Wie wird Europa auf den israelischen Anschlag gegen Irans Botschaft reagieren?
Seite 2: Borrell verurteilte Anschlag, viele EU-Staaten nicht
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Die EU kann sich nicht glaubwürdig dagegen stellen, dass Teheran seine regionalen Verbündeten unterstützt, wenn sie selbst als unfähig oder unwillig angesehen wird, Israel in die Schranken zu weisen.
Borrell verurteilte den Angriff auf das iranische Konsulat und betonte, dass die Unverletzlichkeit der diplomatischen Einrichtungen und des Personals stets respektiert werden müsse. Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben den Angriff auf das iranische Konsulat in Damaskus jedoch nicht verurteilt – im Gegensatz zu den regionalen Staaten Katar, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten, Libanon und Türkei sowie China, Russland, Indonesien, Pakistan, Malaysia und andere.
Slowenien, ein nicht ständiges Mitglied des Sicherheitsrats, tat es auf der Sitzung des UN-Sicherheitsrates am 2. April. Frankreich und Großbritannien (das, obwohl es nicht zur EU gehört, immer noch erheblichen Einfluss auf die Iran-Politik des Blocks ausübt) machten vor allem den Iran für die regionale Destabilisierung verantwortlich.
Angesichts des miserablen Zustands der Beziehungen zwischen der EU und dem Iran wäre es für die EU politisch inakzeptabel, gegenüber Tel Aviv nicht zu handeln. Die EU hat ein Druckmittel, um Israel dazu zu bewegen, im Gazastreifen einen politischen Kurs einzuschlagen und es vor einer regionalen Eskalation zu warnen.
Initiative von Spanien und Irland
Bisher hat man dieses Druckmittel nicht genutzt: Die EU ist Israels größter Handelspartner, auf den 28,8 Prozent des israelischen Handelsvolumens im Jahr 2022 entfielen.
Die gemeinsame Initiative Spaniens und Irlands zur Überprüfung eines Abkommens, das den Handel erleichtert, mit einer möglicherweise teilweisen Aussetzung aufgrund der israelischen Kriegsführung in Gaza, wurde von Israels engen EU-Verbündeten, darunter Deutschland, die Tschechische Republik, Italien und Österreich, zurückgewiesen.
Kritiker Israels wurden dadurch ermutigt, dass die Überprüfung durch den von Borrell geleiteten Europäischen Auswärtigen Dienst und nicht durch die Europäische Kommission durchgeführt wird, deren Präsidentin Ursula von der Leyen stark pro-israelische Positionen vertritt.
Dennoch ist eine Aussetzung nicht wahrscheinlich. Und bisher gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die israelische Netanjahu-Regierung für ein weniger hartes diplomatisches Drängen der EU empfänglich ist.
Nuklearisierung von Iran könnte wieder Thema werden
Die weitere Eskalation birgt auch die Gefahr, dass der Iran näher an eine nukleare Abschreckung als ultimative Absicherung heranrückt, insbesondere wenn sein derzeitiges Netzwerk regionaler Verbündeter und seine nach vorn gerichtete Verteidigungsposition durch die israelischen Angriffe weiter dezimiert wird.
Ein solcher Wandel ist besonders plausibel, da sich ein Führungswechsel abzeichnet – Ayatollah Khamenei, der eine Fatwa (Rechtsgutachten einer religiösen Autorität) gegen den Bau von Atomwaffen erlassen hat, ist 85 Jahre alt. Die nächste Generation an Führungspersönlichkeiten der Islamischen Republik hat möglicherweise keine solchen Bedenken.
Die Nuklearisierung des Irans würde die destabilisierenden Auswirkungen des Gaza-Krieges nur noch verstärken und die jahrzehntelangen Bemühungen der Europäer, das iranische Atomprogramm unter Kontrolle zu bringen, letztlich zunichtemachen.
Unter den gegenwärtigen Umständen scheint es jedoch unwahrscheinlich, dass die EU den politischen Willen aufbringen und ihren Einfluss geltend machen wird, um das Epizentrum des sich ausweitenden Kriegs im Nahen Osten – den Gaza-Konflikt – in Angriff zu nehmen.
Der Artikel erscheint in Kooperation mit Responsible Statecraft. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.
Redaktionelle Anmerkung: An einer Stelle hieß es: "ein Konsulat, das sich rechtmäßig auf iranischem Boden befindet". Das ist so nicht richtig und wurde abgeändert in: "das eng mit dem Heimatland verbunden ist und diplomatischen Schutz genießt".