Wie ein mRNA-Vakzin gegen Zeckenbisse helfen könnte
Tschechische Forscher stellen positive Ergebnisse gegen gefährliche Parasiten vor. Lyme-Borreliose könnte eingedämmt werden
Mit der Corona-Pandemie und dem Vakzin von Biontech und Pfizer ist die relativ neue Methode der mRNA-Impfstoffe erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Von Impfkritikern skeptisch beäugt, hat sich das Mittel mit dem Handelsnamen Comirnaty bislang als eines der zuverlässigeren Pharmazeutika zur Bekämpfung der Pandemie bewiesen. Nun hat auch ein Forscherteam der Tschechischen Akademie der Wissenschaften um Petr Kopáček Erfolge mit einer mRNA-Impfung gegen Lyme-Borreliose vermeldet1.
Mit dem noch experimentellen mRNA-Impfstoff sei es gelungen, eine "Zeckenimmunität" zu erreichen, heißt es in einem Paper, das am Mittwoch dieser Woche von der American Association for the Advancement of Science veröffentlicht wurde. Bei Versuchen mit Meerschweinchen sei es gelungen, die Nager für die Zecken unattraktiv zu machen, sodass sie von ihnen abließen.
Durch Zecken übertragene Infektionen wie Lyme-Borreliose oder Infektionen mit Powassan-Viren haben in Nordamerika und Europa zuletzt stetig zugenommen. Die US-amerikanische Seuchenschutzbehörde, die Centers for Disease Control, geht von jährlich 40.000 neue Fällen von Lyme-Borreliose aus. Die Experten schließen nicht aus, dass die tatsächliche Anzahl der Infektionen bis zu zehnmal größer liegt.
"Impfstoffe würden dazu beitragen, die Belastung durch Zecken übertragene Krankheiten zu senken, bislang sind aber alle Bemühungen, Impfstoffe für bestimmte Krankheitserreger zu entwickeln, erfolglos geblieben", heißt es in dem Paper, das in dem Fachmagazin Science Translational Medicine der American Association for the Advancement of Science erschienen ist.
Zuvor schon hatte Forscher um die US-Biotechnikerin Andaleeb Sajid einen breiteren Ansatz mit einem Anti-Zecken-Impfstoff verfolgt, der auf der Idee der Zeckenimmunität basierte.2 Von einer solchen Immunität spricht man, wenn Menschen und Tiere nach wiederholter Exposition eine teilweise Widerstandsfähigkeit gegen Zeckenbisse entwickeln.
Bissstelle wird sichtbarer, Zecken lassen von Wirt ab
Um Zeckenimmunität ohne Zeckenbisse zu erzeugen, haben die Forscher nun den mRNA-Impfstoff getestet, der über 19 Proteine wirkt, die im Speichel der Hirschzecke (Ixodes scapularis) vorhanden ist, einer Art, die in Nordamerika weit verbreitet ist.
Das Milbentier, das im englischen Sprachraum als "schwarzbeinige Zecke" bekannt ist, gilt als einer der Hauptvektoren für Lyme-Borreliose. "Meerschweinchen, die den Impfstoff 19ISP erhalten hatten, entwickelten schnell Hautrötungen, nachdem sie von Zecken gebissen worden waren", heißt es in der Studienbeschreibung. Die Blutsauger hätten sich rasch wieder vom Wirt gelöst, weil sie sich nicht richtig ernähren konnten.
In Folgeuntersuchungen wurde keines der geimpften Meerschweinchen positiv auf Borrelia burgdorferi - das Bakterium, das die Lyme-Borreliose verursacht - getestet. Von den ungeimpften Tieren sei die bakterielle Infektion bei sechs von 13 Tieren aufgetreten., "Wenn ein Zeckenbiss durch die Impfung mit dem 19ISP mRNA-Cocktail früh bemerkt wird, würde dies die Inzidenz der Lyme-Borreliose erheblich reduzieren", so Kopáček und seiner Forscherkollegen.
Der Schutz entfaltet sich demnach über zwei Mechanismen. Zum einen fördert die erworbene Zeckenresistenz, bei der Antikörper eine Immunaktivierung und eine Rötung (Erythem) an der Bissstelle hervorrufen, die Aufmerksamkeit auf den Zeckenbiss. Dadurch kann die Zecke schnell entfernt werden. Oft ist das Problem, dass die Bisse – vorwiegend unter Haarbewuchs – nicht entdeckt werden.
Zum anderen wird eine Abwehrreaktion des Wirts provoziert, die zur Abstoßung der Zecke führt. "Speichelproteine der Zecke, darunter Blutgerinnungshemmer, Metalloproteasen, Vasodilatatoren und Komplementinhibitoren, spielen dabei eine entscheidende Rolle an der Schnittstelle zwischen Zecke und Wirt", schreiben die tschechischen Forscher.