Wir sind doch die heimliche Hauptstadt Polynesiens ...!
Seite 3: "Dieses Land ist offen für Einwanderer, wenn man gesund ist, jung und gebildet"
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"Was Sie da sehen, spiegelt die Realität wider, in diesem Land!" erwähnt ein junger Spanier, der in einem Bistro gleich gegenüber kellnert. "Die Kiwis lieben das gute Leben, aber beruflicher Ehrgeiz ist eher unter den Einwanderern, besonders den Asiaten ausgeprägt!".
Der Spanier lebt mit seiner Freundin seit drei Jahren in Auckland und wartet auf die Anerkennung seiner in Madrid erworbenen Ausbildung als Physiotherapeut. "Sollten wir etwa in Europa auf bessere Zeiten warten? Sie kennen doch die Arbeitslosenzahlen in Spanien?" "Nein, die Lebensqualität ist sehr hoch in Neuseeland, ich verdiene mehr als Zuhause, mein Beruf ist angesehen. Meine Freundin lässt sich als Hebamme ausbilden."
Auf die Frage, ob Neuseeland, ein Paradies für Einwanderer sei, überlegt der Spanier einen Augenblick. "Haben Sie von dem Fall des belgischen Professors gehört, der an der hiesigen Universität lehrt? Er hat vier Kinder, bei einem von ihnen ist Autismus diagnostiziert worden, weshalb seine Einbürgerung abgelehnt wurde. Dieses Land ist offen für Einwanderer, wenn man gesund ist, jung und gebildet - geschenkt bekommt man aber nichts", so der Spanier.
Die nationale Identität Neuseelands wurde historisch in den Schlachten geschmiedet. Nicht in den Schlachtfeldern der Weltkriege, auf denen die Kiwis wie ihre australischen Nachbarn den Briten zur Seite standen und einen beispiellosen Blutzoll entrichteten, sondern in den rauen Rugbyschlachten, in denen es besonders die Maoris verstanden hatten, sich durchzusetzen. In den Bars und Gaststätten am Hafenviertel herrscht reges Treiben. Während die weiße und überwiegend anglophone Bevölkerung, Pakeha genannt, das gute Leben genießt, deuten die Schlangen vor den Luxus-Boutiquen darauf hin, wer zukünftig ökonomisch das Sagen haben wird. Es ist eine überwiegend ostasiatische Kundschaft, ob Einwanderer oder Besucher sei dahingestellt, die hier als kaufkräftige Schicht auftritt. "Was Sie da sehen, spiegelt die Realität wider, in diesem Land!" erwähnt ein junger Spanier, der in einem Bistro gleich gegenüber kellnert. "Die Kiwis lieben das gute Leben, aber beruflicher Ehrgeiz ist eher unter den Einwanderern, besonders den Asiaten ausgeprägt!".
Unweit der Queen Street liegt eine Shisha-Bar, direkt neben einem Sushi-Restaurant. Die Shisha-Bar, sowie der dazugehörige Store, gehören einem gebürtigen Iraker, der schon Anfang der 1990er Jahre ins Land kam. Draußen sitzt sein Sohn, zusammen mit Freunden. Die jungen Männer und Frauen sind junge Kiwis der unterschiedlichsten Herkunft. "Die neue Regierung, ausgerechnet eine linke Regierung, plant die Einwanderung zu reduzieren", erwähnt der Sohn des Irakers.
Bei seinen Freunden, die überwiegend Labour-Partei gewählt haben, ist man davon nicht überzeugt. "Im letzten Jahr ist die Obsternte Neuseelands größtenteils verrottet, weil keine Arbeitskräfte zur Ernte bereitstanden, das sagt doch wohl alles", wirft eine junge Frau aus der Gruppe ein, die sich als irisch-stämmig vorgestellt hatte und demnächst ihren Freund heiraten wird, der in Nepal das Licht der Welt erblickte.
Mit den Einheimischen kann man sich recht ungezwungen über die politischen Veränderungen austauschen, die sich auch in diesem Teil der Welt vollziehen.
Die Politik war hier schon früh egalitär und progressistisch ausgerichtet. So führte Neuseeland als erstes Land der Welt 1893 das Frauenwahlrecht ein. Ein ruppiger Feminismus, weit pragmatischer auftretend als in Europa und den USA, ist bis heute Bestandteil der Politik.
Der Linksruck des vergangenen Urnenganges, welcher die junge Premierministerin von der Labour-Partei Jacinda Ardern an die Macht brachte, wird von einer Koalition mit der populistischen New Zealand First Partei gestützt, die unter ihrem Vorsitzenden Winston Peters - einem Maori - das Sprachrohr der Anti-Einwanderungsrhetorik darstellt und könnte zu einer Verschärfung der Migrationsbedingungen führen.
Die Tatsache, dass Neuseeland sich zu einem binationalen Staatswesen entwickelt hat - Kiwi und Maori, deren polynesische Sprache neben Englisch als Staatssprache fungiert - wird davon nicht berührt. Auch nicht davon, dass zumindest in den wenigen Großstädten ein kosmopolitisches Lebensgefühl vorherrscht.
Die Fähre von Auckland nach Coromandel verbindet die Metropole mit der lieblichen Halbinsel, welche für ihre Naturschönheiten bekannt ist und eine herausragende Rolle in der Geschichte Neuseelands spielt.
Vom Fährschiff aus realisiert man die attraktive, gleichwohl riskante geographische Lage Aucklands am Pazifischen Feuerring - umrahmt von Vulkanen, auf einer schmalen Landzunge zwischen Pazifik und Tasmansee gelegen.
Wiebke, 19 Jahre jung, ist seit vergangenem Jahr in Neuseeland. Die Hannoveranerin kam direkt nach dem Abitur, wie tausende anderer junger Bundesbürger im Rahmen des sogenannten Working Holiday Visa Programms, welches jungen Menschen einen zwölfmonatigen Aufenthalt ermöglicht - plus der Möglichkeit, eine bezahlte Tätigkeit aufzunehmen.
Zusammen mit ihrer französischen Freundin Sophie ist Wiebke auf dem Weg nach Coromandel. Ihr Blick richtet sich auf die am Horizont versinkende Skyline von Auckland, schweift dann über den türkisfarbenen Ozean zu den zahlreichen Inseln, welche die Reiseroute durch den Haruki Golf prägen. "Ist schon schön hier, nicht? Leider muss ich bald wieder zurück nach Deutschland, aber nach dem Studium kehre ich zurück. Als Meeresbiologin werde ich hier sicherlich gute Chancen haben."
Ihre Freundin Sophie ergänzt: "Das Leben ist hier spannungsfreier als in Europa, auch wenn ich hier ein gewisses kulturelles Niveau vermisse - und dann die Natur: unbezahlbar, schauen Sie sich doch um. Diesbezüglich hat es Neuseeland wirklich besser, oder?"
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