Wie die EU die Denkfehler Hitlers wiederholt

Seite 2: Verbraucher und Transformierungsschüler statt Agrarsklaven

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Die EU-Erweiterung wurde von Staaten wie Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien gebilligt, die trotz erfolgreicher Industrialisierung und Dienstleistungsgesellschaft selbst hohe Agrarüberschüsse produzieren. Sie sicherten etwa Griechenland, Polen, Rumänien und Bulgarien zu, selbst zu diesen Überschüssen beitragen zu können, wenn sie im Gegenzug akzeptierten, keine eigenen Banken, Versicherungen, Telefongesellschaften, Tankstellen oder Supermärkte mehr zu betreiben und keine eigenen Autos zu produzieren. Vor allem aber sicherten sie ihnen das Recht zu, eigene Staatsanleihen auszugeben, die in der EU als Währung und vor allem als Eigenkapitalersatz akzeptiert werden.

Vereinfacht: Westeuropäische Banken kaufen griechische und osteuropäische Staatsanleihen, für die sie kein Eigenkapital hinterlegen müssen, mit Krediten der EZB zu 0,25 Zins, um dann den Zins in Höhe von 4 Prozent vom ausgebenden Land als risikolosen Reingewinn zu erhalten und zusätzlich das Geld über die lokalen Filialen für 7% Zins, also für das 28-Fache des eigenen Zinssatzes weiterverleihen zu können.

Die EU ist deshalb nicht - wie einst Hitler - auf der Suche nach neuen Agrarflächen, sondern nach "Wachstumsmärkten", in denen in der Reihenfolge Staatsanleihen, Kredite, Versicherungen und am Ende Konsumgüter auf Kredit verkauft werden können. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle im Mai 2014:

Wenn wir ernst damit machen wollen, die Länder in Osteuropa zu transformieren, dann müssen wir auch ernsthaft das mächtigste Instrument, das wir zur Umgestaltung haben, nutzen: die Erweiterung.

Die neuen EU-Bürger sind keine Arbeitsbienen in Feld und Bergwerk, sondern Verbraucher von Schokoriegeln, PKWs und Universitätsabschlüssen, von Handyverträgen, Werbeblöcken, Transformierungskursen und Altersvorsorgeprodukten. Dass ihr Geld weitgehend nur aus der Notenpresse stammt, mindert ihre Funktion dabei nicht.

Mit dieser Vorgeschichte nun kann man die Ukraine-Krise interpretieren: War einst Hitler noch auf die "Kornkammer" Ukraine aus, die Millionen Herrensiedler ernähren sollte, so geht es nun um Kreditnehmer, eben "Verbraucher". Bereits die rechnerische Erweiterung der EU um weitere 45 Millionen Einwohner vermindert statistisch die Pro-Kopf-Ausgaben im EU-Haushalt und die Verschuldung pro Kopf signifikant.

Bulgarien etwa weist bis heute die niedrigste Verschuldung aller EU-Flächenstaaten aus. Die niedrig verschuldeten Länder Osteuropas unterstützen damit die AAA-Solvenz der EU.

Falsche Prognose für die Ukraine

Doch so, wie Hitler fälschlicherweise glaubte, Polen, Russen und Ukrainer würden dauerhaft Arbeitssklaven einer deutschen Herrenrasse werden, täuscht sich die EU auch in der Ukraine. Das bankrotte Land, das sich 1991 von der Sowjetunion losgesagt hat, ist im Gegensatz zu Russland, Polen und selbst den baltischen Staaten in keiner Weise in der Lage, sich selbst wirtschaftlich zu erhalten.

Dass nun viele der notleidenden Ukrainer wahlweise nach Russland oder in die EU möchten, entwirft keine Investitionsperspektive in dem korrupten Land, in dem es keine funktionierenden Rechtsinstitutionen oder Bildungseinrichtungen, kein Gesundheitssystem oder auch keine flächendeckende Strom- und Wasserversorgung mehr gibt. Die Ukraine ist ein dauerhafter Versorgungsfall.

Die Mittel der EU, des IWF und der Weltbank, die die Ukraine dringend zum Aufbau minimaler Zivilstrukturen benötigte, fließen nun in einen ökonomisch und politisch völlig sinnlosen Bürgerkrieg, denn wer wird sich selbst im "Erfolgsfall" der Vertreibung oder Unterjochung von etwa 5 Millionen russisch fühlenden Ost-Ukrainern dort an der Grenze zu Russland ansiedeln wollen, wo doch für Jahrzehnte Restitutions- und Entschädigungsansprüche der Geschädigten und Vertriebenen bestehen, die, sollten sie je zum Europäischen Gerichtshof gelangen, von Kiew nie beglichen werden könnten? Der Bürgerkrieg in der Ukraine ist - und das teilt er mit dem in Israel-Palästina, Syrien und im Irak - ohne jede Perspektive.

Hitlers Denkfehler, den die Briten 1947 mit der durch friedlichen zivilen Widerstand erreichten unfreiwilligen Aufgabe Indiens korrigierten, Kolonisation für wirtschaftlich zu halten, setzt sich in der gegenwärtigen EU-Außenpolitik unter dem Signum der Wachstumsmärkte von "Verbrauchern" und "Transformationen" fort. Am Ende stehen Kriege und Bürgerkriege und der Verlust der zukunftsträchtigsten und bewährtesten Handelspartner Europas, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, allen voran Russland.

Die EU als "Volk ohne Verbraucher" könnte jedoch problemlos downsizen und auch ohne Türkei und Ukraine ein friedliches Naturparadies bleiben, das sich zur Not dauerhaft von hauseigenen Pasta, Pommes, Pivo und Pork ernähren kann.

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