Wie die Nato den Klimawandel anerkennt und zugleich forciert
Nordatlantikpakt sorgt sich um Sicherheit durch Umweltschäden. Krieg in der Ukraine und Aufrüstung steigern diese Gefahr. Das wird verschleiert – wie auch andere Bedrohungen.
Dieser Tage geben Spitzenpolitiker weltweit Gedanken Raum, die sich gegenseitig ausschließen. Sie folgen einem Weg, der bei George Orwell vom "Doppelsprech" – Doublespeak – gekennzeichnet war. Er meinte damit eine Kommunikationsform, mit der von Regierungen, Unternehme und deren Lobbyisten absichtlich verschleiern, verfälschen oder die Bedeutung von Begriffen umkehren, um ihre Machtstrukturen aufrechtzuerhalten und auszubauen. Die berühmten Beispiele stehen am Ende von Orwells dystopischen Roman 1984, es sind die Parolen "Krieg ist Frieden", "Freiheit ist Sklaverei" und "Ignoranz ist Stärke".
Die Nato hat in ihrem Strategischen Konzept, das der Madrid-Gipfel Ende Juni 2022 beschlossen hat, den Klimawandel als "eine entscheidende Herausforderung unserer Zeit" anerkannt. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte in einer Pressekonferenz während des Gipfels:
Wir haben vereinbart, den Kampf gegen den Klimawandel zu verstärken. Und die Einrichtung eines neuen, mit einer Milliarde ausgestatteten Innovationsfonds.
Schon im September 2020 hatte Stoltenberg gesagt: "Der Klimawandel bedroht unsere Sicherheit." Daher müsse das Bündnis "mehr tun, um den Klimawandel besser zu verstehen und ihn in alle Aspekte unserer Aufgaben einzubeziehen, von der militärischen Planung bis hin zur Art und Weise, wie wir unsere Streitkräfte ausbilden und trainieren."
Die Gipfelerklärung der Nato 2022 schließt daran mit diesen Worten an:
Der Klimawandel ist eine entscheidende Herausforderung unserer Zeit mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Sicherheit der Alliierten. Er ist ein Bedrohungsmultiplikator. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen der politischen und militärischen Strukturen und Einrichtungen der NATO unter Beibehaltung der operativen und militärischen Effizienz sowie der Kosteneffizienz erheblich zu senken. Wir werden Überlegungen zum Klimawandel in alle Kernaufgaben der NATO integrieren.
Offiziell einigten sich die Teilnehmer des Nato-Gipfels laut Stoltenberg "auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, einschließlich der Ziele, die Treibhausgasemissionen der Nato zu senken und bis 2050 auf ein Nullwachstum hinzuarbeiten. Auf dem Gipfel wurde auch ein neuer NATO-Innovationsfonds ins Leben gerufen, der dem Bündnis helfen soll, seinen technologischen Vorsprung zu vergrößern".
Der Nato-Gipfel 2021 in Brüssel sah im Klimawandel bereits einen "Bedrohungsmultiplikator, der sich auf die Sicherheit des Bündnisses auswirkt". Man versicherte: "Wir werden sämtliche Bedrohungen und Herausforderungen angehen, die die euroatlantische Sicherheit betreffen."
Die Nato stellt in ihren aktuellen strategischen Narrativen den Ukraine-Krieg derart in den Vordergrund, als gäbe es die über 30 weiteren gewaltsamen Konflikte und Kriege weltweit nicht.
Der Ukraine-Krieg offenbart eine brandgefährliche Apokalypseblindheit auf allen Seiten. Die 15 Atomreaktoren der Ukraine stellen ein ökologisches Risiko dar, das Kriegsstrategien im Interesse der Zukunft der Zivilisation verbietet.
Atomanlagen sind auch im Falle, dass sie nicht direkt durch Kampfhandlungen geschädigt werden, eine tickende Zeit- und damit Atombombe: Ihre Sicherheit ist nur bei ununterbrochen störungsfreier Kühlung gegeben.
Andernfalls läuft der Reaktor heiß, und mit dem Eintreten der Kernschmelze schmilzt sich der Reaktor durch sein Stahlbeton-Fundament und sinkt wegen des hohen Gewichts, zu dem das schwere Nuklearmaterial aus Uran und Plutonium beiträgt, immer weiter ins Erdreich ab. Wenn er dort auf Grundwasser trifft, kommt es zu einer Wasserdampfverpuffung.
Eine strahlungsintensive Wasserdampfwolke steigt mit großer Hitze weit hoch in die Atmosphäre. Winde tragen sie über große Gebiete Europas und können ganze Staaten erfassen. Leben wird nachhaltig verstrahlt.
Die Havarie des Atomkraftwerkes Tschernobyl war dafür ein warnendes Ereignis, dessen Lektion die Verantwortungsträger allerdings nicht gelernt haben, was jetzt für alle informierten Menschen sichtbar zu fatalen, zu unkalkulierbaren Risiken führt.
Die Katastrophe von Tschernobyl gab der Menschheit die Möglichkeit zu einer Vorahnung auf das, was ihr droht, wenn ein so genannter GAU geschieht, ein größter anzunehmender Unfall.
Eine weitere nukleare Zeitbombe mit weniger apokalyptischen Ausmaßen stellen Waffen mit abgereichertem Uran dar, die Nato-Staaten an die Armee der Ukraine für die Bekämpfung gepanzerter Fahrzeuge lieferten. Zugleich wird der Ukraine-Krieg von der Nato dafür missbraucht, eine weltweite und sprunghafte weitere Steigerung der Hoch- und Atomrüstung zu rechtfertigen.
Diese Hochrüstung kann sich die Menschheit in Zeiten der Klimakatastrophe, des Artensterbens, der Meeresversauerung und der Wüstenausdehnung sowie die Polkappen- und Gletscherschmelze nicht leisten. Schon jetzt betragen die offiziellen Militärausgaben der Nato fast das Zwanzigfache des Militäretats Russlands.
Dieses Zahlenverhältnis straft die Legitimation der Hochrüstung der Nato Lügen. Die mit dem bereits jetzt erreichten Stand der Hochrüstung verbundenen Konsequenzen für Verbrennungsabgase in der Atmosphäre durch Produktion, Betrieb und Entsorgung von Kriegsmaterial, die Ressourcenvernichtung nicht nur bei Platin, Plutonium, seltenen Erden, Kobalt, Nickel und fossilen Energieträgern überstrapazieren die Abwehrkraft der Erde gegen die Vergiftung und weitere Schädigung der Biosphäre, des Lebensraums der Menschheit.
Die USA haben bei den Klimakonferenzen aber durchgesetzt, dass die Klimaschädigungen durch Militär bei den Berechnungen der Staaten, die sie der UNO mitteilen, nicht mitberücksichtigt werden.