Wirkungslos, bürokratisch und wirtschaftsschädlich
Dänemark schafft die zur Gewichtsabnahme der Bevölkerung eingeführte Fettsteuer wieder ab
Am 1. Oktober 2011 führte die damalige liberal-konservative Regierung in Dänemark als einen ihrer letzten Akte eine neue Steuer ein, die international Medienaufmerksamkeit erregte: Sie wurde auf Lebensmittel erhoben, die über 2,3 Prozent gesättigte Fettsäuren enthalten, und sollte nicht nur 200 Millionen Euro in die Staatskasse spülen, sondern auch das Essverhalten der Bevölkerung in eine Richtung steuern, die zu weniger Übergewicht und zu geringeren Krankheitskosten führt. 47 Prozent aller Dänen gelten als übergewichtig, 13 Prozent als adipös.
Nun will die aktuelle dänische Minderheitsregierung, die sich aus Sozialdemokraten, Sozialistischer Volkspartei und Sozialliberalen zusammensetzt, die Steuer mit parlamentarischer Hilfe der postkommunistischen Enhedslisten wieder zurücknehmen, weil die Rechnung mit der massenhaften Gewichtsabnahme nicht aufging und viele Bürger des kleinen Landes Lebensmittel lieber in Supermärkten jenseits der Grenze einkauften, als sich der Abgabe zu unterwerfen und 30 Eurocent mehr für ein halbes Pfund Butter zu zahlen. Hinzu kam ein Effekt, den Kritiker der Alkoholprohibition in den USA im letzten Jahrhundert in folgender Übertreibung zusammenfassten: "Wenn man will, dass die Leute sich die Zähne putzen, muss man nur das Zähneputzen verbieten".
Das brachte nicht nur nach Angaben der Unternehmerverbände, sondern auch nach Zahlen der dänischen Lebensmittelarbeitergewerkschaft arbeitsplatzvernichtende Einbußen für den heimischen Einzelhandel mit sich. Dort klagte man nicht nur über die Verluste, sondern auch über den immensen bürokratischen Aufwand, den die komplizierte Berechnung mit sich brachte. Ob die Einzelhändler die Streichung der Steuer aber tatsächlich in vollem Umfang an ihre Kunden weitergeben oder teilweise für eine Profiterhöhung nutzen, wird sich erst im Januar zeigen.
Auch andere Länder und Kommunen experimentierten in den letzten Jahren mit der Regulierung von Lebensmitteln, die aktuell als gesundheitsschädlich gelten: Ungarn führte im letzten Jahr eine "Chipssteuer" ein, die auf Süßwaren und besonders salzige Fertigprodukte zielt. In Frankreich wird seit Dezember 2011 eine "Cola-Steuer" auf vorgezuckerte Getränke erhoben. Und in New York verbannte Bürgermeister Michael Bloomberg künstliche Transfette aus den Küchen von Imbissläden und verbot den Verkauf übergroßer Limonaden - bislang ohne sichtbare Wirkung im Stadtbild.
Allerdings sehen viele New Yorker Bürger den Kampf gegen Fett auch nicht als ihr Hauptproblem an. Auch deshalb, weil entgegen eines über Reality-TV-Serien wie Honey Boo Boo verbreiteten Klischees nicht alle amerikanischen Transferleistungsempfänger aussehen wie Jabba the Hutt. Vor allem Alleinstehende, die keine Kinderzuschüsse kassieren, müssen häufig sogar hungern.
Ein Problem, das nicht nur auf die USA beschränkt ist: Auch in Deutschland führen die Mietzuschusskürzungsmöglichkeiten bei Hartz IV in einigen Fällen zu gesundheitsgefährdender Abmagerung, weil sich manche Leistungsempfänger deutlich unterhalb gerichtlich festgesetzter Standards ernähren müssen, um nicht obdachlos zu werden.
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