Windkraft: Viel Zustimmung

Seite 2: Enorme bürokratische Hürden für Windparks

Bei der jüngsten Ausschreibungsrunde lag der Höchstpreis bei 5,88 Cent pro Kilowattstunde, was angesichts der derzeit galoppierenden Inflation ziemlich wenig ist. Zum Vergleich: Die Bauherren und künftigen Betreiber des westenglischen AKW Hinkley Point haben 2012 einen Garantiepreis von rund elf Cent pro Kilowattstunde zugesichert bekommen, der zudem der Inflation angepasst werden soll. Letzteres ist bei den deutschen Einspeisevergütungen für Grünstrom ausdrücklich nicht der Fall.

Schon die Ausschreibungsmenge von 640 Megawatt war viel zu gering, wenn man bedenkt, dass eher 10.000 Megawatt pro Jahr an neuer Leistung von Windkraftanlagen hinzukommen müssen, wenn die Energieversorgung bis in die 2030er-Jahre elektrifiziert und auf Erneuerbare umgestellt werden soll. Doch ein Zuschlag in der Ausschreibung bedeutet noch lange nicht, dass die Anlagen nun auch bald errichtet werden. Die Fachagentur Windenergie an Land schreibt, dass in der Windbranche durchschnittlich 26 Monate zwischen Zuschlag und Inbetriebnahme vergehen.

Offensichtlich sind die bürokratischen Hürden, die neue Windparks zu überwinden haben, inzwischen enorm. Welche Ausmaße sie angenommen haben, beschreibt Markus Mann, der Geschäftsführer von MANN Naturenergie in einem Interview mit der Agentur für erneuerbare Energien. Er habe 1991 in Rheinland-Pfalz das erste kommerzielle Windrad aufgestellt, was seinerzeit viel belächelt wurde, aber auch Prominenz zur Einweihung anzog. 150 Kilowatt oder 0,15 Megawatt Leistung habe die Anlage gehabt, was im Vergleich zu den üblichen zwei, drei oder auch fünf Megawatt als geradezu winzig erscheint.

Der Bauantrag sei am 29. Januar 1991 eingereicht worden. Am 21. Februar des gleichen Jahres gab es eine Teilbaugenehmigung und einen guten Monat später die Genehmigung. Am 14. März 1991, also nicht einmal drei Monate nach Antragsstellung, konnte die Anlage in Betrieb genommen werden. Das Genehmigungsschreiben habe auf drei DIN A4 Seiten gepasst und die Kosten der des Verfahrens hätten 5.544 DM betragen.

Traumhafte Zustände in Vergleich zu einem aktuellen Beispiel, das der Unternehmer ebenfalls anführt: Er habe kürzlich gemeinsam mit einer Energiegenossenschaft vier Altanlagen mit einer Gesamtleistung von 0,8 Kilowatt durch eine neue Anlage mit 3,2 Megawatt ersetzt. Also fast das Vierfache an Output bei erheblich verringerter Anlagendichte. (Der Ehrlichkeit halber muss man anmerken, dass die neue Anlage erheblich höher sein wird.)

Das Genehmigungsverfahren habe dafür – für eine einzige Neuanlage – sieben Jahre in Anspruch genommen und 163.000 Euro gekostet. Der Bescheid habe 61 Seiten umfasst. Mann äußert sich nicht dazu, ob er für dieses sogenannte Repowering auch das Ausschreibungsverfahren habe durchlaufen müssen. Dennoch wird an seinem Beispiel deutlich, wie aufwendig und auch riskant das Verfahren heute ist.

An einer Ausschreibungsrunde kann nämlich in der Regel erst teilgenommen werden, wenn die Genehmigung vorliegt. Da es aber keine Sicherheit gibt, einen Zuschlag zu bekommen, gleicht das ganze einem Pokerspiel. Schlimmsten Falls sind die hohen Genehmigungsgebühren futsch. Kein Wunder, dass sich nahezu keine kleinen Genossenschaften und andere Bürgerprojekte beteiligen können, und die Windkraft durch die Ausschreibungen mehr und mehr zur Angelegenheit kapitalkräftiger Unternehmen und Fonds wird.

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