Seite 2: "Trumpfkarte" Terrorismusvorwurf

Grundsätzlich seien mittlerweile Ausweisungsverfahren gegen türkische und kurdische Linke, die wegen ihrer politischen Aktivitäten von deutschen Gerichten verurteilt wurden, "eher die Regel als die Ausnahme", sagt ihr Anwalt Yunus Ziyal. Über eine tatsächliche Abschiebung sei damit noch nicht entschieden - die Ausweisung beende aber den "rechtmäßigen Aufenthalt". Seine Mandantin und er müssten dann Abschiebehindernisse geltend machen - wie etwa drohende Folter.

Erst einmal verlöre sie durch die Ausweisung alle für ein normales Leben in Deutschland wichtigen Rechte, wäre nur noch geduldet und dürfte ohne gesonderte Erlaubnis nicht mehr arbeiten. Ohne einen fristgerechten Eilantrag gegen die Vollziehbarkeit der Abschiebung müsste sie im Fall einer Ausweisung tatsächlich jeden Tag damit rechnen, gegen ihren Willen in die Türkei ausgeflogen zu werden.

Der Vorwurf des Terrorismus sei eine besondere "Trumpfkarte" der Ausländerbehörden, so Ziyal. Manchmal scheine es, als hielten sie diese für einen Freifahrtschein. Es sei aber insbesondere bei dem sehr unbestimmten Rechtsbegriff "Terrorismus" genau abzuwägen. Bei seiner Mandantin überwögen klar die Bleibeinteressen, "zumal das Urteil des OLG München bisher nicht einmal rechtskräftig ist", betonte Ziyal.

Anfang Dezember war in Eichstätt die geplante Abschiebung der 22jährigen Dilek Agirman in die Türkei in letzter Minute gestoppt worden, nachdem der Bayerische Flüchtlingsrat und andere Gruppen eine Petition für die Aktivistin der Demokratischen Partei der Völker (HDP) gestartet hatten.

Ihr Asylverfahren wird nun neu aufgerollt. Die HDP fällt allerdings in Deutschland nicht unter den Paragraphen 129b. In der Türkei besteht gegen Agirman ein Haftbefehl wegen regierungskritischer Äußerungen im Internet.