kann also nicht einfach sagen: "Weil hier jemand für Kohlenstoff bezahlt hat, wird er das Richtige tun."

Man versucht etwa Wälder durch das sogenannte REED-Schutzprojekt als Kohlenstoffspeicher zu nutzen: Man weist einen Wald als zu förderndes Projekt aus, so dass er nicht abgeholzt wird. Doch dann wird einfach ein anderer Wald gerodet. Das funktioniert also nicht wirklich.

Die Welt muss endlich begreifen, dass es an der Zeit ist, echte Maßnahmen zu ergreifen und die Emissionen an der Quelle zu stoppen. Und das bedeutet, die fossilen Brennstoffe im Boden zu belassen und nicht nur Kohlenstoff, Bäume, Wale, Elefanten oder sonst was auf Märkten anzubieten und zu glauben, dass die Märkte sich dann schon um den Kohlenstoff kümmern werden.

Dazu kommt, das man auf Kohlenstoffabscheidung und -speicherung setzt oder andere Möglichkeiten, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu absorbieren. Eine davon ist die sogenannte Ozeandüngung, bei der man große Mengen von Eisenspänen im Meer verteilt. Das soll zu einer Algenblüte führen, die Kohlenstoff bindet.

Solche Vorschläge sind aber nur Ideen, an sich nicht schlecht, sie werden in der Natur aber nicht so funktionieren. Denn ein Teil der Algen wird von Fischen gefressen, die dann sterben und den Kohlenstoff wieder freisetzen. Und ein Teil der Algen wird nie auf den Meeresgrund gelangen.

Eine andere Idee ist, Wolken weiß zu machen, um mehr Sonnenstrahlung in den Weltraum zu reflektieren. Oder man will Bäume gentechnisch so verändern, dass sie weiße Blätter entwickeln und den sogenannten Albedo-Effekt der Erde verstärken, also Sonne zurückstrahlen.

All diese künstlichen Maßnahmen zur Klimasteuerung müssen planetar durchgeführt werden, und zwar permanent, denn sobald sie gestoppt oder durch irgendetwas unterbrochen werden, geht die Wirkung verloren, was große Probleme erzeugt.

Der Kohlenstoffhandel und die Kohlenstoffkompensation ermöglichen also Experimente, die nicht bewiesen und teuer sind und außerdem den reichen, mächtigen Staaten noch mehr Macht verleihen, während die schwachen Länder großen Risiken ausgesetzt werden. Denn niemand wird das Klima manipulieren und sich dann selbst benachteiligen. Das Risiko werden also am Ende diejenigen tragen, die weder mit der Verschmutzung der Atmosphäre zu tun haben, noch diese Instrumente in die Atmosphäre gebracht haben.

Einige dieser Ideen stammen zudem von Leuten, die einfach gerne Experimente durchführen. Man kann diese Art von Experimenten jedoch nicht in kleinem Maßstab durchführen. Wenn sie erst einmal den globalen Maßstab erreicht haben, hat das massive Auswirkungen auf die Menschen auf der ganzen Welt. Das können wir uns wirklich nicht leisten.

Deshalb fordern wir echte Klimaschutzmaßnahmen, die Senkung der Emissionen, die Änderung unseres Lebensstils, die Abkehr von der modernen industriellen Landwirtschaft, welche Wälder zerstört und zu Monokulturen führt, die Unterstützung von Kleinbauern, die Förderung einer umfassenden Ökologie, die uns gesunde Böden, gesunde Lebensmittel und gesunde Bauern beschert – und darüber hinaus noch den Planeten abkühlt.

Mit sehr einfachen Dingen können wir die Erderwärmung in den Griff bekommen, zum Beispiel durch die Reduzierung unseres Mülls, die Reduzierung des übermäßigen Konsums und das Arbeiten und Leben innerhalb der globalen Grenzen.

Wir hören immer wieder Versprechungen von Regierungen – vorwiegend aus den Industrieländern –, den Planeten zu retten. Wie schätzen Sie das ein?

Nnimmo Bassey: Vor dem Klimagipfel in Kopenhagen 2009 wurde über verbindliche Emissionsreduzierungen gesprochen, also darüber, dass die Industrieländer verpflichtet sind, ihre Emissionen auf ein bestimmtes Niveau zu senken, und zwar auf eine Art und Weise, die überprüfbar ist.

Aber seit Kopenhagen und seit dem Pariser Abkommen ist alles freiwillig, so dass alle versprechen können, was ihnen gerade so passt. Es gibt auch keine Möglichkeit, sie für das, was sie versprochen haben, zur Rechenschaft zu ziehen. Einige Staaten versprechen seit Glasgow jetzt, die Entwaldung bis 2030 zu beenden, ein Versprechen, das sie schon vor einigen Jahren gegeben haben.

Es sind die immer gleichen, hohlen Wohlfühl-Ankündigungen. Sie sind mehr oder weniger heiße Luft, sie enthalten nichts Substantielles, keine ernstgemeinten Maßnahmen.