Windenergie: Den Deckel lüften

Die Energie- und Klimawochenschau: Von drohenden Verwerfungen in der Windindustrie, der Gasversorgung aus ganz neuen Quellen und dem fraglichen Nutzen der Holzheizungen

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Dunkle Wolken sehen zum Jahresende Vertreter der Hersteller von Windkraftanlagen am Himmel aufziehen. Die Windenergieagentur WAB hält Arbeitsplätze für gefährdet, sollte der Bundestag nicht mit einer Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Windenergie-auf-See-Gesetzes den Deckel für den Ausbau der Offshore-Windkraftanlagen deutlich anheben.

Zumal die Windräder auf See inzwischen an jedem Tag Strom liefern und so zur Versorgungssicherheit beitragen, wie Anfang Dezember eine Studie des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) ergeben hat. Derzeit sind bis 2020 6,5 Gigawatt und 15 GW bis 2030 vorgesehen, wobei 5,26 GW bereits installiert sind. Wird am Ausbaudeckel festgehalten, würde der Ausbau in den kommenden Jahren also regelrecht ausgebremst. Schon jetzt hätten sich einige kleine und mittlere Unternehmen von der Branche abgewendet.

Ein Gigawatt entspricht grob gerechnet der Leistung eines Großkraftwerks. Die produzierte Energiemenge hängt von der Auslastung ab. Bei Windkraft an Land beträgt sie knapp 25 Prozent, auf See rund 45 Prozent, bei Atom- und Braunkohlekraftwerken, da diese schon aus technischen Gründen meist durchlaufen müssen, ca. 90 Prozent.

Droht eine Durststrecke?

Da die Förderung von Windenergiestrom nur noch über eine Beteiligung an Ausschreibungen erhalten werden kann, kann die jeweils hinzukommende Leistung inzwischen relativ genau gesteuert werden. Bliebe es bei den niedrigen Vorgaben, hieße das für die nächsten 12 Jahre ein Ausbau von weniger als ein GW pro Jahr auf See. Die WAB fordert hingegen, den Deckel für 2030 auf 20 anzuheben und für 2035 30 GW vorzusehen.

Während in einigen anderen Ländern wie etwa Großbritannien die Offshore-Windenergie boomt, hat sich hierzulande der Ausbau nach einer anfänglich stürmischen Entwicklung bereits deutlich verlangsamt. Auf dem Land gab es hingegen, wie berichtet, im ausgehenden Jahr vermutlich einen neuen Ausbaurekord.

Allerdings zeichnet sich auch hier ein Einbruch ab, weil bald nur noch Anlagen errichtet werden können, deren Betreiber an einem Ausschreibungsverfahren teilgenommen haben. Deren Volumen werden in Zukunft nicht ganz zwei GW pro Jahr betragen, während 2017 rund fünf GW neue Windkraftleistung an Land hinzukam.

Die Branche fordert neben einer Anhebung der Ausbauziele auch bessere Bedingungen für Speichertechnik und sektorenübergreifende Lösungen. WAB-Geschäftsführer Andreas Wellbrok sieht zum Beispiel ein erhebliches Potenzial für den direkten und indirekten Einsatz von Windstrom im Verkehrssektor. Seiner Agentur schwebt vor allem die Nutzung von Wasserstoff vor, der mit Überschussstrom erzeugt werden könnte.

Ähnliche Vorstellungen pflegt auch der Bundesverband Windenergie BWE. Mitte Dezember stellte die Vertretung der Anlagenbetreiber ein Konzept vor wonach künftig mit Hilfe Strom im großen Stil Wasserstoff und Methan gewonnen werden könnte und dieses sowohl im Verkehrs- als auch im Wärmesektor zum Einsatz kommt.

Das hätte unter anderem den Vorteil, dass die bestehende Erdgasinfrastruktur weiter genutzt werden könnte, und zwar auch dann, wenn auf den Einsatz von Erdgas ganz verzichtet werden sollte. Immerhin soll die ganze Gesellschaft bis zur Mitte des Jahrhunderts ohne den Ausstoß von Klimagasen auskommen, und da müsste auch das Erdgas ersetzt werden.

Voraussetzung ist nach den vorgestellten Szenarien unter anderem eine knappe Vervierfachung der Stromproduktion. Für die Methanproduktion werden verschiedene Optionen dargestellt. Dafür wird neben Wasserstoff auch CO2 benötigt.

Dies fällt unter anderem als Abfallprodukt bei der Herstellung von Klär- und Biogasen an. Außerdem kann es aus den Abgasen von Gaskraftwerken gewonnen werden. Ein Teil müsste schließlich aus der Luft extrahiert werden, was besonders aufwändig und mit Abstand die teuerste Variante wäre.

Die Autoren gehen davon aus, dass die Kosten der CO2-Gewinnung aus der Atmosphäre bis 2050 auf 100 Euro pro Tonne CO2 halbiert werden können. Unterm Strich gehen sie jedoch davon aus, dass der Umstieg auf Biogas und synthetisches Methan volkswirtschaftlich günstiger ist, als wenn im Wärmesektor mehr Strom direkt eingesetzt würde. Letzteres würde einen erheblich größeren Aufwand bei Ausbau der Leitung erfordern.