Wird Deutschland ein zweites Oklahoma?

Immer weniger Klimaforscher glauben an einen Jahrhundertsommer

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Auch wenn Menschen, die sich genau daran erinnern können, dass es in Deutschland einst Sommer mit halbwegs angenehmen Durchschnittstemperaturen, niedrigen Ozonwerten und sogar Winter mit echtem Schnee gegeben hat, mittlerweile sogar von grünen Politikern gern als Miesmacher und Untergangspropheten gescholten werden, sprechen die äußeren Umstände manchmal ganz einfach für sich. Und so kann derzeit nicht einmal die "Bild am Sonntag" ihre Leser darüber hinwegtäuschen, dass sich offensichtlich etwas verändert hat. Ob dieses bedauerlichen Umstandes hat "BamS" denn auch gleich die Seiten gewechselt und sich zu einer brutalstmöglichen Aufklärung in Sachen Klimawandel entschlossen.

Den renommierten Meteorologen Mojib Latif, der eine Professur am Institut für Meereskunde der Universität Kiel innehat, zitiert das Blatt mit der Behauptung, in 50 Jahren werde in Deutschland ein Klima wie im US-Staat Oklahoma herrschen: "Die Jahreszeiten gleichen sich an - die Sommer werden heißer und nasser, mit langen Trockenperioden oder sintflutartigen Niederschlägen. Die Winter hingegen sind viel milder."

Überdies, legt Latif in einem Gespräch mit der Presseagentur dpa nach, werde der Tourismus in Südeuropa, spätestens dann komplett zum Erliegen kommen: "Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie bei der derzeitigen Hitze in Italien dort künftig noch Erholungsreisen angeboten werden sollen." Seiner Ansicht nach ist vor allem der Ausstoß von Gasen wie Kohlendioxid, Methan und Fluorchlorkohlenwasserstoff für diese Entwicklung verantwortlich. Sie könne auch durch die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen in den nächsten Jahrzehnten kaum noch umgekehrt werden. Manfred Geb vom Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin nennt den Wärmestau in den Weltmeeren und die zunehmende Sonnenstrahlung als weitere ungünstige Faktoren.

Dass Latif mit seinen pessimistischen Prognosen nicht mehr allein steht, hat zu einem beträchtlichen Teil mit den registrierten Ozonwerten zu tun, die sich schlechterdings kaum wegdiskutieren lassen. Am vergangenen Wochenende wurden in Mannheim Nord 328 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft gemessen, im nordrhein-westfälischen Finnentrop waren es 283, in Solingen und Soest über 270 in Heilbronn 250. Als kritischer Grenzwert gelten dagegen 180 Mikrogramm.

Da überdies feststeht, dass die globale Temperatur in den letzten 100 Jahren um 0,7 Grad Celsius angestiegen ist, geht die Mehrheit der Forscher von einem hausgemachten Klimaproblem aus, dass uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiterhin extreme Witterungsbedingungen bescheren wird.

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat die Menschheit trotzdem noch nicht aufgegeben und sieht die Politik weiterhin in der Pflicht. Von Bundesumweltminister Jürgen Trittin werden "schärfere Maßnahmen zur Verminderung der Ozonbelastung" gefordert. Dabei dürfe auch das ungeliebte Fahrverbot - zumindest für Diesel-PKW und Autos, die nicht die Euro-3-Norm erfüllen - kein Tabuthema sein. NABU-Bundesgeschäftsführer Gerd Billen meint jedenfalls: "Die Bürger fühlen sich doch verschaukelt, wenn sie aus dem Radio aufgefordert werden, sich weniger zu bewegen, aber auf der Straße jede Dreckschleuder weiter fahren darf." Wohl wahr, und immerhin liegen endgültige Klimaprognosen selbst für die besten Meteorologen und Geräte momentan noch im Bereich des Unmöglichen.