Wie sehen arabische Staaten und die Menschen dort die Gewalt in Nahost?
Seite 2: Die Türkei als stiller Unterstützer
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Ankara reagiert offiziell bisher nur zurückhaltend auf das Geschehen. Erdoğan, der im letzten Jahr eine vorsichtige Annäherung an Israel begann, fordert bisher lediglich ein "Ende der Gewalt" und die "Verwirklichung des Rechts der Palästinenser auf einen eigenen Staat".
Es ist jedoch bekannt, dass die Hamas die Türkei seit geraumer Zeit als Hauptquartier nutzt. Erdoğan stammt selbst aus islamistischen Kreisen, pflegt herzliche Beziehungen zu militanten Palästinensern und trifft sie regelmäßig.
In der Türkei kam es am Tag des Angriffs der Hamas zu spontanen Demonstrationen in mehreren Städten, die ihre Unterstützung für Palästina zum Ausdruck brachten. Dabei wurde das Vorgehen Israels im Gazastreifen heftig verurteilt.
Die türkischen Medien, weitgehend unter der Kontrolle von Erdoğan, zeigen Solidarität mit den Palästinensern. Rechtsextreme Publikationen sind gefüllt mit Schlagzeilen wie "Völkermord durch Israel" oder "Völkermord mit US-Unterstützung".
Arabische Staaten mit geteiltem Kurs
Die Regierungen der arabischen Welt scheinen insgesamt des Palästinenserproblems nach 75 Jahren Dauer überdrüssig geworden zu sein. Hier gibt es keine klare Position zu den Ereignissen. Eindeutige palästinensische Unterstützung leistet Katar.
Seit 2012 hat die Hamas ein Büro in der Hauptstadt Doha und die katarische Führung hat den Militanten in den letzten Jahren Milliarden von Dollar zur Verfügung gestellt. Offiziell ging es um den Wiederaufbau des Gazastreifens nach israelischem Beschuss.
Das Königshaus in Saudi-Arabien verhält sich hingegen gleichgültig gegenüber der Hamas. Man hat in den letzten Jahren auf Aussöhnung mit Israel gesetzt. Nach dem Hamas-Angriff hieß es lediglich aus dem Außenministerium, "die Eskalation sofort zu stoppen, Zurückhaltung zu üben und den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten".
Ägypten als klassischer Vermittler machtlos
Sechs von 22 arabischen Staaten haben den Staat Israel bisher anerkannt und diplomatische Beziehungen aufgenommen. Vorreiter war hier Ägypten, das 1979 einen Deal mit dem jüdischen Staat abschloss.
Von allen arabischen Ländern unterhalten die Ägypter die engsten Beziehungen zu Israel. Als die Hamas 2007 gewaltsam die Kontrolle über den Gazastreifen erlangte, begannen Ägypten und Israel aus Sicherheitsgründen die palästinensische Enklave gemeinsam zu blockieren.
Laut der Zeitung The Times of Israel warnte der ägyptische Geheimdienst Netanjahu sogar zehn Tage im Voraus, dass Hamas-Kämpfer eine militärische Invasion des jüdischen Staates vorbereiten. Der israelische Ministerpräsident soll diese Berichte jedoch ignoriert haben.
In den letzten Jahren hat Ägypten bei gewaltsamen Eskalationen zwischen Palästinensern und den Israelis als Vermittler fungiert. Etwa während des elftägigen Kriegs 2021, als mehr als 200 Menschen vor allem im Gazastreifen getötet wurden.
Auch derzeit unternimmt Kairo aktive diplomatische Bemühungen, die verfeindeten Parteien an einen Tisch zu bringen. Das Ausmaß des aktuellen Kriegs, einschließlich einer nach verschiedenen Meldungen in Vorbereitung befindlichen Bodenoperation der israelischen Armee im Gazastreifen, deutet jedoch darauf hin, dass es dieses Mal nicht zu einem schnellen Waffenstillstand kommen wird.