Wie plötzlich viele Tiere (k)ein Zuhause fanden

Bild: Sloesch. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Noch vor einigen Monaten suchten viele Tiere auf dem Kleinanzeigenportal Willhaben.at ein Zuhause - die Anzahl hat sich nun drastisch verringert

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Dringend Zuhause gesucht

Wohl jeder hat schon die diversen Anzeigen gesehen, in denen Menschen ein neues Zuhause für Haustiere suchen. Gründe für die Notwendigkeit eines solchen neuen Zuhauses gibt es viele: finanzielle, persönliche oder örtliche Veränderungen, eintretende Allergien oder schlicht und ergreifend die Einsicht, dass man sich die Anschaffung des Tieres besser überlegen hätte müssen. Hinzu kommen unkastrierte Tiere, die für Nachwuchs sorgen.

Sicher ist es kritikwürdig, wenn eine Tieraufnahme nicht hinreichend überlegt wird und dass Tiere, kaum zuhause, schon wieder abgegeben werden soll. Dennoch ist es, zynisch ausgedrückt, besser, die bisherigen Tierhalter kümmern sich noch um ein neues Zuhause, als dass sie sich anders des Tieres entledigen. Das Internet bot für diese Probleme insofern eine gute Lösung, da auf diese Weise viele Menschen erreicht werden konnten.

Natürlich brachte dies auch Nachteile mit sich - "Züchter", die letztendlich oft genug nur ein Tier über das andere herübersteigen lassen und sich ansonsten nicht um Krankheiten etc. kümmern, inserierten ihre "Rassekatzen ohne Papiere" bzw. "Mischlinge" und versuchten, auf diese Weise, Geld zu verdienen. Da in Österreich Tiere nicht mehr wie früher auf den Märkten feilgehalten werden dürfen, bot es sich an, so zu verfahren.

Auch Tierschutzvereine profitierten von den Möglichkeiten des Internets, sahen dies jedoch als Verführer an. Die Argumentation der Vereine lautete, dass die einfache Möglichkeit, ein Tier loszuwerden, die Schwelle bei der Tieranschaffung weiter senken würde, weshalb die Möglichkeit, per Internet ein Zuhause zu suchen, verboten werden solle. Auch stellten sie die Probleme mit den illegalen Züchtern in den Vordergrund. Das österreichische Parlament hat sich dieser Ansicht nun angeschlossen - und das Ergebnis ist, gelinde gesagt, chaotisch.

Leider keine Aufnahmekapazitäten

Als Folge der neuen gesetzlichen Regelungen hat das Anzeigenportal Willhaben.at mitgeteilt, dass lediglich dann Tierinserate freigeschaltet werden dürfen (bzw. genehmigt werden), die entweder von einem registrierten Tierheim oder einem Tierschutzverein bzw. bei Nutztieren von einem landwirtschaftlichen Betrieb stammen. Was sich so simpel anhört, ist komplizierter, denn ausländische Tierheime müssen beispielsweise ihre Tiere direkt vor Ort vermitteln. Inserate mittels Willhaben sind nicht mehr möglich.

Tierschutzvereine, die mit Pflegefamilien zusammenarbeiten - also Menschen, die Tiere temporär aufnehmen und diese weitervermitteln, müssen sich nun bei jeder Pflegestelle um eine offizielle Genehmigung bemühen. Die Tierschutzvereine, die nicht mit einem österreichischen Tierheim zusammenarbeiten, sind ebenso außen vor, was bedeutet, dass der Auslandstierschutz, der sich gerade auch um behinderte Tiere kümmert, lahmgelegt ist.

Ausnahmen, wie z.B. beim Tod des Tierhalters, wurden im Gesetz nicht berücksichtigt, vielmehr wird darauf verwiesen, dass sich jeder ja an ein Tierheim wenden könne. Diese sind jedoch schon jetzt oft am Ende ihrer Aufnahmekapazitäten. Zudem sind für viele die teilweise hohen Abgabegebühren abschreckend. Auch dies kann kritisiert werden, ändert jedoch nichts daran, dass durch die Inserate eine Möglichkeit bestanden hätte, möglichst kostengünstig auch neue Zuhause für die Tiere zu finden.

Das zuständige Ministerium schreibt eher sorglos:

Wer eine Zucht anmelden möchte, muss dies bei der zuständigen Behörde tun - das ist im Normalfall die Bezirkshauptmannschaft, bei der wiederum der Amtstierarzt zuständig ist, das kann aber je nach Bundesland variieren. Auch die Tierheime fallen in die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaften.

Es ist in Bezug auf das "öffentliche Feilbieten" (verkaufen oder verschenken) keine Ausnahme vorgesehen für Fälle, in denen Menschen ihre Haustiere nicht mehr pflegen können. Wenn also niemand aus dem persönlichen Umfeld die Pflege des Tieres übernehmen kann, kann das Tier über ein Tierheim weitervermittelt werden. Das Tierschutzgesetz bzw. die Tierheimverordnung enthält keine gesetzliche Verpflichtung, dass Tiere übernommen werden müssen, allerdings können die jeweiligen Gemeinden mit den Tierheimen in ihren Verträgen vereinbaren, dass Tiere in solchen Fällen übernommen werden müssen.

Sicherheit geht vor

Bei den Tierschutzvereinen, die noch handlungsfähig sind, ergibt sich weiter ein Problem: Nicht nur sind die Kosten, die für ein Tier verlangt werden, teilweise sehr hoch, auch die Bedingungen, unter denen ein Tier abgegeben wird, sind schon seit langem Mittelpunkt von Kritik, da sie teilweise stark in Persönlichkeitsrechte eingreifen und der Datenschutz mit Füßen getreten wird.

Hinzu kommt, dass z.B. behinderte oder alte Tiere kaum mehr in Freiganghaltung vermittelt werden, sofern nicht teils abstrus anmutende Bedingungen erfüllt werden. Dreibeinige Tiere werden beispielsweise entweder nur in Wohnungshaltung oder in gesicherten Freigang vermittelt. Dies bedeutet bei einem Garten, dass für das Tier keinerlei Möglichkeit besteht, aus dem Garten zu entkommen. Ermöglicht wird dies durch Katzeneinzäunungssysteme, die auch nach oben hin alles absichern.

Neben den hohen Kosten für die Einzäunung an sich kommen auf den zukünftigen Halter insofern auch noch Veränderungen des Gartens zu. Es gilt, Bäume abzusägen und auch noch auf giftige Pflanzen zu achten bzw. diese zu entfernen. Ein ungesicherter Freigang wird höchstens dann genehmigt, wenn die nächste, stärker befahrene Straße weit entfernt, was ironischerweise oft bei ländlich gelegenen Häusern der Fall ist, wo das Tier eher in Gefahr durch Jäger schwebt.

Erste Petitionen gegen die Tierschutznovelle sind bereits online, doch in der Zwischenzeit steigt die Anzahl der ausgesetzten Tiere - und bisher aktive Tierschutzvereine können keine Tiere mehr vermitteln, da durch das Gesetz, das es ihnen einfacher machen sollte, die nächsten Verantwortlichen wie Amtstierärzte oder Bezirkshauptmannschaften überfordert sind. Einzelne Anrufe bei früher inserierenden Menschen zeigen, dass sich in Fällen, in denen beispielsweise der Halter oder die sich kümmernde Person verstorben ist, nunmehr niemand zuständig fühlt und Tierschutzvereine teilweise auch die Vermittlungshilfe wegen Überforderung ablehnen. Was mit den Tieren geschieht, konnte nicht mitgeteilt werden.