Wie der Tod Gorbatschows im Westen missbraucht wird
- Wie der Tod Gorbatschows im Westen missbraucht wird
- Warum Gorbatschow zu Recht den Westen und die USA kritisierte
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In der Medienberichterstattung wird Michail Gorbatschow nach seinem Tod gehuldigt als Reformer und westlich orientierter Staatsmann. Doch tatsächlich ist er auch ein scharfer Kritiker US-geführter Geopolitik gewesen.
Es ist heute eine der Topmeldungen: Der frühere sowjetische Staatschef und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow ist tot. Er verstarb im Alter von 91 Jahren.
Gorbatschow wird in Nachrufen als einer der "Väter der Deutschen Einheit" und "Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges" gepriesen. Mit seinen Reformbemühungen wie der Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) habe er das kommunistische, dem Westen feindlich gesinnte Imperium beenden können und die Welt friedlicher gemacht.
Betont wird darüber hinaus in Deutschland, aber auch in westlichen Medien insgesamt, dass Gorbatschow kritisch gegenüber Kremlchef Wladimir Putin gewesen sei. Als Miteigentümer der kremlkritischen Zeitung Nowaja Gaseta habe er Putin mehrmals aufgefordert, die Freiheit der Wahlen und Medien nicht einzuschränken.
Der Tod Gorbatschows wird dabei in ein nicht ganz neues Narrativ eingebettet: Gorbatschow steht für das gute Russland, orientiert an westlichen Werten und einem guten Verhältnis zu Europa und den USA. Putin hingegen verkörpert einen auftrumpfenden, autoritären und expansionistischen Staat mit imperialen Ambitionen.
Die Realität ist etwas diffiziler und komplexer. Denn einige unangenehme Aspekte werden bei der Huldigung Gorbatschows bewusst außen vor gelassen.
So hat sich Gorbatschow immer wieder kritisch gegenüber der Politik der USA, der Nato und des Westens nach dem Ende des Kalten Krieges geäußert. Er fühlte sich schon im November 1989 von dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl überrumpelt, als der plötzlich mit einem Zehn-Punkte-Plan ankam. Damit wurde Gorbatschows Absicht, die osteuropäischen Verbündeten weiter an die Sowjetunion zu binden und auf eine langsame Annäherung zu setzen, jäh untergraben. Er musste schließlich die Wiedervereinigung Deutschlands akzeptieren, hoffte aber darauf, dass das im Westen honoriert werde, indem Russland zu einem langjährigen Partner werde, wie William Taubman, Pulitzer-Preisträger und Autor einer Gorbatschow-Biografie mitteilt.
Gorbatschows Hoffnung wurde zu Anfang auch genährt durch einige positive Signale vor allem aus Deutschland. So sagte der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher am 31. Januar 1990:
Was auch immer innerhalb des Warschauer Paktes geschieht, es wird keine Ostausweitung der Nato geben, das heißt: näher an die Grenzen der Sowjetunion heran.