Wir brauchen eine echte Debatte über den Ukraine-Krieg

Seite 2: Ukraine-Krieg: Folgen der "intellektuellen Flugverbotszone"

Es ist ein Gradmesser für ein solches Denken und die rhetorische oder intellektuelle Flugverbotszone, dass prominente Persönlichkeiten wie Noam Chomsky, der Professor der University of Chicago, John Mearsheimer, und der ehemalige US-Botschafter Chas Freeman verteufelt oder verleumdet wurden, weil sie stichhaltige Argumente vorgebracht haben und den dringend benötigten Kontext und die Geschichte lieferten, um den Hintergrund dieses Krieges zu erklären.

In unserer zerbrechlichen Demokratie ist der Preis für eine abweichende Meinung vergleichsweise gering. Warum stellen dann nicht mehr Personen in Denkfabriken, in der Wissenschaft, in den Medien oder in der Politik die orthodoxe Darstellung der US-Politik und der Medien in Frage?

Ist es nicht die Frage wert, ob es der klügste Weg ist, den Ukrainern immer mehr Waffen zukommen zu lassen? Ist es zu viel verlangt, mehr Fragen zu stellen und darüber zu diskutieren, auf welche Weise die Gefahr eines nuklearen Konflikts am ehesten verringert werden kann?

Konflikt mit Russland: US-Armee in der Ukraine (18 Bilder)

Ukrainische Soldaten führen Luftangriffstraining durch. Bild: U.S. Army Europe, 2016

Warum werden abweichende Meinungen verleumdet, wenn sie die Rolle nationalistischer, rechtsextremer und, ja, neonazistischer Kräfte in der Ukraine erwähnen, selbst wenn sie sich auf seriöse Fakten und Geschichte stützen?

Die Wiederbelebung des Faschismus oder Neonazismus vergiftet heute viele Länder – von den europäischen Nationen bis hin zu den Vereinigten Staaten. Warum wird die Geschichte der Ukraine zu oft ignoriert oder sogar geleugnet?

Ein ehemaliger General des Marine Corps bemerkte: "Krieg ist ein Geschäft". Und tatsächlich stehen die US-Rüstungskonzerne Schlange, um aus den vollen Töpfen zu schöpfen.

Bis der Krieg endet, werden viele Ukrainer und Russen sterben, während Raytheon, Lockheed Martin und Northrop Grumman ein Vermögen machen.

Gleichzeitig wimmelt es in den Netzwerk- und Kabelnachrichten von Experten" - oder besser gesagt, von Militärs, die zu Beratern mutiert sind – während ihre Jobs, Vorstandsposten und Kunden den Zuschauern unbekannt bleiben.

Bei uns in den USA kommen auf den Fernseh- oder Internetbildschirmen oder im Kongress kaum alternative Ansichten zur Sprache; Stimmen der Zurückhaltung, die dem Drang widersprechen, Kompromisse in Verhandlungen als Beschwichtigung zu betrachten, die eine beharrliche und harte Diplomatie anstreben, um einen wirksamen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung zu erreichen, die sicherstellen soll, dass die Ukraine aus diesem Krieg als souveränes, unabhängiges, wiederaufgebautes und wohlhabendes Land hervorgeht.

"Sagen Sie mir, wie das endet", hatte General David Petraeus den Washington-Post-Autor Rick Atkinson einige Monate nach Beginn des fast zehnjährigen Irak-Krieges gefragt. Die Beendigung dieses Krieges wird ein neues Denken erfordern und die gefestigten Meinungen dieser Zeit in Frage stellen.

Wie der ehrwürdige US-amerikanische Journalist Walter Lippmann einmal anmerkte: "Wenn alle gleich denken, denkt keiner mehr richtig."

Dieser Kommentar erschien zuerst in der US-Tageszeitung Washington Post, wo von Katrina vanden Heuvel im Rahmen einer regelmäßigen Kolumne veröffentlicht.