Wie die AfD um die Macht im Osten kämpft – und was sie dort stark macht
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Gebrochene Versprechen bürgerlicher Demokratie: Nicht einmal die Hälfte der Ostdeutschen sieht sich als Gewinner der "Wende". Wie trifft gerade die AfD diesen Nerv?
Die AfD ist eine der rechtsextremsten und rechtsradikalsten Parteien in Westeuropa, sie will eine andere völkisch-ethnisch reine Republik und deswegen die ultimative Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen System. Sie will Destruktion und Zerstörung zugunsten einer anderen Republik und damit in den Bundesländern beginnen, in denen sie die Macht in Wahlen erringen könnte.
Entschlossene Strategen: AfD bereit zum fundamentalen Angriff
Sie wäre zwar demokratisch gewählt, aber eine antidemokratische Partei, in den Worten von Höcke eine "fundamentaloppositionelle Bewegungspartei", die eine andere Republik durchzusetzen versuchen wird.
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Die Strategen dieser Partei sind zu diesem fundamentalen Angriff entschieden, nicht nur Björn Höcke in Thüringen und seine Stichwortgeber am Institut für Staatspolitik um Götz Kubitschek, Benedikt Kaiser und die Zeitschrift "Sezession", sondern auch Jörg Urban in Sachsen und Maximilian Krah bei der Europawahl.
2024 sieht sich die AfD in diesen Wahlen auf der Siegerstraße und Urban, Krah oder Höcke wollen es wissen: Haben sie die Exekutive in der Hand, werden sie sie zu nutzen wissen. Auf dem Weg, die Demokratie zu zerstören, ist ihnen jedes Mittel recht, das Erfolg verspricht.
Verunsicherung und autoritäre Traditionen
Dass die AfD in Sachsen oder Thüringen an den Toren der Macht rüttelt, ist Resultat einer langfristigen Entwicklung aufgrund des Autoritarismus vor 1989 und falscher Versprechungen nach 1989, die zu einer großen Distanz zum demokratischen System beigetragen haben – und eine aktuell dramatische Krise des Politischen.
Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, inflationäre Wohlstandsverluste, eine von Dogmen geprägte Ampel-Koalition und schwere handwerkliche Fehler im Wirtschaftsministerium haben die Stimmenanteile der AfD innerhalb eines Jahres mehr als verdoppeln können.
Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten in Ost und West
Gewiss, diese Ergebnisse sind letztlich auch ein Resultat der autoritären Unterordnungserfahrungen aus der DDR. Aber umso entschiedener muss bezweifelt werden, dass das Angebot zur Demokratie den Menschen in der DDR zur Zeit der Wende angemessen vermittelt worden ist.
Wenn sich erneut große Teile der Ostdeutschen als Bürger zweiter Klasse begreifen, hat dies auch mit den Bedingungen der Einigung zu tun. Zu Recht war und ist in den ostdeutschen Wahlkämpfen die Rede von realen Ungleichheitserfahrungen: Es gibt erhebliche Unterschiede bei Jobs, Internet, Bildung und Versorgung.
Die Stärke der AfD in strukturschwachen Regionen
Die Ausstattung mit schnellem Internet ist trotz großer Versprechungen schon von vor zehn Jahren durch die Regierungspartei SPD in Brandenburg immer noch nicht angemessen hergestellt. Lange Zeit war es auch in Brandenburg vorherrschende Politik, Leuchtturm-Projekte zu unterstützen und so das flache Land mit immer weniger Bussen, Ärzten, Anbindungen und Schulen aus vermeintlich ökonomischen Gründen zu vernachlässigen.
In diesen Regionen ist in der Regel die AfD stärker als anderswo. Nach dem Rat kluger Ökonomen wurden Schwerpunkte gebildet und das Land vernachlässigt. Mit Leuchtturm konnte man sich sehen lassen, ob in Jena in Thüringen, in Dresden mit dem Wiederaufbau der Kirche oder in Brandenburg.
Zugleich wird wahrgenommen, dass eine Angleichung der Renten aussteht und diese für einen beträchtlichen Teil auch der Frauen zu knapp bemessen sind und dass jedes fünfte Kind in Armut aufwächst. Nach dem von der Bundesregierung veröffentlichten Teilhabe-Atlas erreicht die Lebenserwartung von Neugeborenen in abgehängten Regionen nur 79,7 Jahre, in reichen Großstädten und ihren Speckgürteln 81,7.
Benachteiligung als Wende-Erfahrung
Besonders prekär: In abgehängten Regionen liegt der Anteil aller Schulabgänger ohne Abschluss um 50 Prozent höher als in reichen Großstädten und ihren Speckgürteln, nämlich bei neun Prozent. Vielleicht die größte Gefahr: Wenn es schlecht läuft, könnte eine Abwärtsspirale aus sinkenden Einwohnerzahlen und schwindender Versorgung die Situation weiter verschärfen.
Die "Wende" ist noch immer für viele mit dem Gefühl verbunden, benachteiligt worden zu sein. Keine linksradikale Propaganda, sondern beobachtbar und von jemand wie Helmut Schmidt als berechtigtes Gefühl immer wieder betont: Er verstehe, dass die Ostdeutschen sich als Bürger zweiter Klasse fühlen.
Viele Menschen in Ostdeutschland hatten sich eine bessere ökonomische und politische Entwicklung gewünscht und haben nun keine Hoffnung mehr darauf, dass eine der demokratischen Parteien ihre Enttäuschung auflösen könnte.
Abwicklung ostdeutscher Betriebe: Langzeitfolgen der Treuhand
Von besonderer Bedeutung ist die Treuhanderfahrung – eine Erfahrung, die darin bestanden hat, dass der solvente Westen die Substanz in der ehemaligen DDR aufgekauft und nicht selten auch stillgelegt hat, wie Dirks Laabs in seiner Studie deutlich macht:
"Die Treuhand und die damalige Bundesregierung haben immer versucht, das letzte Wort in Sachen Treuhand zu haben. Sie haben der Öffentlichkeit versichert, dass im Großen und Ganzen alles mit rechten Dingen zugegangen sei." (Dirk Laabs: "Der deutsche Goldrausch. Die wahre Geschichte der Treuhand", 2012; S. 344)
Es ist Zeit, fordert er, dies durch Fakten zu belegen. Das Bundesfinanzministerium muss zulassen, dass ein neutrales Urteil über die Geschichte der Treuhand gesprochen wird, sonst bleibe die Treuhand immer eine schwelende Wunde, die das Klima in einem Land vergiftet, das eigentlich vereint sein sollte.
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