WikiLeaks, Ecuadors Souveränität und Washingtons Drohungen

Seite 2: Ecuador: Internetsperre war souveräne Entscheidung

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Entsprechend hatte sich das Außenministerium des südamerikanischen Landes in einem Kommuniqué geäußert. Darin heißt es:

Ecuador hat Julian Assange 2012 angesichts seiner legitimen Befürchtungen vor politischer Verfolgung aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit als Herausgeber von Wikileaks politisches Asyl gewährt.

Während der vergangenen Wochen hat Wikileaks eine große Anzahl von Dokumenten veröffentlicht, die einen Einfluss auf den Wahlkampf in den USA haben. Die Entscheidung, diese Dokumente öffentlich zu machen, liegt alleine in der Verantwortung der Organisation Wikileaks.

Die Regierung Ecuadors respektiert das Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Länder, sie mischt sich weder in laufende Wahlprozesse ein noch begünstigt sie einen bestimmten Kandidaten. In diesem Sinne hat Ecuador in Ausübung seines souveränen Rechtes vorübergehend den Zugang zu seinem Kommunikationssystem in seiner Botschaft im Vereinigten Königreich eingeschränkt. Diese vorübergehende Einschränkung hindert die Organisation WikiLeaks nicht daran, ihre journalistischen Aktivitäten fortzuführen.

In Übereinstimmung mit seiner Tradition bei der Verteidigung der Menschenrechte, vor allem jener Personen, die Opfer politischer Verfolgung geworden sind, bekräftigt Ecuador zugleich den Julian Assange gewährten Asylstatus und bestätigt seine Intention, sein Leben und seine physische Integrität zu beschützen, bis er einen anderen sicheren Ort erreichen kann.

Die ecuadorianische Außenpolitik folgt alleine seinen souveränen Entscheidungen und lässt sich nicht vom Druck anderer Staaten leiten.

Quito, 18. Oktober 2016

Dass die Debatte um die Hintergründe trotz der Zusicherung im letzten Satz des Kommuniqués anhalten, liegt vor allem an der US-Regierung. Sie hat in den vergangenen Wochen Russland für den Abfluss von Daten Politikern der Demokratischen Partei verantwortlich gemacht und mit einer entsprechenden Antwort gedroht (Staatliche Hackergruppen oder Cyber-Söldner? USA und Russland im Cyber-Konflikt). Die Internetsperre für Assange fiel wenig später mit der vorübergehenden Sperrung von Konten des russischen Auslandssenders RT in Großbritannien zusammen.

Lage für Assange weiter schwierig

Für Assange wird die Situation mit den neuen Spannungen nicht leichter. Dabei hatte ihm erst im Februar ein UN-Gremium den Rücken gestärkt, indem es seine drohende Festnahme in Großbritannien als willkürlich und damit menschenrechtswidrig bezeichnete.

Assange hatte 2014 gegenüber der UN-Arbeitsgruppe zum Thema willkürliche Inhaftierungen (WGAD) geltend gemacht, dass er "auf unberechtigte Weise und auf einen unakzeptabel langen Zeitraum seiner Freiheit beraubt" worden sei. Die Inhaftierung bestehe aus seinem erzwungenen Exil in der Botschaft Ecuadors in London. Die britische Polizei hatte wiederholt bekräftigt, Assange festzunehmen, sollte er die durch ihren diplomatischen Status geschützten Räume verlassen (UN-Gremium bezeichnet Verhaftung von Julian Assange als willkürlich). Der Sprecher des damaligen britischen Regierungschefs David Cameron bezeichnete die Entscheidung des UN-Gremiums später als "lächerlich", die Regierung in London ignorierte sie.

Julian Assange hatte sich am 19. Juni 2012 in die Botschaft des südamerikanischen Landes geflüchtet, nachdem ein britisches Gericht seine Auslieferung nach Schweden erlaubt hatte. Die dortige Justiz wirft dem gebürtigen Australier vor, sich im August 2010 an zwei Frauen sexuell vergangen zu haben. Der Beschuldigte bezeichnet diese Vergewaltigungsvorwürfe als konstruiert und sieht in der beantragten Auslieferung einen juristisch-politischen Winkelzug. Er solle zunächst nach Schweden und dann in die USA ausgeliefert werden. Die US-Justiz und die Regierung wollen des Internetaktivisten habhaft werden, weil er für die Veröffentlichung von Geheimdokumenten über die Kriege in Irak und Afghanistan verantwortlich gemacht wird. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte insgesamt gut 250.000 geheime diplomatische Depeschen publiziert, später folgten weitere aufsehenerregende Veröffentlichungen.

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